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  • Day 42

    Ninety-Mile-Beach

    January 11, 2019 in New Zealand ⋅ ⛅ 0 °C

    Obwohl er nur 55 Meilen lang ist, darf er den Namen 90-Meilen-Strand tragen. Er ist offizieller Highway und Teil des neuseeländischen Fernstraßennetzes. Normalerweise gilt auf den Highways die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Dieser Strand ist der einzige Highway in Neuseeland, der mit 120 km/h befahren werden darf. Allerdings wird ein 4-Rad-Antrieb dringend empfohlen. Mietwagen sind in der Regel nicht versichert, denn immer wieder bleiben Autofahrer im Sand stecken. Es ist ein Riesenproblem für die Betroffenen: Hier draußen funktioniert meist das Handy nicht und Abschleppdienste kommen nicht hierher. So versinken immer wieder Autos in den Fluten.
    Der Ninety-Mile-Beach ist ein Strand der Superlative: Am Längsten, am Windigsten, am Wildesten! Ich fand es beeindruckend, wie viele verschiedene Landschaften auf diesem kleinen Fleckchen Erde Platz finden. Steilküsten und Meer, karge Ödnis neben saftigen Urwäldern und Weiden. In vielen Orten der Ost- und Westküste werden Bustouren ans Kap und an den Strand angeboten. Der Vorteil: Man bekommt wahnsinning viel zu sehen! Unterwegs wird Halt gemacht in abgelegenen Dörfern, Buchten und Kauri-Wäldern – Stationen, die man auf einem selbst geplanten Trip eventuell nicht angesteuert hätte. Die Highlights: Eine Fahrt über den Ninety-Mile-Beach und Sandboarding auf den Te Paki Dünen! Unser Tourguide versorgte uns mit interessanten Infos zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten. Extras wie Leih-Sandboards und Pausensnacks waren im Preis häufig mit inbegriffen.
    Auf der lang gezogenen Halbinsel, dessen Spitze das Cape Reinga bildet, wirkt die Landschaft wild und karg. Dörfer gibt es hier so gut wie keine mehr. Ab und zu kommt man an einsam gelegenen Farmhäusern vorbei. Solarzellen auf dem Dach und Regenwassertanks verraten, dass sich die Menschen hier oben auf ein Leben abseits der Zivilisation eingestellt haben. Oft sind es die Maoris, die hier in Großfamilien leben. Die Familien sind fast durchgehend kinderreich. Unser Fahrer erzählt lachend, dass es wohl daran liegt, dass es hier kein TV und kein Internet gibt.
    Die Kinder in dieser einsamen Gegend müssen wie alle Kinder die Schule besuchen. Sie werden mit dem Bus abgeholt und wieder nach Hause gebracht. Aber weil die Farmen nicht unbedingt an dem Highway liegen, sind manche Schüler und Schülerinnen lange unterwegs. Viele verlassen ihr Zuhause schon früh am Morgen, wenn es noch dunkel ist und kommen erst spät abends - auch im Dunkeln - nach Hause. Wenn sie Ferien haben oder schulfrei, müssen sie auf den Farmen mitarbeiten und ihren Familien helfen. Unser Fahrer ist Maori, hat aber auch deutsche Wurzeln. Er kennt die meisten Familien in dieser Gegend. Wenn nicht gerade Ferien sind und er Tourguide ist, dann ist er Lehrer an der Schule vor Ort. Also es scheint so, als ob ein Job nicht reicht. Aber er macht den Guide mit Herzblut und er erzählt und lacht sehr viel.
    Aber nicht überall bietet die Gegend einen schönen Anblick: Großflächig abgeholzte Flächen erinnern an die lange verschwundenen Kauriwälder, die einst fast die gesamte Nordinsel bedeckten. Und immer noch wird Kahlschlag betrieben. Wie große Wunden im Urwald wirken diese riesigen gerodeten Flächen. Ich musste an meine Einreise denken und an das Theater um meine Wanderschuhe sowie an die zahlreichen Wanderschuh-Desinfektion-Stationen in und an den Urwäldern, um die riesigen Kauribäume vor Krankheiten zu schützen. Die praktizierten Vorsichtsmaßnahmen einerseits und die teils rücksichtslose Rodungspraxis andererseits stehen aus meiner Sicht im krassen Widerspruch.

    Ein Highlight am Ninety-mile-Beach sind die wandernden Te-Paki-Sanddünen, von denen man herunter Surfen 🏄‍♀️ kann. Unser Fahrer erzählte, dass man mit etwas Glück die hier wild lebenden Pferde sehen kann. In diesem Augenblick zeigten sich ein paar Kühe, die sich wohl verlaufen hatten. Ich musste lachen, aber die Kühe taten mir schon leid. Hoffentlich finden Sie den Weg wieder zur Herde. Wahrscheinlich sind sie den Te Paki Stream entlang gekommen. Er schlängelt sich an den Dünen vorbei über den Ninety-Mile-Beach zum Meer. Busse und Autos nutzen das Bachbett als Strandzufahrt, allerdings kann man hier auch toll spazieren gehen. Der Bach führt nur sehr wenig Wasser, so dass man wunderbar barfuß über den weichen Sand zum Strand wandern könnte. Vom Autoparkplatz bis zum Strand sind es zu Fuß etwa 40 Minuten. Naja, überhaupt ist das Wandern entlang des Strandes sehr beliebt. Viele Menschen laufen ihn über mehrere Tage in seiner ganzen Länge ab und campen abends in den Dünen.
    Am Kap angekommen, kann man auf einem der zwei Parkplätze parken. Ein befestigter Weg schlängelt sich durch die raue Küstenlandschaft bis zum weißen Leuchtturm an der Spitze des Cape Reinga. Einige knorrige Bäume trotzen dem unerbittlichen Seewind, ansonsten wächst hier nicht viel, außer Gräsern und Büschen. Die Küste fällt steil zum Meer hin ab, viele Meter unter uns brachen sich die Wellen am felsigen Ufer.

    Wenn man ganz vorne am Leuchtturm steht, hat man den nördlichsten begehbaren Punkt Neuseelands erreicht. In der Verlängerung von Cape Reinga Richtung Norden vereinigen sich die westlich des Kaps liegende Tasmansee und der sich nördlich und östlich des Kaps erstreckende Pazifische Ozean. Durch das Zusammenkommen der beiden Meere und der Untiefe vor dem Cape sieht es so aus, als würde das Wasser sieden. Hier gibt es gefährliche Strömungen. Für die Māori treffen Te Tai o Rehua von Westen, das männliche Prinzip verkörpernd, auf Te Moana Nui a Kiwa von Osten, das weibliche Prinzip verkörpernd, am Cape Reinga aufeinander und symbolisieren damit die Entstehung des Lebens.

    In der Mythologie der Māori besitzt Cape Reinga eine besondere Bedeutung. Es wird erzählt, dass an dieser Stelle die Seelen der Verstorbenen sich auf die Suche nach der Insel ihrer Urahnen begeben. Um die Bedeutung des Ortes für die Māori den Besuchern des Kaps zu verdeutlichen, wurde am Zugang zum Kap ein Eingangstor errichtet. Sobald ein Besucher den Eingang erreicht, ertönen mystische Klänge, die akustisch die Seelenwanderung verdeutlichen und den Ort für Besucher als einen heiligen Ort erkennbar machen sollen. Auf dem dann folgenden Weg zum Cape Reinga erklären Info-Tafeln weitere Aspekte der Mythologie des Ortes.

    Das Ende Neuseelands ist ein magischer Ort!
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