Satellite
Show on map
  • Day 1

    In Englands Steinzeit und zurück

    September 13, 2023 in England ⋅ ☁️ 19 °C

    Ankunft - so schnell hatte ich noch nie mein Gepäck! Doch je schneller ich auf beiden Beinen stehe desto länger dauert es bis es weiter geht. Bis in die Nacht verbringe ich damit meinen Weg zum Überlandbus zu finden. Ich muss mich an den Linksverkehr gewöhnen. Ich hatte das schon mal. In Schottland. Aber da war als Fußgänger nicht mal halb so viel Verkehr zu berücksichtigen. Ich denke es braucht zwei oder drei Tage bis ich mich damit zurechtfinde. Solange wünsche ich mir meinen großen schweren Rucksack wieder her. Er ist ein praktisches Hilfsmittel gegen prüde Autofahrer. Denn einem Packesel verzeiht man schneller wenn der ‘die Regeln nicht kennt’. Ich kann ihn aber nicht her zaubern. Er wird gerade repariert. Und für das was kommt reicht auch ein halber Rucksack.

    Auf Umwegen nach Wales. Ein erster Umweg führt heute nahe Salisbury nach Stonehenge. Denn dessen Geschichte scheint enger mit Wales verwoben als auf den ersten Blick sichtbar. Bereits vor der Morgendämmerung bin ich da, aber ich kann es nicht finden! Wer denkt England sei flach, der hat sich gewaltig geirrt. Erst als die Sonne aufgeht entdecke ich ein paar unscheinbar große Steine etwa 500m entfernt in der grünen Wiese. Im Gras versteckt und von hunderten Schafen bewacht.

    Es dauert nicht lang da mache ich vor Ort die ersten Besucher aus. Im Durchschnitt sind es täglich 9.000 also nichts wie hin bevor die alle da sind. Doch das Tor ist zu und wird von Security bewacht. Mir bleibt der Blick aus 50m Entfernung. Anfassen darf ich die Steine erst ab der regulären Öffnungszeit - in drei Stunden. Die Zeit vertreibe ich mir mit reden. Vor Ort habe ich eine Angestellte getroffen die aus Köln stammt und über den Sommer als zusätzliche freiwillige Kraft den Besucherstrom betreut. Wir reden viel über das was man bei Stonehenge nicht sieht und was das Museum auch nicht widerspiegelt. Da vergeht eine Stunde nach der nächsten wie im Flug. Dass in der Steinzeit auch Holz benutzt wurde macht es der Nachforschung heute so schwierig dass es bis auf den Sonnenwendstein und ein paar Altersdatierungen die bis 4.000 Jahre zurück reichen nichts handfestes gibt zu welchen Ritualen, Begräbnissen oder dem Kalender dieses Monument noch benutzt wurde. Vor gut einhundert Jahren fand sich unweit der Steine das heute so genannte Woodhenge. Dessen Funktion als Kalender und die Nähe zu einer archäologisch ausgegrabenen Siedlung ließ sich trotz des verrotteten Holzes leichter bestimmen als die der Steine. Als die Tore sich offiziell öffnen dauert es keine fünf Minuten bis anstatt der fünf Archäologen etwa 200 Möchtegernfotografen herbei strömen und mein morgendlicher Plausch hat ein jähes Ende.

    Ich suche denn auch zeitnah lieber das Weite und statte noch Salisbury Cathedral und den römischen Bädern in Bath einen Besuch ab. Bei lecker aber teuer!! Cappuchino und Matilda-Kuchen (30% Schokotortenboden, 60% Schokoladencreme und 10% Blockschokolade) sitze ich gegenüber dem Bädervorplatz und lausche einer Passantin wie sie dem Publikum gerade Opern vorträgt. Das ist in England zum Volkssport geworden und habe ich bereits einige Male auch auf Youtube verfolgt dass ambitionierte Straßenmusiker die sonst nicht von der Musik leben aber mit ihr - Piano spielen, Oboe, Gitarre oder was auch immer und dazu meist richtig professionell singen. Nur auf den Frack oder das Kleid geben sie so rein gar nichts.
    Read more