Sizilien-Trekking

april - juni 2023
Alleine zu Fuss auf dem Va' Sentiero von der Ost- zur Westküste Siziliens ... und zum Abschluss die Liparischen Inseln zusammen mit Heidi! Les mer
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  • Dag 25

    Erice - Custonaci

    18. mai 2023, Italia ⋅ ⛅ 21 °C

    Streckendetails
    Länge: 16,8 km / Höhe: +240m, -770m
    Marschzeit: 4.30h

    Um halb Sechs holt mich das Smartphone aus dem Schlaf! Sonnenaufgang - sofern kein Nebel die Sicht behindert. Und tatsächlich! Die nächste halbe Stunde verbringe ich auf dem Balkon, dick eingemulmt und kann mich nicht satt sehen! Spektakulär und berührend!

    Aufstehen? Nicht die Bohne! Die Bettwärme lockt nochmals. 🤣
    Meine Grosskinder vermisse ich doch immer wieder sehr. Am Morgen noch einen Videocall mit Elias, der heute 5 Jahre alt wird. "Tante auguri a te", lieber Elias!

    Spät um halb elf mache ich mich auf den Weg nach Custonaci. In angenehmen Serpentinen führt der Bergweg den steilen Hang runter. An der Küste genehmige ich mir in einer Bar ein köstliches Arancino, frittierte Reisbällchen mit diversen Füllungen. Gemütlich und mit einigen Pausen erreiche ich um halb Fünf bei herrlichen Sonnenschein meinen Zielort. lrgendwie bin ich trotz kurzer Etappe müde geworden!

    Geduscht und Kleider gewaschen, ein kurzer Rundgang durchs hübsche Zentrum von Custonaci, ein Fürobig-Bier und Ravioli an Trapani-Pesto, mmhhh!

    Im italienischen TV werden Aufnahmen der Schäden des enormen Unwetters in den norditalienischen Regionen Emilia-Romagna und Marken gezeigt. Massiv, diese Zerstörung!
    Da sind meine "Problemchen" mit dem Wetter doch sehr relativ. Die nächsten Tage bleiben wechselhaft. Sonnige Abschnitte wechseln sich mit Regen ab. Da die nächsten Etappen eher kurz sind (4-5 Std. Marschzeit) bin ich zuversichtlich, immer wieder trockene Zeitfenster zu finden, ausser am Sonntag. Da werde ich wohl eine weitere Wanderpause einlegen müssen! Was soll's! Ich befinde mich in einem der eindrücklichsten Küstengebiete Siziliens, die Temperaturen sind zum Wandern sehr angenehm, morgen soll es sogar gegen 25 Grad warm werden ... und am Abend darf ich mich jeweils mit sizilianischen Köstlichkeiten verwöhnen lassen! Dolce vita!🫠
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  • Dag 26

    Custonaci - Macari

    19. mai 2023, Italia ⋅ ☁️ 22 °C

    Streckendetails
    Länge: 14 km / Höhe: +243m, -347m
    Marschzeit: 4 h
    (ev. Aufstieg zum Monte Cofano)

    Der Wetterbericht hat für heute Mittag leichten Regenfall vorausgesagt. Also verlass ich Custonaci zeitig um 8 Uhr, wende mich dem Monte Cofano zu und wandere an Steinbrüchen, wo Marmor abgebaut wird/wurde. Der hiesige elfenbeinfarbige Marmor wurde bereits im Petersdom oder später im Bahnhof von Mailand verwendet. Custonaci wird daher auch als "Internationale Stadt des Marmors" bezeichnet.
    Ich wandere auf einem guten Wanderweg der Küste entlang und umrunde dabei den trutzigen Monte Cofano. Aufgrund der Wetterprognose lasse ich den 3-stündigen Abstecher auf den Gipfel sein. Am Torre di San Giovanni vorbei, Teil des von spanischen Königen erbauten Küstenbefestigungsanlage gegen die Türken, gelange ich zur Grotta del Crocifisso und zur gleichnamigen ehemaligen Einsiedelei. Grotten und Höhlen gibt es in diesen Kalksteinbergen viele.

    Immer wieder eindrücklich, die Ausblicke auf die Küste und das Meer, die kräftigen Farben. Es wird warm (heute 23° C.) und ich komme ins schwitzen. Makari bereits in Sichtweite (ca. 1h entfernt) freue ich mich auf ein Bad im Meer. Doch zuvor, werde ich noch zweimal zu Kaffee eingeladen, resp. einmal habe ich mich selber eingeladen!😉
    Die österreichischen Camper Heimo und Claudia, etwas jünger als ich, winken mich zu ihrem VW-Bussli heran und erzählen beim Kaffee von ihren grossen Reiseplänen mit dem Lastwagen, den sie zuhause fertig ausbauen. Ein paar hundert Meter weiter stutze ich beim Nummernschild eines am Strand stehenden Wohnmobiles: NW = Nidwalden! Die kommen ja aus der näheren Heimat! Ob die für einen Schwatz zu haben sind? Kurzum sitze ich wieder mit Kaffee🤣 bei Heidi und Walti aus Ennetmoos (offensichtlich älter als ich😉). Jeweils im Frühling und Herbst verreisen sie mit ihrem Wohnmobil für 2-3 Monate ... und haben schon viel gesehen. Sie schwärmen von diesem Küstengebiet, dem Schönsten was es auf Sizilien gäbe! Auch in Engelberg sind sie ab und zu in ihrer Ferienwohnung anzutreffen. Wer weiss, vielleicht dann mal zu einem Kaffee im Sörenweg!

    Und dann nach einer halben Stunde Marsch endlich das erste Bad im Meer auf meiner Reise. Angenehm frisch das Wasser ... und zu guter Letzt lässt sich dann wieder die Sonne blicken!😃 Einiges später als gedacht treffe ich dann im kleinen Dorf Makari ein. Gut so! Ein stimmiger Tag heute, hat Spass gemacht.

    Übrigens: geregnet hat es 2-3 Mal ein paar Tropfen tagsüber. Am Abend dann ein Gewitter anstatt Sonnenuntegang! die Regenerwartung ist für morgen Mittag grösser als heute! Ich habe es noch nicht raus, wie ich dies einzuordnen habe. Sicherheitshalber werde ich morgen früh starten! Mit dem Zangaro-Reservat auf dem Weg nach Scopello steht schliesslich ein weiteres Highlight meiner Reise an.
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  • Dag 28

    Macari - Scopello

    21. mai 2023, Italia ⋅ 🌧 19 °C

    Streckendetails
    Länge: 15,7 km / Höhe: +774m, -747m
    Marschzeit: 4 h 40 Min.

    Ich sitze bei Cafe und Gelati in Scopello auf der kleinen historischen Piazza. Die Sonne scheint ... und wo bleibt der Regen?🤣

    Genau! Wegen der Prognose, dass ab Mittag mit Regenschauern zu rechnen sei, bin ich früh um Viertel nach Sechs Uhr von Macari aufgebrochen. Es windet stark und der Eigentümer des B&B's, der mir um diese frühe Uhrzeit einen Espresso lungo serviert, meint kritisch: "Pioggia, pioggia!"

    Auf steiler gerader Asphaltstrecke und später auf gewundenem Bergweg wandere ich zügig von der Küste den Berg hoch. Es windet so stark, dass es immer wieder an mir rüttelt und zerrt! Bin ja kein Leichtgewicht, auch ohne Rucksack nicht!😅 Eine Wanderung auf einem schmalen Grat wäre bei diesen Verhältnissen nicht unbedingt angesagt!😉 Nach 1 1/2 Stunden dann stehe ich auf dem 680m hohen Sattel, vielmehr stemme ich mich gegen den Wind. Auf der Suche nach einem windgeschützten Platz sehe ich etwas weiter unten ein Steinhaus und Autos davor. Nichts wie hin! Ein knappes Dutzend Männer begrüssen mich skeptisch zu dieser frühen Stunde ... und laden mich zu einem Kaffee ein! Wie angenehm und unerwartet: Windschutz - mit Kaffee inklusive!🤣 Sie sind vom Reservat Zingado angestellt und pflegen die Wege. Nein, nicht "voluntários"! Das funktioniere in Italien nicht! Ein Teil der Männer bereitet einen Eintopf mit Gemüse, Kräutern und Fleischstücken vom Wildschwein zu. Sieht gut aus! Der Jäger zeigt stolz ein Bild der erlegten Wildschweine! Andere sitzen und warten. Ich mache es mir auch bequem und beobachte. Der Kaffee schmeckt ausgezeichnet ... und auch die Kommunikation mit meinen paar Brocken Italienisch macht Spass! Auch sie meinen: "Pioggia"!

    Vom Sattel geht es nun bergab und der Küste entlang durch das Zingaro Reservat nach Scopello. Der Wind legt sich und die dicke Wolkendecke macht mit fortlaufendem Vormittag der Sonne Platz. Die gemütliche Wanderung durch das Naturreservat wird immer wieder mit spektakulären Ausblicken auf die Küste belohnt. Unterwegs stosse ich auf eine kleine Ausstellung mit Arbeitsgegenständen aus früherer Zeit ... und auf eine Geschichte zum Schmunzeln. Bevor das Naturschutzgebiet eröffnet wurde, wohnte offenbar während vieler Jahre Hans aus Deutschland, ein moderner Eremit, mit seinen Hunden in diesem Gebäude. Die Malerei der beiden Frauen sei ein Versuch gegen die Einsamkeit gewesen (siehe Fotos)!

    Gegen Mittag meldet sich der Hunger bei mir. Da kann man(n) ja was dagegen machen. Salami, Käse, Brot und Chips schmecken! Überraschend schnell zieht eine dichte Wolkendecke auf. Zügig die letzten 3 Kilometer zur Unterkunft in Scopello "gschuehnet". Eine Dusche und das Mittagspfüsi später, erkunde ich den historische Weiler ... und geniesse eine Gelati bei Sonnenschein! Die Sonne zeigt sich zwischendurch immer wieder mal und es ist angenehm warm. No Pioggia - kein Regen bisher! Das Einschätzen des Wetters wird für mich schwierig bleiben! 🤷
    Und dann fallen sie doch noch - die Regentropfen - am Abend! Und es wird morgen Sonntag den ganzen Tag mehr oder weniger weiterregnen. Mal schaun! Auf jeden Fall habe ich mich bis Montag hier in Scopello einquartiert. Im Hotel liegt sogar ein Taschenbuch in deutscher Sprache auf. Etwas dick genug zum Mitnehmen!😉

    Sonntag, 21. Mai --> (Regen)Ruhetag in Scopello

    Ausschlafen und gemütlich Zmörgele ist angesagt. Der Wetterbericht stimmt! Es regnet heute immer wieder, teils heftig. Ich nutze die Zeit, plane die nächsten 2-3 Etappen, organisiere mir Unterkünfte. Es gibt einiges zu sehen und zu erleben. Cool!

    Auch das kleine Scopello hat eine bewegte Vergangenheit und ist landschaflich einmalig an der Küste eingebettet. Hauptattraktion ist sicherlich eine der bedeutendsten Thunfischfabriken Siziliens aus dem Mittelalter, die Tonnara di Scopello,
    bis 1984 in Betrieb. Heute leider nicht zu besichtigen.
    Am Nachmittag ziehe ich mir im TV den neusten Bondfilm rein und habe Musse, mich in das Buch einzulesen. Nichts weltbewegendes, jedoch unterhaltsam. Also bleiben die ersten 100 Seiten hier, der Rest kommt mit!😉

    Morgen heisst es: Küste ade! Es steht eine längere Etappe ins Landesinnere nach Segesta auf dem Programm. Dort soll es u.a. einen gut erhaltenen griechischen Tempel zu besichtigen geben.
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  • Dag 29

    Scopello - Segesta

    22. mai 2023, Italia ⋅ ☀️ 20 °C

    Streckendetails
    Länge: 23,4 km / Höhe: +864m, -584m
    Marschzeit: 6,5 h (Garmin)

    Ich sitze bei Sonnenschein im Garten des B&B's mit Blick auf den griechischen Tempel von Segesta. Ich bin überwältigt!

    Bei meiner Ankunft hier um halb Drei, habe ich diesen griechischen Tempel aus dem 5. Jh. vor Chr. besichtigt. Er steht einsam auf einem Hügel und war Teil der antiken Stadt Segesta, welche vom Volk der Elimi erbaut wurde. Die Griechen wie auch die Römer haben auf Sizilien viele Spuren hinterlassen!

    Morgens um halb Sieben bin ich in Scopello aufgebrochen. Den Berg hinauf. Je höher, umso abenteuerlicher die Pfade! Öfters nur mit Intuition und mit Hilfe meiner Outdooractive-Karte zu finden. Schon bald verabschiedet sich das Meer und die Wanderung führt ins Landesinnere durch Landwirtschaftsgebiet.

    Es ist immer wieder mal nass und glitschig heute. Ich bin um meine guten Wanderschuhe froh und glücklich, meine Gamaschen montiert zu haben - gegen den Dreck, die stacheligen Pflanzen ... und gegen aggressive Hunde. Im Tagesverlauf begegne ich einigen streunenden Hunden, die teils aggressiv bellen (halt ihren "Job" machen!🤣), jedoch zum Glück nicht zupacken! Bis heute habe ich eigentlich nur gute Erfahrungen mit Hunden gemacht hier auf Sizilien. "Holz alänge"!😉

    Apropos Ätna:
    In den letzten Tagen haben sich die Aktivitäten beim Ätna intensiviert (www.vulkane.net). Gestern Sonntag waren die Tremore und Eruptionen so stark, dass Ascheregen auf Catania und die umliegenden Orte niederfiel ... und der Flughafen von Catania geschlossen werden musste. Ich hoffe, "mein Freund" macht bei unseren Ferienplänen mit und Heidi kann am 1. Juni nach Catania fliegen!😉
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  • Dag 30

    Segesta - Alcamo

    23. mai 2023, Italia ⋅ ⛅ 20 °C

    Streckendetails
    Länge: 21,5 km / Höhe: +630m/-550m
    Marschzeit: 5 h 40 Min.

    Das Frühstück mit Blick auf den Tempel ist einmalig und köstlich! Das Helimos B&B in Segesta kann ich nur empfehlen.

    Kurz nach Acht Uhr mache ich mich bei blauem Himmel und Sonnenschein auf den Weg. Ich wandere vorbei an kleineren Fruchtplantagen: Zitronen, Aprikosen, Orangen ... und immer wieder Rebberge. Die abwechslungsreiche Wanderung führt mich durch das Reservat des Angimbè-Waldes, wo ich bei einem Forsthaus von Eda, einer Forstmitarbeiterin, zum Kaffee eingeladen werde!😃 Kaum angelaufen begegne ich Eda's Kollegen. Auch hier ein kurzer Schwatz, mit Humor. Auch wenn es schwierig ist den Witz auf Italienisch zu verstehen, so wird mitgelacht. Sympathisch, diese Kerle!

    Der Höhepunkt der heutigen Etappe ist die Mittagspause! Nein, nicht das Essen, sondern vielmehr der Ort. Nicht weit vom Thermalbad Segesta verbringe ich 2 wunderbare Stunden bei einem natürlichen Thermalbecken. Die Einheimischen meinen, das Wasser sei sicherlich 45°C. heiss. Ich geniesse das heisse Wasser, den Geruch und eine ausgedehnte Siesta!

    Tja, und dann heisst es halt noch den letzten Drittel zum Ziel in Alcamo, einer Kleinstadt von gut 40'000 Einwohnern, unter die Füsse zu nehmen. Vorallem während der letzten Kilometer auf Asphalt durch das Industriequartier bin ich dankbar, jetzt im Frühling bei gut 20°C. unterwegs zu sein und nicht im Sommer. Auch so läuft genug Schweiss!

    Der abendliche Spaziergang durch die hübsche Altstadt von Alcamo überrascht.
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  • Dag 32

    Alcamo - Masseria Dammusi

    25. mai 2023, Italia ⋅ ☁️ 20 °C

    Am Dienstagmittag beim Thermalbecken Segesta bin ich das erste Mal auf einen anderen Weitwanderer gestossen. Pietro aus Rom ist mit dem Zelt unterwegs, verrät mir jedoch, dass er am Mittwoch auf dem Agriturismo Mariscó nächtigen wird. Ich habe mir dann dort auch ein Zimmer mit Halbpension organisiert. Mit einem kleinen Umweg liegt die Unterkunft ungefähr in der Mitte der langen Etappe nach Masseria Dammusi. Passt doch!

    Mittwoch, 24. Mai

    Streckendetails (gemäss Garmin)
    Länge: 16 km / Höhe: +580m, - 465m
    Marschzeit: 4 h 15 Min.

    Die Sonne scheint und es ist herrlich warm heute. Der Weg verläuft über relativ viele Asphalt-Kilometer, sofern man überhaupt von Asphaltstrasse sprechen kann (siehe Foto). Pietro, der offenbar früher bei der Unterkunft angekommen ist, warnt mich per WhatsApp und Google Maps vor aggressiven und bissigen Schäferhunden. Eine Stunde später passiere ich die Stelle. Links und rechts des Fahrweges sind in grossen Pferchen die Schafe untergebracht. Traktorenlärm ist in der Luft. Bereits eine Hälfte der Passage hinter mich gebracht, springen plötzlich von links und rechts mit lautem Gebelle ein Dutzend grosser Hunde auf die Strasse und auf mich zu. Ehe ich reagieren kann, hat mich schon ein Sch...köter in den linken Oberschenkel gebissen. Ein Mann kommt hinter dem Traktor hervor und scheucht die Hunde weg. Er sei der Nachbar, meint er, der Besitzer sei nicht da. Ihn würden sie kennen und nicht attackieren. Die Hunde seien jedoch ein Problem. Ja, das habe ich auch gemerkt! Zum Glück ist der Biss nicht tief (siehe Foto) ... und so gehe ich wieder meiner Wege.

    Zeitig treffe ich beim Agriturismo Mariscó ein ... und treffe dort wie erwartet auf Pietro. Eine Dusche und ein Powernap später sitzen wir auf der Terrasse und schwatzen bis zum Abendessen. Auch Pietro ist 61-jährig und wandert auf dem Sentiero Italia (ähnlich wie der Va'Sentiero). In Rom betreibt er ein kleines B&B, arbeitet als Trekkingguide oder Handwerker. Ein netter Typ, dem vorallem die Begegnungen auf seinen Touren wichtig sind! Wie wahr...
    Den Abend verbringen wir in einer herzlichen Tischgemeinschaft mit den Besitzern des Agroturismo, Carlo und Cinetta. Das reichhaltige Nachtessen ist köstlich und mit vielen Produkten vom Hof angereichert. Die Oliven sind eine Wucht! Neben Trauben und Mandeln werden vor allem Oliven auf dem Hof angebaut.
    Es wird ein angeregter Abend. Ich versuche zu verstehen und mich auch einzubringen in die lautstarke Diskussion. Carlo und Pietro sprechen etwas Englisch. Carlo fragt nach meinem Beruf und erzählt, dass sie hier auf dem Hof bis Corona mit schwierigen Jugendlichen zusammengearbeitet hätten. Die seien täglich von einem nahegelegenen Dorf zur Arbeit gekommen. Da werden bei mir natürlich Erinnerungen ans Jugenddorf wach!

    Donnerstag, 25. Mai

    Streckendetails (gemäss Garmin)
    Länge: 15,5 km / Höhe: +515m, -407m
    Marschzeit: 4 h 15 Min.

    Bevor Pietro früh aufbricht noch schnell ein Selfie als Erinnerung! Meine Etappe ist um einiges kürzer, also gehe ich den sonnigen Tag gemütlich an.

    Wieder führt der Weg durch Landwirtschaftszonen und heute über weniger Asphalt, die Berge immer im Blick. Nach einer guten Stunde dann eine ähnliche Situation wie gestern: eingepferchte Schafe und keine Möglichkeit sie zu umgehen. Ich wappne mich mit Pietros Worten im Ohr: Zeig den Hunden wer der Chef ist!. Eins ist sicher: Ein zweites Mal lasse ich mich nicht beissen! Und tatsächlich, wieder kommt ein Rudel Hunde laut bellend auf mich zugerannt! Mit lauter aggressiver Stimme und Haltung rufe ich immer wieder auf portugiesisch "cai fora" (hau ab) und stosse mit meinen Wanderstöcken sehr bewusst Richtung Hunde. Mit Erfolg! Das Gebell hört nicht auf, jedoch stoppen die Hunde und ziehen teilweise ihre Köpfe ein. Uff, gut gegangen! Irgendwie scheint meine Strategie gewirkt zu haben! Kurz vor dem Ziel dann noch eine weitere Schafherde, diesmal auf offenem Feld. Immerhin "nur" ein aggressiver Hund! Gleiche Strategie mit Erfolg! Bis gestern hatte ich keinerlei Probleme mit den vielen Hunden hier auf Sizilien. Mal schauen wie es weitergeht.

    Immer wieder fallen mir hier auf Sizilien die vielen Windmühlen auf. So auch beim Blick zurück auf den Agriturismo Mariscó. Irgendwie versteh ich es einfach nicht, wieso wir in der Schweiz nicht viel konsequenter auf alternative Energien setzen?

    Angenehm früh treffe ich bei meiner heutigen Unterkunft Agriturismo Masseria la Chiusa ein - einem geschichtsträchtigen Bauernhof aus dem 14 Jh., auf dem früher hundert Familien ihren Lebenssunterhalt verdienten. Heute kommen scheinbar jeden Sonntag um die 200 Gäste zum Mittagessen, vor allem aus dem 30 km entfernten Palermo! Der Agriturismo liegt etwas abseits meiner Route, war jedoch die einzige Option!

    Am Abend lasse ich mich hier so richtig verwöhnen. Es gibt "nur" ein Menu, dafür vier Gänge. Zum Glück verbrauche ich täglich beim Wandern einige Kalorien!

    Morgen geht es wieder in die Berge ... und ins Gebiet vor langer Zeit eingewanderter Albaner*innen!
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  • Dag 33

    Masseria Dammusi - Piana degli Albanesi

    26. mai 2023, Italia ⋅ ☀️ 22 °C

    Streckendetails (gemäss Garmin)
    Länge: 14,2 km / Höhe: +847m, -670m
    Marschzeit: 4h 45 Min.

    Die heutige Wanderung war wirklich cool und zum Geniessen! Nicht zu lang, sonnig und nicht zu heiss, durch eine abwechslungsreiche Berglandschaft!

    Zweimal bin ich jedoch so richtig aufgeschreckt! Das eine Mal schlängelte sich eine grosse schwarze Schlange vom Weg (diese Viecher liebe ich gar nicht!) und das andere Mal sprangen bei einem verlassenen Bauernhof zwei grosse Hunde hinter einer Mauer hervor, direkt auf mich zu. Zum Glück war der Besitzer nicht weit und konnte sie zurückhalten.

    Unterwegs wurde ich unerwartet mit einem tollen Ausblick auf Palermo beschenkt. Stimmt ja! Aktuell bin ich im Hinterland von Palermo in den Bergen unterwegs.

    Den Mittagsrast mit "Pfüsi" machte ich auf einem Sattel bei einem Bunker, mit Blick hinunter zum Ziel Piana degli Albanesi und auf die zurückliegenden Berge. Kurz unterhalb des Sattels erkundete ich dann noch eine Höhle und machte mich danach an den Abstieg zu diesem speziellen Ort.

    Piana degli Albanesi schaut auf eine lange Vergangenheit zurück. Nach der Flucht vor den osmanischen Invasoren im 15. Jh. liessen sich hier die albanischen Flüchtlinge nieder. Heute noch ist der Ort das Zentrum der Albaner in Italien. Die Einheimischen sind offenbar oft dreisprachig: Italienisch, Sizilianisch und Albanisch (Arbëreshë). So sind hier auch viele Hinweisschilder in zwei Sprachen angeschrieben (Italienisch und Albanisch) und die albanische Kultur wird gepflegt. Dies ist auch beim Besuch der Kathedrale ersichtlich. Von aussen eher unspektakulär ist das Innere mit der orthodoxen Ausstattung überwältigend.
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  • Dag 35

    Piana degli Albanesi - Masseria Rossella

    28. mai 2023, Italia ⋅ ☀️ 21 °C

    Samstag, 27. Mai

    Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!😉

    Trifft heute voll zu!
    Ich sitze bei meinem obligaten Espresso Lungo in der Bar und komme mit meinem Nachbarn ins Gespräch. Gigi kann einigermassen Englisch und ist Professor für orthodoxe-byzantinische Kirchenmusik an der Uni in Palermo. Er lädt mich ein, an der byzantinischen Pfingstvesper von heute Abend teilzunehmen. Tja, was mach ich nun? Eigentlich bin ich bereits mit Sack und Pack bereit für die nächste Etappe. Meine Neugier siegt und wir verabreden uns für die Zeremonie und danach auf eine Pizza. Cool, ich freue mich darauf. Bevor Gigi aufbricht, bringt er mir noch ein typisches albanisches Gebäck. Sieht aus wie Apfeljalousien mit Vanillepudding.
    Schmeckt!
    Schnell nun per Telefon die Unterkunft für heute Nacht organisiert und die Beiden der nächsten 2 Tage verschoben. Klappt alles bestens. Offenbar muss es so sein, dass ich heute nicht weiterziehe!

    Mein grosses Gepäck deponiere ich wieder im B&B und wandere mit leichtem Rucksack zum nahe gelegenen Stausee (ca. 45 Min). Herrlich entspannend hier - chillen und lesen!

    Die Vesper findet um 18.30 Uhr in der wunderschönen, nicht zu grossen Kathedrale in Piana degli Albanesi statt. Neben 6 Geistlichen nehmen ungefähr 30-40 Personen an der Zeremonie teil, vorwiegend Frauen. Gigi macht Filmaufnahmen, die er für seinen Unterricht an der Uni zu brauchen gedenkt. Ich beobachte, höre zu, lasse mich auf die in albanischer Sprache gesungenen Gesänge ein. Ich bin fasziniert vom Wechselspiel der Stimmen. Eine Stunde lang lasse ich mich in eine fremde Welt entführen!

    Nach der Vesper fahre ich zum Nachtessen etwas ausserhalb der Stadt mit. Es wird ein angeregter Abend mit Gigi, seinem venezolanischen Freund Fabrizio, dem Gemeindepriester Papa Ianni und Guiseppa. Das Essen und der Wein schmecken. Die lebhaften Gespräche werden am Tisch auf Italienisch, Englisch und Albanisch geführt! Ich versuche klarzukommen!😉
    Guiseppa hat einen Gedichtband geschrieben - auf albanisch und italienisch - und schenkt uns Auswärtigen je ein Exemplar.
    Am Schluss erscheint eine junge Frau, um Papa Ianni abzuholen. Es ist seine Tochter. Gigi klärt mich auf. Papa Ianni ist katholischer Priester, der jedoch nach byzantinischem Ritus und Recht praktiziert. Daher darf er heiraten. Es ist schon spät und so fahre ich mit den Beiden in die Stadt zurück.

    Pfingstsonntag, 28. Mai

    Streckendetails
    Länge: 13 km / Höhe: +480m, -336m
    Marschzeit: 3 h 30 Min

    Heute also nun definitiv von Piana degli Albanesi nach Masseria Rossella. Irgendwie komme ich nach dem geselligen Abend gestern, nicht so gut in die Gänge! Ich bin froh, ist die Etappe kurz und nicht so anspruchsvoll! Dafür werde ich mit wunderschönen Ausblicken auf das Hochplateau von Piana degli Albanesi beschenkt!

    Ich übernachte heute auf der Masseria Rossella, einem grossen Agrotourismusbetrieb. Heute Pfingstsonntag feiern drei Gesellschaften aus Palermo hier, u.a. Erstkommunion, mit lautstarker Kinderanimation! Alle sehr schick gekleidet! Ich fühle mich zwar etwas "underdressed", aber sauwohl in Badehose und T-Shirt!🤣

    Am Abend werde ich an den Tisch von Axel und Irene eingeladen. Sie wohnen in Essen im Ruhrgebiet. Da gibt es doch Gemeinsamkeiten!? Na klar, Fussball !😉 Obwohl Axel als Fan von Schalke 04 über den Abstieg seines Teams traurig ist, kann er es nicht fassen, dass der BVB die Deutsche Meisterschaft verspielt hat. Tja, ich auch nicht!
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  • Dag 36

    Masseria Rossella - Ficuzza

    29. mai 2023, Italia ⋅ 🌩️ 21 °C

    Streckendetails ( gemäss Garmin)
    Länge: 17,2 km / Höhe: + 500m, -560m
    Marschzeit: 4 h 30 Min.

    Ich breche heute morgen in der Masseria Rosella auf mit der Gewissheit, dass dies meine letzte Wanderetappe auf meiner Reise durch Sizilien sein wird! Die letzten Tage durfte ich bei wunderbarem Frühlingswetter immer weiterziehen. Für die nächsten 2-3 Tage ist wiederum teils starker Regen angesagt ... und am Donnerstag treffe ich mich ja mit Heidi in Catania.
    In Ficuzza gibt es einen Bus nach Palermo und ich gönne mir - nach den vielen Kilometern - von Dienstag bis Donnerstag eine Wellnesspause in Cefalù, an der Nord-Küste Siziliens.

    Doch zur heutigen Wanderung, die durch das weitläufige Waldreservat Bosco della Ficuzza zum gleichnamigen Ort führt.
    Noch vor dem Wald treffe ich auf Pierro, der auf seinem kleinen Landstück 2 Pferde, Hühner, Katzen und einen Hund hält ... und Oliven, Früchte und Gemüse anbaut. Zuerst misstrauisch, kommt er näher und wir kommen doch noch ins Gespräch, auf Italienisch!🤣 Er fragt mich, was ich als "pensionato" in der Schweiz verdienen würde? Ich weiss aus Erfahrung, dass dies ein heikles Thema ist und es schwierig ist, die Einkommen und Lebenskosten verschiedener Länder zu vergleichen! Er müsse mit einer monatlichen Rente von 1000 Euro auskommen, staunt dann, dass der Kaffee in der Schweiz 5x teurer ist als in Sizilien. Er meint, ich solle doch nach Sizilien ziehen! Mein Einwand, dass meine Familie in der Schweiz lebt, versteht er und bestätigt, dass in Sizilien die Familie auch das Wichtigste sei!

    Die Wanderung durch den Bosco della Ficuzza geniesse ich im Schatten dieser alten Bäume. Am frühen Nachmittag treffe ich dann im kleinen Ort Ficuzza ein, der in diesem Waldreservat eingebettet liegt. Neben dem Wald ist vor allem der eindrucksvolle Königspalast des ehemaligen Bourbonenkönigs Ferdinand l. aus dem späten 18. Jh. die Hauptattraktion. Schloss und Wald dienten dem König und seiner Entourage vor allem zur Jagd.
    Ich bekomme eine Privatführung auf Englisch mit Antonio, der als kleiner Junge mit seinen Eltern nach Florida ausgewandert ist und vor über 30 Jahren als 28jähriger sich in den Ferien in ein Mädchen hier verliebt hat ... und nie mehr in die USA zurückgekehrt ist. Tja, wo die Liebe hinfällt!
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  • Dag 39

    Cefalú - Die Seele baumeln lassen!

    1. juni 2023, Italia ⋅ ☁️ 20 °C

    Von Ficuzza bin ich am Dienstagmorgen früh mit dem Bus nach Palermo und dann weiter mit dem Zug nach Cefalú gefahren. Hier an der Nordküste Siziliens habe ich mich bis Donnerstag in einem guten Hotel einquartiert und lasse mich mit Wellness verwöhnen! Baden im Meer und Spaziergänge durch das historische Zentrum des Badeortes runden das süsse Nichtstun ab! Die arabisch-normannische Kathedrale aus dem 12 Jh. bestimmt eindrucksvoll das Ortsbild. Ach ja, ein Besuch beim Barber musste auch sein. Heidi soll mich ja wiedererkennen!🤣

    Heute Donnerstagvormittag fahre ich mit dem Zug gemütlich der Küste entlang nach Catania. Um 19.00 Uhr wird Heidi auf dem Flughafen ankommen und wir haben uns in der Stadt verabredet. Ist doch cool, ein "date" mit seiner Frau zu haben!😉

    Fazit meiner Wanderung

    Total war ich 5 1/2 Wochen auf Sizilien alleine unterwegs. Davon waren ziemlich genau die Hälfte Wandertage (19). Insgesamt bin ich gut 340 km gewandert, plus noch ein paar Stadtkilometer dazu!😉 Also einmal quer durch die Schweiz! Mit Zeit und Musse, mit dem Va'Sentiero als Orientierungspunkt und einigen spontanen Anpassungen und Wanderpausen, vor allem wetterbedingt! Die längste Etappe war 35 km lang, die Kürzeste 10 km. Übernachtet habe ich in den unterschiedlichsten Unterkünften: B&B's, Hostel, Hotel, Agriturismo/Bauernhöfe, Berghütten, Kapuzinerkloster!

    Meistens war ich alleine unterwegs, habe keine anderen Wanderer angetroffen. Meine Reise hat mich durch ein faszinierendes Sizilien geführt: mit abwechslungsreichen Landschaften, über Berge und der Meeresküste entlang, mit der Magie des Ätnas, mit leuchtender Frühlingsflora, mit Sightseeing in Catania, Palermo, Trápani und Cefalú, mit seiner bewegten Geschichte und Vergangenheit, die sich in unzähligen Monumenten und Spuren wiederspiegelt, mit Musse für genussvolle Momente und Köstlichkeiten, mit herzlichen Menschen und anregenden Begegnungen.

    Herausforderungen?
    Zu Beginn meiner Wanderung war dies sicherlich das unbeständige Wetter und das Entwickeln eines "Gspüri" für die Wettervorhersagen! Auch das kurzfristige Organisieren einer Unterkunft war 2-3 Mal schwierig und damit verbunden die geplante Fortsetzung auf der Route des Va'Sentiero. Improvisieren war angesagt! Meist war es jedoch problemlos. Gegen Ende meiner Tour verspürte ich vermehrt den Wunsch mit Heidi den Weg zu teilen. Und ja, dann waren da noch die Schäferhunde!

    Selbstreflexion
    Alleine Unterwegs und in Bewegung zu sein hat mir sehr gut gefallen ... und auch gut getan! Diese Reise ist ein grosses Privileg und Geschenk für mich. Ich habe viel gesehen, erlebt und gelernt ... und meine Fitness gestärkt. Mit Zeit und Musse zu reisen und auf Oportunitäten einzugehen ist sehr bereichernd.
    Vorallem hatte ich immer wieder die Möglichkeit, mich mit mir und meinem Leben zu beschäftigen. Wandern und Schweigen hat auf mich eine meditative Wirkung. Gedanken kommen und gehen, einige bleiben haften, andere sind eher flüchtig. Gut so! Ein Gefühl, das mich immer wieder begleitet hat und ich mit Freude nach Hause mitnehmen werde ... ist eine tiefe Zufriedenheit und Dankbarkeit! Das Leben meint es gut mit mir. A vita è bella!🫠
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