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  • Playa de los Genoveses

    August 13, 2007 in Spain ⋅ 🌙 25 °C

    In der Nacht gab es Hundealarm, was den Schlaf ein wenig beeinträchtigte. Vielleicht hatte das Krokodil unter Deck rumort. Es ist ja gut, einen Wachhund zu haben, nicht mal ein Polizist käme hier unbemerkt an Bord.
    Um 6:30 Uhr beendete der Wecker den Schlaf der Gerechten, Jóia wurde kurz an Land gehievt und dann brachen wir ohne Frühstück auf. Der Wind wehte dürftig aus Nordost, was uns veranlasste, hoffnungsvoll ein Segel zu setzen. Fünf Minuten später nahmen wir es wieder herunter: Der Wind säuselte sanft aus allen Richtungen und das Segel hätte die Motorfahrt nur behindert.
    Wir hatten ein Buch an Bord, in dem die meisten Yachthäfen verzeichnet waren, und wir hatten eine Seekarte, auf der ebenfalls die Yachthäfen eingetragen waren. Dazu wurden Angaben über die Ausstattung gemacht. Nun war auf unserer Seekarte ein Hafen in Carboneras eingetragen, der im Buch fehlte. Die Ausstattung war verlockend: Wasser, Strom, Duschen, Wäschewaschmöglichkeit, Supermarkt in der Nähe und und und. Die Entfernung war erträglich, angesichts des vorausgesagten Starkwindes. Diesen Hafen also steuerten wir an und ich zählte schon die Stunden, die halben Stunden, die Meilen, die Kilometer, vor Angst: Gleich kommt der Sturm!
    Endlich erreichten wir die Bucht, entdeckten in der Ferne die Einfahrt zum Hafen (es gibt dort einen Yacht- und Fischereihafen und zwei Industriehäfen) und liefen erleichtert ein: O klein. Fischkutter überall, dort hinten ein Steg mit kleinen Motorbooten und Segeljollen, aber kein Platz für Olga. Wir drehten eine Runde, machten vor einem Fischkutter fest, erst die Mittelleine von Bord aus, dann ging ich an Land, belegte am Poller Heck- und Vorleine. Die Fischer schauten interessiert zu.
    Gerade hatten wir gemütlich fest gemacht, da rauschte ein mittelgroßer Fischkutter herbei, der Mann an Bord bedeutete uns, das sei sein Platz für den Kutter. Also alles wieder losmachen, an Bord gehen. Die Fischer an Land schauten interessiert zu. Gegenüber lagen drei Boote im Päckchen, da wäre noch ein Platz, aber der gehörte wohl den Tauchern, die dort auf ihren großen Schlauchbooten hantierten. Aber auf der anderen Seite war ein Stück der Kaimauer weiß-grün markiert und frei. Das musste der Platz für die Gäste sein. Wir machten dort fest und gingen an Land, interessiert beäugt durch die umstehenden Fischer. Wir fragten einen von ihnen. Das sei der Platz der Kommunalbehörde für das Polizeiboot. Es sei gerade auf See, käme aber bald wieder. Wir sollten im Büro nachfragen, was wir gehorsam taten. Der freundliche öffentliche Herr dort sprach ein wenig deutsch, freute sich über unser selbstgebautes Schiff, sprach Käpt’n Fidels Namen korrekt aus, knöpfte uns sieben Euro ab und wies uns einen Platz bei den im Päckchen liegenden Booten an.
    Wir gingen erst einmal Kaffee trinken.
    Zurück am Boot schauten wir in die Runde: dort im Päckchen – unmöglich! Da lag ein größeres Motorboot, daneben eine Segeljolle, daneben ein kleines Motorboot – wie sollten wir dahin passen. Das brauchte keine Absprache: Wir fahren weiter! Sieben Euro in den Wind geschrieben – dafür hatten wir ja in Garrucha nichts bezahlt.
    Mit Motor tuckerten wir weiter und weiter, drei Stunden lang, der Wind schlief. Kurz bevor wir den Hafen von San José erreichten, frischte er ein wenig auf, natürlich uns entgegen. Von Starkwind zum Glück keine Spur.
    Der kleine Hafen: completo! Ein Wort, das ich nicht mehr hören mochte. Alles besetzt. Inzwischen war es halb Fünf, wir waren seit sieben Uhr unterwegs, hatten keine Lust mehr und tuckerten um die nächste Ecke, eine Bucht weiter: Playa de los Genoveses, kurz vor dem Cabo de Gata; eine weite Bucht mit Sandstrand und nach Süden hin schützenden Hügeln, in der schon mehrere Yachten vor Anker lagen. Hier warfen wir unseren Anker und genossen die Ruhe: kein Rummelplatz, keine Lautsprecherdurchsagen, kein Autoverkehr, keine laut sich unterhaltenden Menschen, nur noch das Rauschen der Brandung am Strand.
    Zum Abendessen gab es ein chinesisches Süppchen, einen Tee; dann mit dem Schlauchboot zum Strand, baden, Hundetraining, und später die Wettervorhersage per SMS vom Sohn. Fast dreißig Seemeilen haben wir heute geschafft, ab morgen geht es westwärts!

    Szene IV
    Eine Frau steuert einen Segelkatamaran, der Mann sitzt in einem Regiestuhl und liest. Er hebt den Blick.
    MANN: »Für heute ist wieder viel Wind angekündigt.«
    Er liest gleich weiter.
    FRAU: »Aber schau doch mal die Wolken dort: Die sehen gar nicht nach Starkwind aus.«
    MANN, schaut kurz auf: »Wir hatten zwei übereinstimmende Wetterberichte.« Liest weiter.
    FRAU: »Wenn wir bisher solche Wolkenbilder hatten, gab es nie Starkwind.«
    MANN, ohne den Blick zu heben: »Du solltest mal bei Paul Watzlawick nachlesen ›Wie wirklich ist die Wirklichkeit‹. Dort werden solche Koinzidentien erklärt.«
    Die Frau zieht die Stirn kraus und steuert ohne Worte weiter.
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