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  • Day 14

    Mich laust glaub' der Affe!

    April 16, 2022 in Gibraltar ⋅ ☀️ 20 °C

    Die Hoffnung stirbt zuletzt, nicht wahr? Ich hatte bislang immer noch keinen Erfolg dem Christopher Kolumbus nach Südamerika nachzusetzten. An der Atlantikküste ist immer Schluss. Heute ist der letzte Versuch sonst fahre ich vorerst wieder heim! Dazu sind wir nach 'La Linea de la Concepción' gefahren. Nur einen Kilometer weiter südlich haben die Briten einen Fels zu ihrem Königreich proklamiert. Die Briten sind bekanntlich ebenso gute Seefahrer. Also schauen wir mal was Gibraltar für mich zu bieten hat.

    Der Platz ist bekanntlich knapp. Selbst die breiteste Stelle der Halbinsel reicht nicht für eine Startbahn und dennoch braucht es wie in jedem Land der Erde einen internationalen Flughafen. Schließlich lebt ja nicht jeder hier vom Fischfang oder ist beim Militär. Zeitweise gab es nur noch 95 echte Gibraltarians, sprich ursprünglich hier geboren und aufgewachsene Landbewohner. Der Rest ist aus der UK zugezogen. Dennoch sind die Leute hier stolz wie Bolle dass sie zur Queen gehören und nicht zu Spanien. Das war schon immer so, das würden die auch nie aufgeben! Die roten Telefonhäuschen sind mittlerweile echt bloß noch Show, die roten Briefkästen sind hingegen tatsächlich noch im Einsatz. Die Einwohner glauben fest an ihr Recht zur Selbstbestimmung. Jedoch kommt seit dem Brexit immer wieder die Frage der Zukunft des Landes zur Diskussion. Der schlimmste Fall wäre eine 'Non-EU'-Grenze zu Spanien. Sie wäre konsequent aber gleichzeitig das Aus für einen Großteil des Tourismus und der pendelnden Arbeiterschaft aus Spanien der das Land seinen Reichtum verdankt.

    Mittlerweile erinnere ich mich schon einige Male zurück dass ich zum Beispiel in Galapagos und in Madagascar erst auf der Startbahn in den Flieger eingestiegen bin. Ein Rollfeld gab es nicht. Aber bitte wo sonst darf man zu Fuß über eine aktive Start und Landebahn spazieren? Keine hundert Meter später will tatsächlich eine Maschine von Easyjet starten. An der ersten Tankstelle nach dem Grenzübergang komme ich ebenfalls ins Träumen. Was bekommt man nicht so alles zu Hause vorenthalten? Hier gibt es zehn verschiedene Sorten Diesel und Benzin! Bis ich realisiere dass die Preise stets sowohl in britischen Pfund als auch in Euro angegeben werden. Ups...

    Es folgt die typisch britische Mainstreet. Wer will kann sich brittysh style mit fish&chips versorgen. Whiskys werden in allen Sorten angeboten. Steuerfrei. Dafür mit Touristenaufschlag. Will man also tiefer in Gibraltar eintauchen gilt es einen beschwerlichen Weg auf sich zu nehmen. In der Geschichte war Gibraltar schon immer ein mächtiges Fort. Zahllose Geschützstände durchlöchern den Fels wie einen Schweizer Käse. Heute hat man davon einen herrlichen Blick über die Bucht und den Hafen. Im Süden liegt die Meerenge die Mittelmeer und Atlantik verbindet. Und gleich dahinter liegt greifbar nah schon Afrika. Unzählige Tanker liegen vor Anker, Kreuzfahrtschiffe, zwei U-Boote. Aber keiner hat Südamerika auf der Route.

    Doch anstatt Enttäuschung ist mir das mittlerweile alles gleich. Es ist einfach nur heiß, die Sonne steht senkrecht über mir. Und anstatt den weg bergauf quer durch den Wald zu verlegen war man früher der Meinung zur Befestigung des Fort muss gen Süden eine starke Mauer her. Und auf jener Mauer steigt man heute die dreihundert Meter Fels in der gleißenden Sonne empor. Ich glaub mich laust der Affe! Wo immer auch ein Fleckchen Schatten ist liegt schon ein schwanzloser Berberaffe. Es heißt sie seien unterirdisch von Afrika herüber gekommen. Denn es gibt sie nur an diesem Felsen, sonst nirgendwo in ganz Spanien. Erst ganz zum Schluss wird man oben vor ihrer schieren Überzahl sogar auf Straßenschildern gewarnt. Ornithologen kämen hier ebenfalls ganz auf ihre Kosten und wüssten nicht wo sie neben, über oder unter sich zuerst hinschauen sollten. Neben dem Bosporus ist die Meerenge von Gibraltar die einzige Möglichkeit für Zugvögel von und nach Europa zu gelangen wenn sie das offene Meer meiden. Dazu zählen zum Beispiel auch Störche. Aber die sind längst in Deutschland angekommen.

    Am Nachmittag habe ich die Idee auf die Ostseite des Felsen zu wandern dort ist Schatten. Vereinzelt kommen ein paar Wanderer entgegen, lächeln und meinen nur "Viel Glück, da habt ihr ein schweres Stück Arbeit vor euch." Die Mediterranean Stepps sind zum Teil Planke in den Fels gehauene Stufen, Grotten und Kletterpassagen um erneut auf den upper Rock zu gelangen. Man muss ja nicht hoch, Hauptsache Schatten. Ein bisschen kann ich mich der Kletterei dennoch nicht erwehren. Auf dem Rückweg gelangen wir vorbei an den 'Europe Flats', neben Tarifa in Spanien dem südlichsten Stadtteil vor der Küste Afrikas. Von hier oben sehen die 14 Kilometer noch einmal viel kürzer aus.

    Wer will kann an einem zweiten Tag das militärische Erbe des Felsen näher unter die Lupe nehmen. in über 50km Tunnelsystemen wurde von den Alliierten hier die Invasion Nordafrikas vorbereitet. Einen ganz anderen Vorgeschmack darauf erhalten wir unverhofft in der Saint Michael Cave. Der Fels ist auch ohne Militär ein riesiger Schweizer Käse mit Karsthöhlen die bis auf den Meeresspiegel hinunter reichen. Dass das endlos tief im Dunkeln verborgen liegt glaubt mancher heute noch dass hier die Berberaffen die Meerenge unter dem Schutz des heiligen Michael unterquert haben. Der jedenfalls thront imposant von einer Lasershow in Szene gesetzt hoch über unseren Köpfen. Ich gebe zu dass bunt beleuchtete Stalagtiten nicht unbedingt meinen Favoriten abbilden, doch die Lasershow in Einklang mit dem Erzählen einer Geschichte wie all das hier entstanden ist, das ist fantastisch.

    Nun war am Abend nach so langer Erkundung eigentlich ein gutes Essen an der Reihe. Doch fast schon zu erwarten ist man in Gibraltar 'very brittish'. Nach der Tea time um fünf Uhr haben die Läden bis zum nächsten Tag geschlossen. Selbst die tonnenschweren Geschütze werden über Nacht in einen Mantel gepackt damit ihnen die herbe See nichts anhaben kann. Oder aus Gewohnheit. Ich weiß es nicht. So bleibt am Ende wieder nur der Supermarkt und ein ziemlich spätes Essen aus der heimischen Küche. Über die spanische Grenze zurück wird der Feierabend erst gleich noch einmal über den Haufen geworfen. Gerade kommt der Vollmond empor und strahlt am Fels mit den Leuchtstrahlern um die Wette. In einigen Strandbars hört man noch Musik. Am Grenzübergang bilden sich wie eh und je lange Schlangen, selbst nachts. Ansonsten ist das bei einem zweiten Besuch sicher er beste Zeitpunkt um die Locals und ihre Eigenheiten noch besser kennen zu lernen.
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