Satellite
Show on map
  • Day 8

    glänzende Aussichten

    April 10, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 10 °C

    Nach so viel Städtetour will ich mir noch einmal die Sierra Nevada anschauen bevor es am nächsten Tag vielleicht schon weiter geht. Schnee hatte ich in diesem Winter zur Genüge. Dennoch bleibt der Schnee in Spanien etwas Besonderes. Unsere Herbergsmutter gibt uns ein paar Tipps auf den Weg wo man auf einer Halbtagestour ein herrliches Panorama auf die umliegenden Berge genießen kann. Und weil denn Nebensaison ist - fast ziemlich ganz allein. Den Nachmittag haben wir gestern bereits kurzfristig verplant.

    Über enge Straßen geht es immer weiter die unzähligen Serpentinen und Haarnadelkurven hinauf. Auf einem Plateau parken bereits ein paar wenige Autos. Während wir unterwegs sind passt derweil eine Herde Kühe darauf auf. Vielleicht sind das nicht die besten Wachmänner. Wenn nebenan Gras wächst vergessen sie alles. Aber es sind die einzigen weit und breit. Und ich muss schon sagen, wenn man ankommt wird man von allen eingehend gemustert. Wehe jemand macht da eine falsche Bewegung.

    Der Weg ist leicht zu finden und verläuft über Kilometer genau auf einem Bergrücken. Links das unendlich weite Altiplano bei glänzendem Sonnenschein. Rechts die noch einmal 1400m höheren Berge der Nevada-Kette bei glänzendem Schnee. Und als ob das nicht schon Belohnung genug wäre stehen wir bald selbst im Schnee mittendrin. Der Altschnee ist jetzt sehr sulzig und bietet wenig Trittsicherheit. Doch zum Glück geht der Weg ja auch nicht wirklich steil. Der kleine Gipfel des 'Cerro del Mirador Alto' der 'Hochgelegene Ausblick' wird alsbald unser Ziel. Schöner wird es auch nicht wenn man noch tiefer in den Schnee hinein geht finde ich. Bei mittlerweile erschwerten Bedingungen müssen wir auch dreizehn Kilometer nicht nur hin sondern auch wieder zurück. Eigentlich darf ich gar nicht davon schreiben dass es Leute gibt die hier dann auch noch Steine sammeln weil hier mal die Farbe und dort mal die Maserung schön ist. Und dass das nicht dem Zeitplan zuträgt erklärt sich von selbst. Doch was tun? In der glänzenden Sonne will ich selbst keinen Endspurt hinlegen. Mittlerweile habe ich eindeutig zu wenig getrunken. Die Füße tragen schwer doch das Ende ist noch fern...

    Ungefähr das gleiche könnte Christus seiner Zeit gemeint haben wenn er seinen letzten Weg zu Lebzeiten beschritten hat. Bis heute ermuntert seine bloße Anwesenheit die Menschen zu Trost, zu Freude und mit Zuversicht für alles Zukünftige. Und so begehen die Spanier besonders hier in Andalusien bekanntlich ihre Osterprozessionen mit all den Leidenststationen Christi noch bis Karfreitag. Für heute Abend haben wir uns nun die in Granada einmal näher vorgenommen.

    Wieder einmal finden wir einen Parkplatz gerade noch im Endspurt. Soweit uns die Füße tragen geht es schnellen Schrittes nach dem Zentrum wo in den Gassen überall bereits Campingstühle und Menschentrauben stehen. Das Rote Kreuz baut indes noch seine Zelte auf und so bleibt am Ende doch noch ein ausgiebiges Kaffeetrinken mit Kuchen. Glänzend! Der Tag ist gerettet. Was keiner Ahnt, die Prozession ist heute etwas größer und geht etwas länger. Deshalb baute sich wohl auch das Rote Kreuz auf. In den folgenden vier Stunden ziehen unzählige reich geschmückte Pasos, Kapuzenträger, Kerzen und Weihrauch an uns vorbei. Der Platz war indes günstig gewählt da in einer Kurve alles ein bisschen langsamer läuft und den Blick perfekt auf das Geschehen preisgibt was da kommt. Auch wenn wir uns gemeinsam mit vielen anderen die Beine in den Bauch gestanden haben und Kaffee mit Kuchen weisgott nicht bis Mitternacht den Magen füllen lohnt jeder Moment dabei zu sein.
    Da wird hier mal mit Weihrauch geräuchert bis der Schlot qualmt. Dort gehen beim Absetzen stetig die Kerzen aus. Nachher kommt jemand mit der Leiter daher und zündet jede einzelne wieder an. Die Träger der Pasos werden regelmäßig ausgetauscht und kommen schweißgebadet durch die Menschenmenge wo sie reichlich Beifall und Zuspruch von den Schaulustigen erhalten. Zum Teil laufen die Kinder ihr allererstes Mal mit glänzenden Augen. Überhaupt finde ich das Schönste dass auch die Kinder ganz toll mitmachen und so einen Bezug entwickeln diese Tradition fort zu leben. Glänzende Zeiten also!
    Read more