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  • Day 39

    Home far away from home

    October 20, 2018 in Tanzania ⋅ 🌧 23 °C

    Das Umland um Mbeya ist eine wahre Augenweide.
    Pinien-, Eukalyptus- und Bambuswälder überziehen die Gebirgszüge der saftig grünen Mbeya Range.
    Das Klima dieser südlichen Hochebene ist ganz anders als im restlichen Land. Es ist recht kühl, windig und feucht, auf den fruchtbaren Böden werden Tee, Kaffee und Bananen angebaut.

    In Mbeya gibts touristisch gesehen eigentlich nicht viel zu tun. Wir sehen die 4 Tage auch keinen anderen muzungu.
    Trotzdem verbringen wir hier eine ganz besondere Zeit.
    Aufgrund eines Tipps (Danke Greta!) wohnen wir im „Teshas Home“ und es wird wirklich wie ein „home far away from home“.
    Mama Tesha schmeißt eine Avocadofarm und hat sich das bonzigste Haus (oder eher Anwesen), das wir je in Tansania gesehen haben hingestellt. Inklusive Badewanne, Hausangestellten, Waschmaschine, elektrischem Eingangstor, Riesensofa (mit eingearbeiteten Diamanten) und Hochglanzfußböden.
    Wir leben im absoluten Luxus, genießen das frisch riechende Bett, das saubere Bad, die drei Mahlzeiten täglich, die wir mit der Familie einnehmen dürfen und die Ruhe auf unserem privaten Balkon. Die mit Stacheldraht bestückte Mauer rund um das Anwesen hält den hektischen Trubel draußen und gönnt uns eine kaum mehr gewohnte Privatsphäre der Superlative.
    Es ist ganz eindeutig eine super reiche Familie, was man ihnen aber nicht anmerkt. Mama Tesha ist zuckersüß, nennt uns immer „My son! My daughter! I am your African mama!“, knuddelt und drückt uns.

    Außerdem mästet sie uns. Wir essen so extrem viel, sie lässt uns keine Wahl und fängt fast an zu weinen, wenn wir uns nicht eine Riesenportion Reis oder Ugali schöpfen. Es ist unhöflich, wenig zu essen oder auch nur einmal zu schöpfen, weil das dann bedeutet, dass es einem nicht schmeckt, erklärt uns Mugabe, der 22jährige Neffe von Mama Tesha.
    Da er gerade Semesterferien und Langeweile hat, ist er unser privater Tourguide.
    Was ein Glück schon wieder.
    Unter anderem wandern wir mit ihm zum Ngozi-Kratersee, dem die Einheimischen magische Kräfte zusprechen und der wohl wunderschön ist. Leider sehen wir gar nichts davon, weil wir in einer dicken Wolke stecken.
    Auch Glückspilze haben mal Pech ;)

    Mugabe erklärt uns beim Hochwandern, dass es für die Einheimischen völlig unverständlich ist, wie schnell muzungus gehen. Das passt so gar nicht zur pole pole („Immer mit der Ruhe“) Lebensweise der Tansanier.
    Wenn man dies bedenkt, ist es kein Wunder, dass die Feldarbeiter uns kopfschüttelnd anschauen, als wir auf dem Rückweg an ihnen vorbeijoggen (uns war so affenkalt oben in der Wolke, dass wir den gesamten Dschungeltrail runterrennen. Wie Mogli. Nur nicht so elegant).

    Mit Mugabe führen wir sehr anregende Gespräche über das Bild der Tansanier von uns Muzungus. Als Muzungu werden ausschließlich die weißen Touristen bezeichnet.
    Mugabe berichtet, dass ihn vorhin im Bus die Nebensitzer gefragt haben, ob er seine zwei muzungus nicht nach Geld fragen kann. Außerdem erzählt er, dass die Tansanier die Weißen als „superior“ sehen, als die „pure people“ und er sagt uns einen Satz, den sogar er als gebildeter junger Mann aus einer reichen Familie glaubt:
    “God created the world and the white people make it shine.”

    Er fragt uns, ob es uns stolz macht, dass die Leute uns als die besseren Menschen und als so ehrenhaft wie einen Präsidenten ansehen und er kann kaum glauben, als wir dies verneinen.
    Das macht mich sehr nachdenklich und ich fühle mich gar nicht gut dabei. Allein schon die Tatsache, dass wir uns den Flug nach Afrika leisten können, bedeutet für viele hier, dass wir superreich sind.
    Stimmt es wirklich, dass die Leute um uns herum denken, wir seien die besseren Menschen? Da fällt mir ein Zitat von George Orwell ein:
    All animals are equal.
    But some are more equal.
    Ich hoffe, dass ich wenigstens ein paar Menschen durch mein Verhalten zeigen kann, dass ich mich auf Augenhöhe mit ihnen sehe.

    Im Zug hierher haben wir uns mit dem Einheimischen Robert angefreundet, welcher uns direkt zu seiner Familie nach Hause eingeladen hat. Diese Gastfreundschaft nehmen wir liebend gerne an und sitzen plötzlich inmitten eines Familientreffens. Lustigerweise heißt der Opa Felix und seine anwesenden Söhne Julius Felix, Robert Felix und Peter Felix. Eine richtige kleine Felix-Ansammlung.
    Natürlich wird uns wieder Essen angeboten und natürlich lehnen wir nicht ab. Aus Höflichkeit stopfen wir uns also wieder den Bauch voll.
    Als kleines Gastgeschenk habe ich der Oma (die in meinem Zugabteil saß und mir anerkennend beim knüpfen zugeschaut hat) ein Freundschaftsbändchen in den tansanischen Farben geknüpft, über das sie sich unglaublich freut.
    Ein Geben und ein Nehmen. Wundervoll.

    Beim letzten Abendessen bei den Teshas haben wir endlich eine gute Strategie entwickelt: wir nehmen uns beim ersten Schöpfen nicht so viel, (rechtfertigen uns mit „In Germany we don’t eat that much in the evenings. We have a huge breakfast instead.”) und fragen uns dann gegenseitig beim zweiten Schöpfen ganz laut, so dass es auch jeder mitbekommt: „Felix, do you want some more?” - „Yes please. It’s so delicious!” Dabei versuchen wir so wenig wie möglich zu nehmen, ohne dass es ein Familienmitglied merkt.

    Tja und am nächsten Morgen haben wir dann natürlich ein „huge breakfast“ vor uns stehen - so wie es die Deutschen lieben.
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