• Im Garten Eden

    Jun 27–29 in Poland ⋅ 🌧 18 °C

    Nach einer ruhigen, erholsamen Nacht spazieren wir am Morgen des Freitag die kurze Strecke zum Kriegsdenkmal auf der Westerplatte. Schon von Weitem grüßt uns die hohe Betonsäule, ernst und unübersehbar. Davor, auf einer großen Rasenfläche, mahnen große Buchstaben: „Nigdy więcej wojny“ – „Nie wieder Krieg“. Ein frommer Wunsch, der leider oft wie beim Überfall auf die Ukraine weniger vom eigenen Willen als vom Verhalten der Nachbarn abhängt.

    Wir sind froh, Danzig auf unserer Reise nicht ausgelassen zu haben. Ursprünglich war angedacht gewesen, die Rückfahrt ohne einen Abstecher in die Stadt fortzusetzen. Doch nun blicken wir dankbar darauf zurück, einige Stunden in dieser historisch wie kulturell bedeutsamen Hansestadt verbracht zu haben. Wie bereits in Vilnius, Riga, Tallinn und anderen großen Städten auf unserer Route zeigt sich auch hier: Ein vertiefter Besuch, begleitet durch sachkundige Führungen, lohnt sich in jeder Hinsicht. So lassen sich die vielschichtigen Facetten von Geschichte, Architektur und Lebensart weit besser erfassen, als es ein flüchtiger Blick vermag.

    Beim Verlassen Danzigs wird spürbar, wie weitläufig die Stadt ist – restaurierte Altstadt, weitläufiges Hafengelände, Industrieviertel, große Wohnblocks. Auch der Verkehr rund um die Metropole ist fordernd. Zwar anders als in den Tagen zuvor, aber nicht weniger anstrengend. Viele fahren hier rasant, manche würden wir als regelrecht rücksichtslos beschreiben. Nur ein kurzer Abschnitt, der über eine Nebenstraße führt, bringt etwas Abwechslung – wenn auch keine angenehme. Fünf Kilometer lang holpert und rumpelt das Wohnmobil über eine Fahrbahn, die am ehesten mit großflächigen Rasengitterstein zu vergleichen ist. Ein "fahrtechnisches Vergnügen" besonderer Art – mit entsprechendem Lärm aus dem Fahrwerk und dem Aufbau.

    Diese Fahrt verlangt mir sowohl physisch, als auch psychisch einiges ab. Deshalb legen wir eine längere Mittagspause ein, bevor wir uns auf das letzte Stück bis zum Quartier machen. Nach einer Abzweigung von der Landstraße führt ein schmaler geschotterter Weg zu einem umfriedeten Grundstück mitten in den Äckern.

    Wir werden von einem deutsch-polnischen Ehepaar herzlich empfangen , das sich hier ein kleines Paradies geschaffen hat. Der Stellplatz liegt auf einer gepflegten Rasenfläche, von hohen Bäumen geschützt, durchsetzt mit Blumeninseln, Ziersträuchern und großen Findlingen. Wir dürfen das Fahrzeug frei platzieren – wo es uns gefällt.

    Es ist einer jener Orte, an denen man sich vom ersten Moment an sicher und willkommen fühlt. Wir beschließen, noch einen weiteren Tag zu bleiben – einfach um durchzuatmen, zur Ruhe zu kommen und Kraft für die weitere Reise zu schöpfen.

    Wir erwachen am Samstag mit frisch gestärkten Lebensgeistern. Nach dem Frühstück plauschen wir lange mit unseren Gastgebern. Wir erfahren, dass sie noch vor etwas mehr als vier Jahren in Arloff in der Eifel gelebt haben. Nachdem ihr Sohn nach Australien ausgewandert ist, sind sie hier in die Nähe des Heimatortes des Mannes gezogen. Hier haben sie das Anwesen in einem bedauernswürdigen Zustand von einem alten Polen gekauft und wieder aufgebaut.

    Wir verzichten heute auf das Mittagessen und legen früh eine Kaffeepause mit dem letzten Kuchen ein, den wir noch eingefroren aus Deutschland mitführen. Die Zeit bis dahin verbringen wir auf den Campingstühlen vor unserem Wohnmobil. Der Himmel ist recht dunstig, aber es reicht die Wärme der Sonne zu spüren. Juliane beschäftigt sich mit ihren Sprachstudien und ich lese das Buch "Deutschland in der Krise" vom ehemaligen obersten Katastrophenschützer Albrecht Brömme https://amzn.to/3GiM5Dt. Das Buch ist allgemeinverständlich und sehr interessant geschrieben. Ich kann die Lektüre jedem ans Herz legen.

    Am Nachmittag bringt uns unsere Gastgeberin ein Schälchen mit Sauerkirchen und ein Glas selbstgemachte Konfitüre. Die Zeit hier hat unsere Lebensgeister gestärkt und wir freuen uns auf die Weiterfahrt.
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