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  • Garrucha - nicht in guter Erinnerung

    August 11, 2007 in Spain ⋅ ☁️ 30 °C

    Ein Rummelplatz am Hafen mit Musik und Fahrbuden erschwerte das Einschlafen. In der Nacht rummste ein vor Anker liegendes Schlauchboot gegen unser Schiff und verhakte sich, Fidel musste aufstehen und die Leinen sortieren. Wir erlaubten uns deshalb am Morgen einen etwas längeren Schlaf und brachen erst gegen halb elf auf. Die See zeigte sich spiegelglatt, am Himmel war kein Wölkchen zu sehen, aber es war dunstig. Mit flauem achterlichen Wind unternahmen wir zunächst einen Segelversuch – erfolglos, der Wind drehte sogleich auf Süd, als ob er uns ärgern wollte. Wir wollten daher gleich den nächsten Hafen in Villaricos anlaufen.
    Dieser Hafen war zwar in unserer Karte eingezeichnet, in unserem Buch dagegen nicht aufgeführt. Nach ca. einer Stunde frischte der Wind auf und das Meer begann schwabbeln. Die Hafenmole kam in Sicht, Felsspitzen ragten davor aus dem Wasser, wir fuhren um die Mole herum und sahen einen winzigen Hafen vor uns. Wir fuhren hinein, fanden alles belegt, wendeten auf engstem Raum und fuhren wieder hinaus in das zunehmende unangenehme Geschwabbel. Jetzt waren die Felsspitzen in den schäumenden Wellen kaum noch zu sehen. Voraus hatten wir eine zweite Mole mit grüner Bake gesehen, war dort noch ein Hafen? Als wir um die Mole herumfuhren, fanden wir einen Badestrand und einen weiteren Minihafen: Einfahrt für unser großes Schiff unmöglich. Wegen des starken Windes beschlossen wir, in der Bucht zu ankern, gaben aber bald auf: bei drehendem Wind wäre Olga in der Felsmole gelandet. Also wieder hinaus. Noch waren wir guter Dinge, bis zum nächsten Hafen – der zweitgrößte der Provinz Almeria – waren es nur dreieinhalb Meilen, und im Dunst konnten wir schon die lange Hafenmole und die Segeljollen davor erkennen.
    Nun aber! Zuerst kamen die Wogen von vorn angerauscht, höher und immer höher und steiler und dicht aufeinander. Dann legte der Wind zu und erreichte bald fünf Stärken, die er uns entgegen schickte. Wir waren immer noch gut gestimmt, bald würden wir ja den Hafen erreichen. Als wir ein Drittel der Strecke bewältigt hatten, legte der Wind noch einen drauf, pfiff uns mit sechs Beaufort entgegen, schickte Woge um Woge und wir kamen nur noch im Schneckentempo dagegen an. Die Hafenmole in erreichbarer Nähe, kämpfte Olga sich Stückchen um Stückchen näher, und wir konnten nur hoffen, dass Motor und Antrieb durchhielten. Das Schiff hob die Rümpfe in die Wogen und tauchte hinab, Wasser klatschte auf das Vordeck, schwappte von hinten herein. In solchen Augenblicken musste ich an den Ausspruch meiner jüngsten Tochter denken, die uns auf der ersten Reise ein Stück begleitet und mich in meinen damaligen Schleusenängsten getröstet hatte:
    »Wieso hast du Angst, das Schiff schwimmt doch!«



    Es schwamm auch jetzt und der Kapitän steuerte durch alle Wogen, und für den größten Notfall war der Strand nicht weit. Nach drei unendlich scheinenden Stunden konnten wir endlich in die Hafeneinfahrt von Garrucha einbiegen und rauschten nunmehr mit den Wellen in den Hafen hinein.
    An der Tankstelle war ein Plätzchen frei und wir näherten uns mit der Leine im Anschlag, als schon der Tankwart herausgeeilt kam und abwehrend mit den Armen fuchtelte: Hier nicht!!! Ich bedeutete ihm, dass wir unmöglich in diesen Sturm wieder hinaus könnten – er wies uns kaltschnäuzig ab, alles sei voll und deutete auf einen unbestimmten Ort an der gegenüberliegenden Seite. Dort gab es einen weiteren Anlegesteg, an dem mehrere Yachten schaukelten, ein Platz war frei und wir starteten das erste Anlegemanöver. Ich versuchte, die Menschen dort aufmerksam zu machen, damit sie eine Leine annähmen – ohne Erfolg. Da ich mich nicht entschließen konnte, von der schwankenden Olga auf den schwankenden Steg zu springen, misslang dieses Manöver. Käpt’n Fidel fuhr einen Bogen und wir näherten uns erneut – nun hatte uns ein junger Mann auf einer der Yachten bemerkt und kam uns entgegen; doch von einer anderen Yacht wurde bedeutet, hier könnten wir nicht anlegen, da wir keine Sicherungsleine nach achtern legen könnten. Bei gutem Willen hätte er uns erlauben können, an seiner Yacht zu sichern, aber ganz offensichtlich wollte man uns dort nicht.
    Da hat es mir gereicht, meine Nerven waren am Ende und ich beschimpfte sie auf Deutsch und erklärte, dass wir seit Stunden durch diesen Sturm gefahren waren. Vergebens natürlich. Sie gestikulierten und zeigten auf eine Mauer weiter vorn, wo zwei Fischkutter und einige Yachten lagen und der junge Mann kam tatsächlich dorthin gelaufen, um die Leine entgegenzunehmen. Endlich lagen wir sicher vertäut – dachten wir und zogen uns zunächst für eine kurze Pause in die Kajüte zurück.
    Als Fidel wieder nach draußen schaute, war Olga gerade im Begriff, sich mit dem Bug von der Mauer zu entfernen – der Knoten hatte nicht gehalten. Die Leine lief zwar noch am Ufer um den Poller, aber ein Ende hing lose an der Mauer herab, von Bord aus nicht zu erreichen. Da Olga ca. anderthalb Meter unter der Mauerkante lag, konnten wir auch nicht mal eben an Land hüpfen. Was also tun? Gerade liefen oben einige Spaziergänger vorbei, und sie erhörten meinen Hilferuf, zogen Olga wieder heran und schlangen den Festmacher um den Poller. Dieses Mal besiegelte ein ordentlicher Knoten das Werk: gerettet!
    Und nun der Landgang. Um oben auf die Mauer zu gelangen, mussten wir auf das Kajütendach steigen, von dort eine Lücke in der Mauer als Treppenstufe nutzen und uns am Seil hochziehen. Nachdem ich als erste oben war, wurde der Hund hinaufgereicht, dann konnte der Käpt’n nachkommen. Auch hier gab es einen Rummelplatz am Hafen. Und auf der Uferstraße herrschte lärmender Verkehr, Autos, Mopeds, aufheulende Motoren, Menschengewühl, kreischende Kinder, laute Menschen.
    Endlich fanden wir ein stilles Fleckchen in einem älteren Wohngebiet am Hang und saßen einige Minuten in erholsamer Stille, bevor wir uns wieder in das Gewühl wagten. Wir fanden ein etwas abgelegenes Restaurant auf der Strandpromenade und erholten uns von den Mühen des Tages bei gutem Essen.
    Als wir schlafen gehen wollten, gab es einen kleinen Schock: Irgendwie war in dem Gebrause und Gewoge unser Bett feucht geworden, es war wohl eine Welle gegen die Fenster geklatscht … Wir legten die Decke auf das Bett, es war auch ohne zudecken heiß genug, und schliefen, ein wenig ungemütlich, dennoch ein.
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