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  • Day 43

    Hallo Malawi!

    October 24, 2018 in Malawi ⋅ ⛅ 27 °C

    Es ist soweit.
    Wir kommen das erste mal an unsere Grenzen und erleben sowas wie einen Kulturschock.

    Vielleicht liegt es daran, dass die Malawier ärmer als die Tansanier sind oder auch einfach nur daran, dass wir diesen Grenzübertritt mit einem fiesen Kater angehen.
    Es ist unfassbar, aber hier werden tatsächlich NOCH mehr Menschen in die Kleinbusse gestopft als in Tansania. Wir wollen von der tansanisch-malawischen Grenze über Nzuzu nach Nkhata Bay am Lake Malawi.

    Wir sitzen also mal wieder in einem dieser grellbunten Kleinbusse. Direkt neben uns (oder besser gesagt halb auf meinem Schoß) eine Mutti, die ihre zwei kreischenden Babys links und rechts angezapft hat. Einige der Mitfahrer schreien laut und schrill gegen die noch lautere und schrillere Musik an. Alle 100 Meter halten wir an, noch mehr Menschen mit Sack und Pack werden dazugequetscht. Der Fahrer kennt nur Vollgas und Vollbremsung. Weil es so eng ist, steigen Menschen mitsamt Reis- und Bohnensäcken durch die Fensterluken ein und aus. Bei jedem Stopp wieder das für uns schon gewohnte Shopping durchs Fenster, nur ist es hier irgendwie noch aufdringlicher und penetranter. Die Leute um und auf uns kaufen unter lautem Geschrei ein, futtern Eier (die Schalen landen irgendwo auf dem Nebenmann), mampfen fettige Fleischspieße und Pommes aus klebrigen Plastiktüten, schmatzen und reden mit vollem Mund (dabei fliegen Teile des Essens wieder raus) und zutzeln an Plastiksäckchen gefüllt mit Wasser oder giftig aussehenden Flüssigkeiten. Überall dreckige, fettig glänzende Finger. Die Kinder an Bord schreien, boxen mit den Füßen gegen mein Bein, ihre vollen Windeln werden auf dem Schoß gewechselt, es stinkt nach Kinderkacke, Eier, verbranntem Fleisch und altem Schweiß. Jeglicher Müll wird einfach direkt aus dem Fentser geworfen. Die Sitzbank ist so durchgesessen, dass ich eigentlich nur auf den Metallschienen sitze, die bei jedem der unzähligen Schlaglöcher auf meine Sitzbeinhöcker knallen. Aber immerhin habe ich eine Lehne. Felix sitzt die kompletten fünf Stunden ans Fenster gequetscht ohne sich anlehnen zu können. Die einzige Möglichkeit ist, sich an die Knie seines Hintermannes zu lehnen. So wie es sein Vordermann macht.

    Und dann ist da diese eine Frau.
    Die schreit in so einer grässlichen Tonlage, dass uns die Ohren davon wehtun. Felix’ Nerven sind kurz vor dem Zerreißen („Ich würde der am liebsten das Maul stopfen! Nachher sage ich ihr noch, dass sie die hässlichste Stimme hat und dass sie besser nie wieder reden soll!“).

    Bisher fanden wir diese Fahrten ja immer lustig und abenteuerlich.
    Dieses Mal halten wir es kaum aus und wir müssen uns Mühe geben, dies nicht allzu offensichtlich zu zeigen. Immerhin sind wir Gast in ihrem Land und immer auf der Suche nach „authentischen“ Erlebnissen.

    Ich schaue aus dem Fenster und sehe, wie auch schon in Tansania, am Straßenrand immer wieder Stände voller gebrauchter Kleider und Schuhe. Das Meiste davon kommt aus der Altkleidersammlung von den westlichen Ländern, nicht selten treffen wir deshalb auch auf Menschen mit „Deutsche Post“- oder „Junggesellenabschied von Max“-Tshirts sowie mit Trikots vom BVB, FC Bayern München und co.
    Diese Kleiderspenden sind Fluch und Segen zugleich. Einerseits geben sie ein paar Leuten Arbeit, die die Kleider sortieren und eben am Straßenrand weiterverkaufen. Andererseits kann sich dadurch auch keine eigene Textilindustrie in den Ländern hier entwickeln. Außerdem bereichern sich irgendwelche Zwischenhändler an „unseren“ gespendeten Klamotten. Denn diese verticken die Second Hand Ware dann an die einzelnen Verkäufer, welche Tag für Tag versuchen, mit den Altkleidern ihre Familie zu ernähren. Ein Second Hand BH wird beispielsweise für umgerechnet 4 Cent verhökert.

    Nach 5 Stunden Fahrt kommen wir im „Mayoka-Village“ in Nkhata Bay an. Wunderschön direkt am Lake Malawi gelegen, sind hier einige Stein- und Bambushüttchen in die Klippen gebaut. Das felsig-steile Gelände ist übersät mit meinen geliebten Frangipani-Bäumen und es wuselt vor grellbunten Salamandern.

    Wir werden von den vielen Mirarbeitern superherzlich begrüßt, fühlen uns direkt pudelwohl und schwuppdiwupp ist unser kleiner Kulturschock auch schon überwunden.

    Hallo Malawi!
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