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  • Gogwärgi und 27 milliarden Tonnen Eis

    September 16, 2020 in Switzerland ⋅ ☁️ 23 °C

    Zu Mittag erreiche ich mein Ziel. Vor mir liegt das Wallis. Links und rechts türmen sich die Berge tausende Meter in luftige Höhen. Kaum zu glauben aber wahr, das lässt sich alles mit dem Fahhrad entdecken! Ist auch gar nicht so weit. 127km Rundkurs auf zwei Tage verteilt. Das macht vier oder fünf Stunden Radfahren am Tag unter normalen Bedingungen. Das Problem sollte hier auch nicht der Gegenwind sein sondern schlappe 4700 Höhenmeter. *Ähh*, Erleben kannst du eben nur was wenn du losfährst.

    Erster Kilometer - erster Sturz. Man soll halt auf den Weg gucken, besonders wenn alles neu und interessant ist. Das was ich vom Falltraining mitbekommen habe hätte jedenfalls schlimmer enden müssen als es tatsächlich war. Ein ziepen dass mich den ganzen Tag nicht wieder loslies, doch sonst keine Blessuren, Schürfwunden oder andere erkennbare Verletzungen. Ich glaube fest das ich in dem Moment Hilfe in der Not hatte. Die Gogwärgi tun Gutes wenn Menschen die Hilfe dringend gebrauchen können. Doch wer nicht an sie glaubt, der nimmt sie auch nicht wahr. Zwerge, Kobolde und gute Geister zugleich, verlangen eigentlich nicht viel als Gegenleistung für manch harte Arbeit als Schutzengel. Auf dem Zwergen-Weg habe ich jedoch auch gelernt dass auf den Gogwärgi ein Fluch lastet. Wenn sie einem Menschen in der Not geholfen haben müssen Sie weiterziehen um wieder helfen zu können.

    Danach bin ich meine Radtour gewiss auch viel langsamer angegangen. Auf dem Programm standen zehn Kilometer mit zehn Prozent Steigung. Die Sonne kennt kein Erbarmen. So viel wasser kann man gar nicht den Berg hier herauf schleppen wie es dabei braucht. Ein Tunnel auf dem Weg zum Ziel sorgt jedoch für die nötige Abkühlung. Hierin den Bergen ist alles relativ. Oben ist das neue Unten. Über mir türmen sich in Zweitausend Metern Höhe mächtige Viertausender auf, die man von unten gar nicht wahrgenommen hat. Gut dass ich da mit dem Rad nicht hinauf will, aber ein paar Meter gehn noch. Auf 2364m eine Hütte und erst durch eine kleine Randnotiz kann ich mein Glück kaum fassen. Zehn Minuten später stehe ich am größten Gletscher Europas. 23km lang, 900m dick, pures Eis! Und ich bin hier oben mit dem Fahrrad. Das müsste man daheim mal Väterchen Frost erzählen. Der ärgert sich schwarz.

    An diesem Abend will ich noch zu einer zweiten Stempelstelle. Doch die Zeit drängt. Es wird bereits gleich dunkel. Im Handumdrehen überrede ich zwei Kellnerinen mir bitte Wasser aufzufüllen. Und dann ist es wie der Sturm auf die Basie hin zum Aussichtspunkt. Der wiederum denkt gar nicht daran es mir leicht zu machen. Auf den letzen Hundert Höhenmetern trage ich mein liebes Fahrrad mehr als ich es schieben könnte. Was das im Zweifel mit einer Mountainbike-Strecke zu tun hat ist mir ein Rätsel. So mancher Hindernissparcour in der Vergangenheit war einfacher zu bewältigen. Als ich oben ankomme ist die Sonne gerade untergegangen. Nicht gut, aber überwältigend! Bis zur Finsternis nehme ich mein Rad in die Hand und trage es lieber wieder bergab bis ins nächste Dorf. Hat das schon mal jemand ausprobiert, dass es selbst mit dem Fahrrad genau so lang bergab dauert wie bergauf? Nein? Dann habe ich hier den idealen Trainingsplatz für euch gefunden. Mit Fahrradlampe und sonst nix geht es über Stock, Stein und Kühe noch 1200m fast senkrecht bergab bevor ich sehr spät bei meiner Unterkunft bin. Ein riesiges Dankeschön an die Gogwärgini die mich den ganzen Tag vor Dummheiten beschützt haben. Morgen geht das Abenteuer weiter.
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