Satellite
Show on map
  • Day 24

    Hanoi III

    April 2, 2017 in Vietnam ⋅ 🌙 21 °C

    Nach den schönen Tagen in Ninh Bình sind wir wieder in Hanoi. Allerdings nur für einen Tag, denn schon morgen geht es weiter zur Halong-Bucht. Wir beschlossen auch heute, keinen Wecker zu stellen und einfach mal zu schauen, was wir mit dem Tag anfangen könnten.

    Wir verließen das Hotel gegen Mittag und gingen zum Women‘s Museum, das ganz in der Nähe lag. Es war neben dem ethnologischen Museum wohl das beste, was wir bisher in Vietnam gesehen haben. Das Grundthema war natürlich „Frauen in Vietnam und Südostasien“. Dabei versuchten die Macher alle möglichen Lebensbereiche zu erfassen und auch auf die Frauen in den jeweiligen ethnischen Minderheiten einzugehen.

    Los ging es mit der Heirat, die in Vietnam von großer Bedeutung ist. In einem Buch, dass ich in der ersten Woche unseres Aufenthalts gelesen habe, besucht eine Deutschvietnamesin ihre Familie in Vietnam und wird an jeder Ecke gefragt, wieso sie mit 26 noch nicht verheiratet sei. Insbesondere für ihre Tante ist es unverständlich, dass sie noch ihren Master machen möchte.

    Ich habe meinen Sprachlehrer gefragt, ob es tatsächlich so einen Druck auf die junge Generation gibt und er meinte, dass es eine Mischung aus Druck auf die Menschen und ihr eigener Wille sei, denn nach wie vor gelten veiheiratete Menschen als sozial „ranghöher“.
    Dementsprechend interessant sind die Heiratsgepflogenheiten, grade bei den verschiedenen Minderheiten. Hier hat mich besonders begeistert, dass es sowohl patriacharische als auch matriacharische Familienorganisation gibt. In ersterer wird Frau ihrem Mann „zur Heirat gegeben“, die Familie des Bräutigams muss Geschenke aufbringen und das Ehepaar lebt mit den Eltern des Mannes. In der matriacharischen Familienorganisationen ist es genau anders herum. Hier ist auch die älteste Frau die sozial angesehenste auf deren Urteil viel Wert gelegt wird. Auch die Erbfolge ist entsprechend geregelt.
    Man kann aus westlicher Perspektive natürlich bei beiden Systemen Einspruch erheben und sollte das für sich selbst natürlich auch tun, nur sind die Hintergründe für diese Traditionen deutlich komplexer, als dass sie mit einer einfachen Forderung nach Emanzipation zu lösen wären.
    Vietnam hat, trotz der Tatsache, dass es ein sozialistisches Land ist/sein will, zum einen eine Ungleichverteilung von Besitz und zum anderen verhältnismäßig schlechte soziale Absicherungssysteme. Im Gegensatz zum Beispiel zu Kuba, kosten hier auch Gesundheitsversorgung und in manchen Fällen auch Bildung etwas. Insofern ist Familie ein möglicher Absicherungsfaktor gegen eine zu starke Verelendung. Zumal die meisten Menschen auf dem Land leben und Felder bewirtschaften. Ein organisatierter Familienverband ist hier deutlich effektiver als ein einfaches Paar es wäre. Zuweilen ist die Not allerdings so groß, dass die Frauen in die Stadt gehen, während die Männer und die Großeltern auf die Kinder aufpassen und den Hof bewirtschaften. Hier verkaufen sie dann Waren auf der Straße, die sie frühmorgens vom Großmarkt holen. Oftmals spezialisieren sie sich auf den Verkauf an Touristen und bieten Grußkarten, geschälte Früchte oder Getränke an. Auch hier gab das Museum einen Einblick.
    Weiter ging es mit Themen wie Geburt und Kindererziehung, aber auch die Rollen von Frauen in der Armee und im Widerstand wurden bearbeitet. So gab es im Vietnamkrieg und zuvor im Indochinakrieg nicht wenige weibliche Einheitsführrerinnen oder Gurillera. So gab es im Hoa-Lo-Gefängnis eigens einen Bereich, in dem Frauen untergebracht waren.

    Nach etwa zwei Stunden waren wir zwar immer noch nicht durch, eine Etage voller Frauenmode lag noch vor uns, aber unsere Fähigkeit auch nur eine weitere Kleinigigkeit aufzunehmen war vollkommen aufgebraucht. Wir gingen also zum Mittagessen und verbrachten den Nachmittag damit, noch etwas durch Hanoi zu streifen. Unter anderem schauten wir uns die St. Josephs-Cathedral an, eine große katholische Kirche im gothischen Stil. Sie ist Notre Dame nachempfunden. Leider konnten wir nicht rein, offenbar ist das nur zur Messe möglich und umrunderen die Kirche daher nur. Außen waeren große Wandbilder und eine Mariengrotte angebracht, die den Besuch im Großen und Ganzen dann doch noch recht sehenswert gemacht haben.
    Read more