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  • Day 121

    Mountain Zebra National Park

    January 10, 2019 in South Africa ⋅ 🌧 25 °C

    Krccchhhh ba bup ba bup bup bup bup kwaaaaaaaaaaa eeeeeeeuueeeeeeeuuuuue

    „Des“, unser Guide, hält die Antenne hoch in die Luft und dreht sie nach rechts und links, während der Empfänger rauschende und krächzende Geräusche von sich gibt. „Des“ schüttelt den Kopf und steigt wieder in den Jeep.

    Wir sind im Mountain Zebra Nationalpark und haben eine ganz bestimmte Mission: Wir wollen einen Geparden sehen. Außer uns sind noch zwei „Cheetah-Tracker“ aus Kapstadt dabei.
    Die vergangene Nacht haben wir auf dem Campingplatz des Nationalparks in unserem guten Billig-Zelt geschlafen. Naja. Geschlafen ist übertrieben.
    Auf der dünnen Yogamatte musste ich mich alle 10 Minuten drehen und wenden, weil Schulter, Hüfte und Arm abwechselnd (manchmal auch gleichzeitig) eingeschlafen sind. Mir wärs lieber gewesen, dass endlich mal der Kopf einschläft.
    Ich werde alt!
    In der Nacht hat es außerdem gehagelt, geregnet und es war so affenkalt, dass wir die Rettungsdecke des Erste-Hilfe-Sets aus dem Auto holen mussten, damit ich, trotz der Merinosocken von Mama, nicht in meinem Leinenschlafsack erfriere. Bevor wir uns jedoch getraut haben, das Zelt aufzumachen, mussten wir warten, bis dieses schwer atmende Tier (Felix’ fachmännischer Einschätzung nach ein Löwe), das scheinbar direkt neben uns saß, verschwand. Als ich dann in der knisternden, goldglänzenden (jaaaa, wie mussten es auch nochmal nachlesen: Gold außen, Silber innen für Wärmeschutz) Raschelfolie eingewrapped langsam aufgetaut bin, dachte ich daran, wie luxuriös doch unsere Campingzeit mit dem Jeep in Botswana war.

    Die schweren Augen und die schmerzenden Glieder werden uns nun aber langsam aber sicher wachgerüttelt. Im Safari-Jeep holpern wir auf Serpentinen durch eine wunderschöne Landschaft. Gestern noch am Meer, heute in der Halbwüste Karoo. Endlose Weite, verblichene Gräser, robuste Büsche, die typische Kap-Aloe, und mitten drin das majestätische Bankberg-Massiv. Die morgendliche sanfte und frische Luft des Fahrtwindes haucht mir die letzte Müdigkeit aus den Knochen.
    Ich spüre nur noch Vorfreude und Spannung. Werden wir heute wirklich das schnellste Landtier der Welt sehen?

    Krccchhhh ba bup ba bup bup bup bup kwaaaaaaaaaaa eeeeeeeuueeeeeeeuuuuue

    „Des“ ist wieder ausgestiegen und hält die Antenne in die Luft.
    Als das Rauschen plötzlich von einem kleinen, fast unhörbarem Biep unterbrochen wird, legt sich ein breites Grinsen auf „Des‘“ Gesicht. Er steigt ein, sagt nichts, aber alle wissen, was das bedeutet: „Des“ hat gerade eben ein Signal von einem Geparden in der Nähe empfangen. Von den acht Geparden hier im Park haben je ein Männchen und ein Weibchen einen Sender am Hals, der hauptsächlich Forschungszwecken dient. Als netter Nebeneffekt ermöglicht er Touristen wie uns, diesen wunderschönen Katzen in freier Wildbahn zu begegnen.

    Wir fahren immer weiter durch die Prärie, sehen neben Schakalen, Impalas, Springböcken, Löffelfüchsen, Oryx-, Elen- und Kuhantilopen, Kudus, Kaffernbüffel, Erdhörnchen, Sträußen, Sekretären auch die einst vom Aussterben bedrohten Kap-Bergzebras. Diese sind eines der seltensten Säugetiere der Welt und zu ihrem Schutz wurde 1937 der Nationalpark angelegt.
    „Des“ erzählt uns, dass sie sich von den anderen Zebras durch ihre kleine Statur, die rotbraune Nase und die Wamme (ein Hautlappen am Hals) unterscheiden. Außerdem zeigt er uns, dass die Bergzebras keine Streifen am Bauch, dafür an den kompletten Beinen hinunter haben. Genau anders herum wie bei den „üblichen“ Zebras.

    Am allermeisten begeistern mich jedoch die Weißschwanzgnus. Die sehen soooo lustig aus mit ihrem bulligen muskulösen Hals (der an eine Bulldogge erinnert), ihren massiven Hörnern und dem blonden Schweif, der unfassbar lustig wackelt wenn das Gnu sanft wie ein Schaukelpferd davongalloppiert.
    Sehr anmutig, fast Einhornmäßig.
    Zum Totlachen!

    Irgendwann steigt „Des“ dann wieder aus und streckt seine Antenne in die Luft.

    Krccchhhh ba bup ba bup bup bup bup kwaaaaaaaaaaa eeeeeeeuueeeeeeeuuuuue

    Und dieses Mal ganz deutlich:

    Biiiiep. Krchhhhhhhcchh. Biiiiiiep!

    „Des“ strahlt bis über beide Ohren, als er sich zu uns umdreht und stolz verkündet: „I found him! Get out of the car!“

    Wir steigen alle vier aus, und bevor wir in Reih und Glied losmarschieren, gibt „Des“, mittlerweile mit einem Gewehr behangen, uns noch ein paar Sicherheitsanweisungen.
    Falls wir einem anderen gefährlichen Tier wie einem Löwen begegnen, sollen wir einfach stehen bleiben und auf gar keinen Fall wegrennen. Damit machen wir uns direkt zu seiner Beute. Wir sollen in einer Reihe hinter ihm herlaufen und nicht zu laut auf dem Boden auftreten (was bei vertrockneten Gräsern ja bestens geht). „The cheetah is probably resting in the shade. Don’t be alarmed if he gets up as we get closer.”

    DON’T BE ALARMED.

    Mein Herz pumpt mir bis zum Hals. Eine Mischung aus Aufregung, Angst, Vorfreude, Dankbarkeit und warum-zur-Hölle-laufe-ich-eigentlich-zu-einem-lebendigen-Geparden-Zweifel.

    Wir gehen in einer Linie. Ein Schritt vor den anderen. Keiner spricht.

    Und wo kein normales Menschenauge etwas sehen würde, entdeckt der „Gepardenflüsterer Des“ in weiter Ferne unter einem Busch etwas goldgelb-schwarz Geflecktes liegen.

    Wir nähern uns langsam und stehen schließlich keine vier Meter entfernt vor diesem so perfekt gemusterten Jäger. In 2,3 Sekunden kann er von null auf hundert beschleunigen.

    Was man kaum glauben kann, wie er da so faul im Schatten pfläzt und in perfekter Katzenmanier seine überdimensional großen Pranken sauber leckt.
    Dass wir direkt neben ihm stehen, scheint ihn nicht zu stören. Er schaut so niedlich aus mit seinen kleinen wuscheligen Ohren und seinem weichen treudoofen Blick, dass ich versucht bin, ihn unterm Kinn zu kraulen.

    „Do you see the cheetah’s tear?” fragt „Des“ und zeigt auf die so typischen schwarzen Linien von den Augen bis zu den Mundwinkeln. Sieht aus wie gezeichnet. Ein Wunderwerk der Natur.

    Als ich einen Schritt weiter auf die Katze zu gehe, hebt sie den Kopf und schaut mich ganz direkt aus plötzlich sehr wachen Augen an und spitzt die Ohren. Da durchfährt mich eine kurze Panikwelle, in der mir mehr als bewusst wird, dass dies keine Schmusekatze ist, sondern ein knallhartes Raubtier.

    „Des“ meint, dass der Gepard an seine Stimme gewöhnt ist. Solange er also ruhig redet, wird der Gepard auch entspannt bleiben. Und solange wir den angebrachten Sicherheitsabstand respektieren und nicht in seine persönliche Distanzzone eindringen.
    „If you go closer, he will get up and start charging.“ Lächelnd fügt er hinzu: „But we better don’t try that!”

    Ein Gepard. Direkt vor uns.

    Es ist fesselnd.

    Wir bewundern das Tier noch ein letztes Mal, bevor wir zurück zum Jeep laufen. Alle mit einem hochzufriedenen Lächeln auf dem Gesicht.

    Danke liebes Leben für diese Begegnung der ganz besonderen Art.
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