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- Day 267
- Sunday, November 10, 2024
- ☀️ 25 °C
- Altitude: 2,803 m
BoliviaPlaza 25 de Mayo19°2’53” S 65°15’35” W
Ein Land steht still

Die bolivianische Hauptstadt Sucre kämpft mit Barichara (Kolumbien) und Arequipa (Peru) um den Titel der „schönsten südamerikanischen Stadt“, die wir auf unserer Reise besuchen durften. Die weissen Kolonialgebäude strahlen im permanenten Sonnenschein. Eine lebendige Kultur- und Studentenszene prägt das Stadtleben. Und die Sucreños sind (wie eigentlich alle Bolivianer) sehr offen und freundlich.
Hierhin zu gelangen war jedoch alles andere als einfach. Grund dafür sind die unzähligen Strassenblockaden auf den Nationalstrassen, die das Land seit Tagen lahmlegen.
Es war eine Donnerstagnacht um 2 Uhr, als unser Nachtbus nach Sucre plötzlich stecken blieb - in einem grossen Haufen aus Schutt und Steinen. Einige Passagiere gingen hinaus in die eiskalte Nacht, um den Bus anzustossen und versuchten, mit Schaufeln und blossen Händen die Räder freizubekommen. Doch der Bus bewegte sich weder vor- noch rückwärts.
Wir steckten in einer der unzähligen Blockaden fest, die Anhänger des ehemaligen Präsidenten Evo Morales errichtet hatten. Morales will die aktuelle Regierung stürzen und bei den nächsten Präsidentschaftswahlen nochmals antreten – obwohl die Verfassung dies verbietet. Er war bereits 13 Jahre an der Macht.
Wir hatten uns im Vorfeld auf einen langen Umweg vorbereitet, um die Blockaden im Zentrum des Landes zu umfahren. Warum der Busfahrer schliesslich doch die Direktstrasse nach Sucre wählte, bleibt uns ein Rätsel. Vielleicht wusste er, dass diese Blockade nicht mehr von bewaffneten Anhängern kontrolliert wurde. Und es schon möglich ist, irgendwie durchzukommen.
Und tatsächlich: Nach 30 Minuten bewegten sich die Räder langsam und wir konnten die Fahrt durch die Nacht fortsetzen.
Wir hatten Glück. Viele andere Reisende steckten tagelang in abgeschnittenen Städten fest. Es sind turbulente Tage für die bolivianische Bevölkerung. Die Anhänger von Morales sind zu allem bereit, legen sich mit Militär und Polizei an und nahmen zwischenzeitlich sogar Soldaten in einer Militärkaserne als Geiseln. Die Strassenblockaden verhindern zudem, dass Lebensmittel in alle Landesteile transportiert werden können, was zu Engpässen führt.
Als wäre das nicht genug, steckt das Land auch in einer Wirtschaftskrise, die unter anderem zu einer Benzin- und Dieselknappheit führt. Mit eigenen Augen haben wir die kilometerlangen Warteschlangen von Autos und Lastwagen vor den Tankstellen gesehen. Oft warten die Menschen tagelang auf ein paar Liter Treibstoff.
Jetzt sitzen wir in einem Café im ruhigen Sucre und verfolgen die politische Krise via Social Media und Zeitung. Ganze 24 Tage hielten die Blockaden an, bevor Evo Morales nun angekündigt hat, eine Pause einzulegen. Dass bald neue Blockaden errichtet werden, steht ausser Frage – die einzige Frage ist, wann. Wir jedenfalls sind froh, aktuell in einer so schönen Stadt zu sein. Hier lässt es sich aushalten…Read more
TravelerKrass, danke für die Eindrücke und die Berichterstattung. Ausser Urugay gibt es kein lateinamerikanisches Land, das nicht immer wieder von Krisen gebeutelt ist.
Simone MätzlerVoll, das haben wir auch so beobachtet. In Bolivien war es bisher definitiv am sichtbarsten 🇧🇴