• Aguilas

    August 10, 2007 in Spain ⋅ 🌧 26 °C

    Heute Morgen gibt es ein leckeres Frühstück im Städtchen. Es weht kein Wind, also Fahrt unter Motor. Das Meer zeigt sich glatt gespiegelt, nur eine leichte Dünung wellt aus Nordost. Das Himmelsblau ist von vielen Wolken durchzogen, und am späten Vormittag gibt es sogar etwas Seenebel, die Berge liegen im Dunst. Wir fahren vorbei an einsamen Stränden, die nur zu Fuß oder von See aus zu erreichen sind, unterhalb von Felsen und Höhlungen.
    Plötzlich gibt unser Echolot Flachwasser-Alarm: nur 90 cm Wasser unter den Rümpfen – was aber nicht sein kann, denn kurz zuvor hatten wir noch 98 Meter. Des Rätsels Lösung: Die Anzeige hat keine drei Stellen zur Verfügung. Wenn das Wasser über 100 Meter tief ist, kann das Gerät es nicht anzeigen und gibt Alarm.

    Szene II
    Der Mann sitzt bequem in einem Regiestuhl auf dem Achterdeck eines Segel-Katamarans und liest, die Frau hockt auf einem dreibein Angelhocker ohne Lehne, kuckt mürrisch auf das immerblaue Wasser.
    FRAU: »Immer hast du die bequeme Sitzgelegenheit, während ich mich auf dem Hocker quälen muss.«
    MANN, kuckt entnervt auf und legt das Buch zur Seite:
    »Jetzt hör mir mal genau zu: Du hast den roten Luxussessel (er meint den Steuermanns Sitz), kannst auf dem Schlauchboot sitzen, hast außerdem den Bootsmannsstuhl (ein Brett an Seilen, mit dem man den Mast entert), deinen Hocker, das bequeme WC im Bad, das Kojendach und den Fußboden, während ich n u r diesen schäbigen Regiestuhl zum Lesen benutzen darf – und da nörgelst du noch.«
    Er schüttelt den Kopf in Unverständnis, lehnt sich bequem in seinem Regiestuhl zurück, nimmt sein Buch auf und liest weiter. Die Frau macht ein mürrisches Gesicht und schaut auf das immerblaue Wasser.

    Die Oberfläche des Meeres wellt wie ein schläfriges vielgestaltiges Tier, das leicht zu erregen ist und unter der Oberfläche lauert. Vielleicht sind es viele. Es hebt sich hier und senkt sich und dann dort, wie ein Atem; wie runde Rücken unter dem Spiegel, gleich werden sie erwachen und sich aufbäumen und unser Schiffchen schaukeln.
    Die Wellen sind hier anders, als wir sie vom Atlantik gewohnt sind; sie schwabbeln auf, sind kurz und steil und schaukeln sich schnell zu heftiger Höhe hoch. Auch wenn es so glatt ist wie heute, kommen immer mal wieder von schräg hinten hohe Dünungswogen angerauscht, laufen unter dem Schiff durch und davon. Und innerhalb von wenigen Minuten kann sich alles ändern, ein aufbrisender Wind und schon gibt es das schönste Gewalle. Im Atlantik haben wir eine lange Dünung wie von weit her; lange gleichmäßige Wogen, die das Schiff wie eine Wiege heben und senken.
    Immer muss der Steuermann, der meistens eine Steuerfrau ist, aufpassen und auf etwaige Seezeichen, Hinweise der Fischer oder Untiefen achten. Da sehe ich ein dunkles Dreieck aus dem Wasser ragen, gleich ist es wieder verschwunden, da tauchen zwei, drei, vier davon auf, dazu dunkel glänzende Körper, die bogenförmig aus dem Wasser schnellen und wieder verschwinden: Eine Gruppe Schweinswale, auch Tümmler genannt, aus der Familie der Delphine, zieht an uns vorbei.
    Da den ganzen Tag kein vernünftiger Wind zustande kommt, fahren wir unter Motor bis Aguilas. Der Hafen erscheint uns sehr klein und voll, daher gehen wir in der Bucht vor Anker und fahren mit dem Schlauchboot zum Einkaufen, Hundespaziergang und Essen. Im Tauchclub ist die Lady so nett, und Einblick in das zu erwartende Wetter zu gewähren: wenig Wind ist vorausgesagt.
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