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  • Day 7

    Die Rote Festung

    April 9, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 13 °C

    Lange ersehnt weil viel davon gehört und mir nun endlich selbst ein Bild gemacht. Oder auch Zweihundert? In Kurzform beschreibt es den heutigen Vormittag zu Besuch in jener Stadt die Andalusien als Provinz kulturell maßgeblich wiederspiegelt. Wer Granada auf einer Tour durch Andalusien auslässt war zumindest früher schon einmal hier gewesen oder er weiß gar nicht warum er überhaupt nach Andalusien reisen sollte, warum er überhaupt hier ist! Dafür gibt es einfach zu Vieles was ich zwingend mit Südspanien verbunden hätte. Es gibt jedoch auch jede Menge Überraschungen.

    Gerade erst habe ich mich aus dem Bett gepellt und spanisches Frühstück mit Tostados, Olivenöl und Tomaten genossen. Nun sitzt mir die Zeit schon wieder im Nacken. Leider kann ich es überhaupt nicht ausstehen wenn man gezwungen ist ein Ticket Wochen im Voraus für eine definierte Stunde zu organisieren weil sonst gefühlt die halbe Welt zu Gast in Spanien zur gleichen Zeit an den gleichen Ort will. Mit mehr Glück als jeder uns zugestehen würde bekommen wir den letzten freien Parkplatz an der Straße im Umkreis von vier Kilometern. Von hier an geht es ruhig aber fest entschlossen mit schnellen Schritten Bergauf so dass die 'Reisegruppe' hier und da aus der Puste gerät. Je näher wir der Alhambra kommen desto mehr nehmen auch die Besucher zu. Wenn das so weiter geht mache ich heute Abend drei Kreuze. Kaum habe ich den Park durch ein Seitenportal zur Roten Festung hin verlassen, schon bin ich nicht nur mitten in der Festung drin sondern scheinbar gleichzeitig in einer Parallelwelt. Menschenmassen! Überall Trubel, Warteschlangen, umher eilende Menschen, Guides deren Gruppen über hundert Meter verstreut hinterher trottet und eigentlich gar nicht mehr mitbekommt über was da vorne gerade gesprochen wird. Dazwischen auch immer wieder Händler und Handwerker wie zum Beispiel ein Intarsien-Setzer. Es geht zu wie auf einem Mittelalterlichen Jahrmarkt.

    So hektisch und wuselig ging es auf der Alhambra aber scheinbar schon immer zu. Die Festung wirkt von außen nicht sehr viel prunkvoller als die von Gestern in Guadix wenngleich sie hoch über Granada thront und weitaus mehr zu bieten haben soll um die Besuchermassen zu rechtfertigen. Die Alhambra gilt als Liebesbrief an die Maurische Kultur. Allein das ist schon wieder einzigartig, denn wo sonst kommen eine arabische Kultur, ja überhaupt die arabische Architektur so eng zusammen mit Schneebedeckten Gipfeln im Hintergrund. Und wie oft wurde sie umgebaut um es jeweils den Herrschern einer jeden Kultur Recht zu machen. Auf dem kleinen Berg machen sich mittlerweile drei Burgen und Paläste gegenseitig den Platz streitig und dazu noch ein riesiger Garten.

    Ich finde die Art des Stucks, das Dekor an den Wänden, die ganzen Marmor- und Fliesenarbeiten und vor allem immer wieder die Geometrie im Raum faszinierend. Eine eingehende Beschreibung möchte ich mir jedoch sparen. Dafür gibt es Reiseführer und weitere große Literatur. Ebenso viele Herrscher und Könige hat die Festung erlebt. Die Emire bauten gleich für mehrere Anlässe je einen feinst verzierten Palast als Teil der heutigen Nasrid-Paläste. Zur Gerichtsbarkeit in der Öffentlichkeit, zum Empfang von Botschaftern, quasi ihr eigenes Wohnzimmer und nicht zuletzt den Palast der Löwen. Schier undenkbar fand ich auch dass die Wasserversorgung der Gärten, der Brunnen und aller Wasserspender in der Festung noch heute durch Viadukte aus den Umliegenden Gebirgen gespeist wird. Die Festung ist mittlerweile über 1100 Jahre alt aber sie hat sicher nicht an Glanz verloren. Gleich nebenan in der Zitadelle errichtete man 1492 nach der Rückereroberung durch die Christen ein Kreuz und hisste die Banner der Reconquista.

    Und als wären die häuslichen Nachbarn hiervon völlig unbeeindruckt entwickelte sich gleich unterhalb der Burg das wohl belebteste muslimische Viertel in ganz Spanien. Hier wird gekauft und gehandelt. Man sitzt heute ebenso auf der Straße und lauscht dem Flamenco. Alles was in den Häusern und Familien stattfindet bleibt jäh hinter verschlossenen Türen. Das ist Teil ihrer Kultur. Und so begnügen wir uns an diesem Tag mit dem wohl berühmtesten Blick von gegenüber auf die Alhambra mit Bergen im Hintergrund. Der Mirador San Nicolas ist ein wunderbarer Platz zum Verweilen wenn abends einmal die ganzen Menschen weg sind... Doch so lang nehmen wir uns nicht die Zeit.

    Auf dem Weg zurück ins Zentrum wollen wir der Nachmittagshitze entgehen und landen prompt im nächsten Highlight. Zumindest meine Karte meint hier gibt es was Tolles zu Essen und zu trinken. Irgendwie war bleibt einem dann doch nicht jede Tür verschlossen. Jedoch anstatt nach einem Café zu suchen landen wir in einer sogenannten 'Theteria'. Es ist brauch dass man einen Tee und gerne auch eine Kleinigkeit zu Essen bestellt. Doch nachher gibt es keinen Stuhl. Eine Treppe führte uns ins Obergeschoss. Vom Tisch werden kurzerhand die Tischbeine weg gelassen und anstatt der Stühle gibt es nur die Sitzkissen. Willkommen in der Wohlfühl-Oase. Hier hoch über den Dächern von Granada Platz zu nehmen ist fast schon ein Privileg. Viel Platz hat man indes nicht aber das stört ja wohl in so einem Moment am wenigsten.
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