2025 Sommerreise Baltikum

May - June 2025
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An open-ended adventure by WilhelmBN & Juliane Read more
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Camper, Camping, City trip, Couple, Nature, Sightseeing, Vacation
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  • Farewell Saarema

    Yesterday in Estonia ⋅ 🌬 18 °C

    Heute Morgen weckt uns die Sonne. Wie mit einem Schalter umgelegt, hat das Wetter von Herbst auf Sommer umgeschaltet. Die Temperatur hat sich fast verdoppelt, die Luft ist warm und klar – ein Tag wie aus dem Bilderbuch. Umso schwerer fällt uns der Abschied von Saaremaa. Wir könnten noch bleiben – aber wir wissen auch: Wir wollen nicht ewig verweilen.

    Nach dem Frühstück nehme ich Kontakt zur FIAT-Werkstatt in Tallinn auf. Unsere Motorkontrollleuchte leuchtet immer noch unbeirrt – seit Tagen. Doch in Tallinn scheint man keine Zeit für uns zu haben. Oder keine Lust. Das Gespräch hinterlässt ein eigenartiges Gefühl – abweisend, kurz angebunden, fast so, als wären wir mit unserem Problem nicht willkommen.

    Also bleibt nur die Werkstatt in Pärnu, bei der wir schon einmal waren. Glücklicherweise meldet man sich dort zeitnah zurück – wir bekommen einen Termin für den kommenden Dienstag. Ein kleiner Lichtblick.

    Der Wermutstropfen: Wir müssen wieder ein Stück zurückfahren. Also machen wir uns auf den Weg. Von Saaremaa geht es Richtung Fähre nach Virtsu. Unterwegs tanken wir noch günstig – und dann beginnt die Suche nach einem geeigneten Stellplatz für die kommenden Tage. Die Reisekasse soll geschont werden, also fahren wir einige mehr oder weniger einsame Plätze mit Blick aufs Meer ab.

    Nach einem kurzen fahrtechnischen Abenteuer in einem abgelegenen Waldstück – der Weg war... sagen wir mal: „naturnah“ – finden wir schließlich ein ruhiges Quartier. Abgeschieden, mit weitem Blick, umgeben von nichts als Wind, Wellen und Vogelstimmen. Hier wollen wir zwei Nächte bleiben.

    Pannen gehören zum Reisen wie Schlaglöcher zu Nebenstraßen – unangenehm, aber nicht ungewöhnlich. Und wie so oft entscheidet nicht das Problem selbst, sondern unser Umgang damit über die Stimmung an Bord. Das Reisen folgt selten einem Plan. Es lebt vom Umweg, von der Improvisation – und manchmal sogar von der Zwangspause. Pärnu erwartet uns also erneut.
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  • Kaali Meteorkrater

    June 12 in Estonia ⋅ ☁️ 14 °C

    Der Regen lässt heute nach, wird aber durch heftigen Wind mit stürmischen Böen ersetzt. Es ist ein unruhiger Tag – einer, an dem man nicht aus dem Fahrzeug aussteigen möchte. Wir haben inzwischen einen guten Überblick über die Insel gewonnen und richten unseren Kurs wieder gen Festland. Doch bevor wir Saaremaa verlassen, möchten wir noch ein letztes Highlight ansteuern: den Meteorkrater von Kaali.

    Am späten Vormittag verlassen wir den Campingplatz und machen uns auf den Weg zum Hauptkrater. Mit über 100 Metern Durchmesser und mehr als 20 Metern Tiefe ist er ein imposantes Relikt aus ferner Vorzeit. Vor rund 5000 Jahren schlug hier ein Meteorit von gewaltiger Masse ein – und hinterließ eine der wenigen Einschlagstellen Europas, die noch sichtbar sind. Ein Ort, der uns mit der Urgewalt des Kosmos konfrontiert. Und doch: Wer Spektakel erwartet, wird enttäuscht. Der Krater liegt still da, von Bäumen gesäumt, beinahe unscheinbar. Aber vielleicht ist es gerade diese Stille, die seine Geschichte umso eindrucksvoller wirken lässt.

    Wir wollen noch eine letzte Nacht auf der Insel verbringen – ein würdiger Abschied muss sein. So suchen wir uns einen Übernachtungsplatz, einsam gelegen, zwischen küstennahen Feuchtwiesen. Am Horizont schimmert das Meer, und auf den sattgrünen Wiesen in der Nähe weiden einige Pferde. Es ist ruhig, nur der Wind rauscht in den Gräsern – und für einen Moment scheint es, als würde die Insel selbst uns Lebewohl sagen.
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  • Sörve Leuchtturm

    June 11 in Estonia ⋅ 🌧 12 °C

    Unser Leuchtturmbesteigungsprojekt fällt heute buchstäblich ins Wasser. Immer wieder öffnet der Himmel seine Schleusen, und durch die regengeschwängerte Luft ist die Sicht ohnehin miserabel. Unter diesen Umständen macht es wenig Sinn, sich die 280 Stufen hinauf auf 52 Meter Höhe hinaufzuquälen – die Aussicht wäre kaum der Mühe wert.

    Stattdessen nutzen wir eine kurze Regenpause, um zumindest ein Stück des Weges bis zur äußersten Spitze der Landzunge zu spazieren. Der Leuchtturm zeigt sich kooperativ – ein kurzer Fototermin muss sein – und wir kehren rechtzeitig vor dem nächsten Schauer ans Fahrzeug zurück.

    Da keine entscheidende Wetterbesserung in Sicht ist, beschließen wir weiterzufahren. Also geht es erst einmal zurück – rund 40 Kilometer bis zum Beginn der Landzunge. Von dort aus setzen wir unsere Fahrt fort zu einem nahegelegenen Campingplatz.

    Leider ist unsere Mobilität aus einem ganz profanen Grund eingeschränkt: Die Toilettenkassette ist voll. Und da hilft keine Romantik – sie muss dringend entleert werden. Eine weitere Nacht ohne Entsorgung wäre unvernünftig, so charmant das kostenfreie Stehen auch sein mag.

    Am Nachmittag lässt der Regen schließlich nach, und wir unternehmen einen kurzen Spaziergang zum Meer. Nach einem feuchten Tag zwischen Wasser von oben und Wasser von unten tut die frische Luft gut – ein stiller Moment, in dem die Insel wieder aufatmet. Nach einer langen heissen Dusche läuten wir den Abend ein.
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  • Kuressare

    June 10 in Estonia ⋅ ☁️ 15 °C

    Nach einer regenreichen Nacht begrüßt uns heute freundlicherweise die Sonne – fast so, als wolle sie sich für den gestrigen Dauerregen entschuldigen. Da das Museum erst um zehn Uhr öffnet, lassen wir es morgens ruhig angehen und gönnen uns ein ausgedehntes Frühstück. Auf dem Weg zum Eingang fällt uns auf, wie frisch die Luft geworden ist. Die Sonne hat sich inzwischen wieder hinter dichte, graue Wolken zurückgezogen. Es ist das perfekte Wetter für einen „Übergangsmantel“ – meine Güte, wie lange habe ich dieses altmodische, aber charmante Wort nicht mehr gehört.

    Das Freilichtmuseum erstreckt sich über ein weitläufiges Gelände mit etwa 200 Metern Durchmesser. Mehrere bäuerliche Gebäude aus vergangenen Zeiten stehen hier, wie zufällig verstreut – und doch ist alles sorgfältig arrangiert. Beim Betreten der Häuser öffnet sich ein Fenster in eine andere Zeit. Man erfährt, wie einfach, zweckmäßig – und ja, oft auch erstaunlich gemütlich – das Leben der Landbevölkerung zu Beginn des 20. Jahrhunderts war. Aber im Winter? Da möchte man hier wirklich nicht wohnen müssen. Für die kalte Jahreszeit gab es spezielle Wohnräume nahe bei den Stallungen – die Körperwärme der Tiere als natürliche Heizung.

    Beim Rundgang begegnen wir zwei Jungen, vielleicht vierzehn Jahre alt, die mit der Reinigung des Museums beschäftigt sind. Ganz ohne Aufforderung schalten sie ihren Staubsauger ab, als wir den Raum betreten – höflich, rücksichtsvoll und mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht. Es wirkt, als hätten sie tatsächlich Freude an ihrer Aufgabe. Eine kleine, stille Szene, die lange in Erinnerung bleibt.

    In einem der Häuser stoßen wir auf eine Ausstellung traditioneller Trachten. Welch ein Anblick muss es einst gewesen sein, wenn sich die Menschen in bunten Gewändern zu Festtagen versammelten! In unserer heutigen, multikulturellen Gesellschaft wäre es manchmal schön, wenn Kleidung wieder etwas mehr über Herkunft und Identität verraten würde. Obwohl – zugegeben – ich meine Rückschlüsse meist anhand der Größe des BMW ziehe.

    Der Tag ist noch jung, als wir das Museum verlassen und weiterfahren. Unser Ziel ist Kuressaare, rund 60 Kilometer entfernt. Der Weg führt durch weite Mischwälder, in denen sich viele Birken zwischen Kiefern und Eichen drängen. Saftige Wiesen und Weiden säumen die Straße – wäre ich ein Wiederkäuer, das hier wäre mein Paradies.

    Ohne auch nur eine Ortschaft zu durchqueren, erreichen wir schließlich Kuressaare. Zunächst spazieren wir um die imposante Bischofsburg Arensburg https://de.wikipedia.org/wiki/Kuressaare , deren Mauern fest und ehrwürdig in den Himmel ragen. Wir verzichten auf eine Innenbesichtigung, nehmen uns aber Zeit, die gepflegte Anlage und das eindrucksvolle Bauwerk von außen zu genießen.

    Dann fahren wir ein Stück weiter in die Innenstadt und finden einen Parkplatz direkt neben der historischen Mühle im Stadtzentrum. Eigentlich wollen wir im Mühlenrestaurant Veski Trahter zu Abend essen. Doch bei einem gemütlichen Bummel durch die kleine Altstadt bleiben wir im Bistro Pritsumaja Grill hängen – einem stimmungsvollen Lokal in einem Gebäude, das einst als Feuerwache diente.

    Neben den leckeren Speisen bestellen wir eine hausgemachte Beerenlimonade – fruchtig, leicht herb und überraschend erfrischend. Ein ganz neues Geschmackserlebnis, das wunderbar in diese Jahreszeit passt.

    Der Abend ist noch jung, also brechen wir auf zur Südspitze von Saaremaa. Dort, auf der Halbinsel Sõrve, steht der berühmte Leuchtturm von Sõrve – sein erster Vorgänger wurde bereits im 17. Jahrhundert errichtet. Ein würdiger Abschluss für diesen Tag: Geschichte, Natur und der weite Blick aufs Meer.
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  • Werkstattbesuch

    June 9 in Estonia ⋅ 🌧 14 °C

    Unser Wecker hat den Wettlauf mit der Zeit gegen den Regen verloren. Schon lange bevor wir unser kuscheliges Lager im Alkoven verlassen wollen, trommeln dicke Regentropfen aufs Dach des Wohnmobils. Nach einem kurzen Frühstück machen wir uns mit gemischten Gefühlen auf den Weg zur Werkstatt.

    Der Betrieb ist gut organisiert, und schon nach kurzer Wartezeit – und einigen Euro weniger in der Reisekasse – steht das Diagnoseergebnis fest. Ich lag mit meiner Vermutung eines defekten Dieselpartikelfilters nicht ganz daneben: Es sind wohl ein oder zwei Sensoren in diesem Bereich, die Probleme machen. Da kein akuter Handlungsbedarf besteht und der nächste Werkstatttermin ohnehin erst gegen Ende der Woche möglich wäre, entscheiden wir uns, die Reise fortzusetzen.

    Der kräftige Regen begleitet uns weiterhin auf unserem Weg nach Norden und wird auch in der kommenden Nacht nicht nachlassen. Über gut ausgebaute Straßen geht es Richtung Virtsu – es sind nur rund achtzig Kilometer bis zum Fähranleger zur Insel Muhu.

    Kurz nach unserer Ankunft fahren wir bereits auf die Fähre und setzen in wenigen Minuten über. Der Weg zum Freilichtmuseum in Koguva ist schnell gefunden. Auf dem Besucherparkplatz finden wir einen ruhigen, kostenlosen Platz für die Nacht. Der Regen prasselt noch immer unermüdlich auf das Wohnmobildach.
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  • Pärnu

    June 8 in Estonia ⋅ ⛅ 17 °C

    Der Abschied von unserem Übernachtungsplatz fällt leicht. Zwar war die Nacht angenehm ruhig – kein Lärm, keine Störung – doch die Umgebung hatte den Charme eines verlassenen Gewerbegebiets. Kein Ort, an dem man verweilen möchte. Also rollen wir zeitig vom Hof, Riga hinter uns lassend, und folgen der gut ausgebauten Landstraße Richtung Norden – unser Ziel: Virtsu, der Fährhafen zur Insel Saaremaa, die wir als nächstes erkunden wollen.

    Doch kaum ist der Zündschlüssel gedreht, begrüßt uns erneut die gelbe Motorkontrollleuchte – wie ein alter Bekannter, den man lieber nicht wiedersieht. Wir lassen uns nicht beirren. Die Maschine läuft rund, der Wagen zieht sauber – also halten wir Kurs.

    Eine schnelle Internetrecherche zeigt: In Pärnu, das ohnehin auf unserem Weg liegt, gibt es eine Fiat-Werkstatt. Allerdings ist heute Pfingstsonntag – und die Chancen, jemanden spontan hinter dem Werkstatttor anzutreffen, tendieren gegen Null. Also ändern wir den Plan: Statt gleich weiter zur Fähre zu fahren, beschließen wir, eine Zwischenübernachtung in Pärnu einzulegen.

    Fündig werden wir im örtlichen Yachtclub, wo sich ein Stellplatz befindet – direkt am Wasser gelegen, mit Blick auf die Masten der Boote, die sich leise im Wind wiegen. Eine fast maritime Stimmung kommt auf.

    Das angeschlossene Restaurant wirkt auf den ersten Blick gehoben – weiße Tischdecken, glänzende Gläser, und Preise, die unseren Appetit ein wenig dämpfen. Doch wir wären nicht wir, hätten wir nicht einen Plan B im Kühlschrank. So zaubern wir uns im Wohnmobil eine herrlich knusprige Pizza, die nicht nur den Geldbeutel schont, sondern auch geschmacklich überzeugt. Wer braucht schon Haute Cuisine, wenn er einen Herd und italienische Grundzutaten an Bord hat?

    So klingt der Tag gemütlich aus – das Klirren der Fallen an den Masten und das beruhigende Gefühl, trotz leuchtender Warnzeichen auf dem richtigen Weg zu sein.
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  • Kaunas

    June 5 in Lithuania ⋅ 🌧 19 °C

    Das angekündigte Unwetter bleibt zwar aus, doch in der Nacht prasselt immer wieder starker Regen aufs Dach – die Stille des Waldes weicht dem Takt der Tropfen. Am Morgen gibt sich die "Standortkommandantur" unseres Stellplatzes wenig flexibel: Wer nach acht Uhr noch dort steht, muss nachbuchen. Und das wollen wir nicht. Also verlassen wir pünktlich die historische Stätte der Wolfsschanze.

    Ein paar Kilometer weiter finden wir einen Parkplatz bei einem kleinen Freilichtmuseum, das Kriegsgerät ausstellt. Dort frühstücken wir in aller Ruhe, begleitet vom Regen. Der Tag beginnt grau und feucht – und wird es auch bleiben.

    Unser Weg führt Richtung Kaunas. Dabei bewegen wir uns in respektvollem Abstand zur Grenze der russischen Exklave Kaliningrad – dem früheren Ostpreußen. Je weiter wir fahren, desto holpriger wird die Straße. Der Regen, die tiefhängenden Wolken, das matte Licht – alles zusammen legt einen melancholischen Schleier über die Landschaft. Und während die Reifen über das nasse Pflaster rumpeln, kommen mir Gedanken, die sich nicht so leicht abschütteln lassen.

    Was wäre, wenn Geschichte anders verlaufen wäre? Wenn das Regime, das wir gestern quasi „post mortem“ besucht haben, nicht mit solcher Rücksichtslosigkeit, Brutalität und Größenwahn gehandelt hätte? Dann wären vielleicht diese Wälder, diese weiten Wiesen, Äcker und Seen heute noch Teil Deutschlands. Es wären keine Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben worden, keine Toten auf der Flucht zu beklagen. Und auch die Polen, die durch Stalins Hand aus Ostpolen hierher umgesiedelt wurden, hätten ihre angestammte Heimat nicht verlassen müssen – selbst wenn sie hier teils auf bessere Infrastruktur trafen. Doch Geschichte ist nicht umkehrbar, und die Wunden, die sie schlug, sind tief. Man kann sie nur betrachten – und versuchen zu verstehen.

    Ein tiefes Schlagloch reißt mich zurück ins Hier und Jetzt. Wir durchqueren ein riesiges Waldgebiet, durchbrochen von kleinen Lichtungen. Immer wieder glitzern zwischen den Bäumen kleinere und größere Wasserflächen – stille Zeugen einer uralten, beinahe unberührten Landschaft. Die Dörfer sind spärlich gesät, fast scheint es, als wolle die Welt hier innehalten.

    Nach gut zwei Stunden erreichen wir einen kleinen Grenzübergang. Kein Schlagbaum, kein Häuschen – nur ein schlichtes Schild verrät, dass wir jetzt in Litauen sind. Ein stiller Moment europäischer Freiheit – und ein bemerkenswerter Kontrast zur jüngeren Vergangenheit.

    Kaum auf litauischem Boden, bessert sich der Straßenzustand spürbar. Links blüht der Raps in sattem Gelb, rechts wiegt sich der Roggen im Wind – ein Bild fast wie aus einem alten Heimatfilm. So fahren wir weiter, Kilometer um Kilometer, bis wir schließlich Kaunas erreichen.

    Unser heutiger Campingplatz ist – man muss es sagen – sündhaft teuer. Doch es gibt keine Alternative, wenn man stadtnah übernachten möchte. Von hier aus wollen wir morgen Kaunas erkunden. Trotz der grauen Wolken und der geschichtsschweren Gedanken freuen wir uns auf die Stadt – und auf einen neuen Tag im Baltikum.

    Unser Campingplatz: https://park4night.com/de/place/84287
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  • Zu Gast beim "Führer"

    June 4 in Poland ⋅ ☀️ 24 °C

    Aus einer Laune heraus tippe ich unser heutiges Ziel in Google Maps ein – und kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Der Suchbegriff „Führerhauptquartier“ wird prompt erkannt, die Route zuverlässig berechnet. Rund 250 Kilometer liegen vor uns – ein seltsames Gefühl, wenn man bedenkt, was für ein geschichtsträchtiger Ort da auf uns wartet.

    In Elbing machen wir einen kurzen Halt bei Lidl. Der Wasservorrat muss aufgestockt werden. Kaum im Markt, spricht uns eine freundliche Kundin auf Deutsch an. Ob sie helfen könne? Wir bedanken uns höflich, kommen dennoch ins Gespräch – zehn Jahre hat sie in Essen gelebt. Eine dieser kleinen Begegnungen unterwegs, die einfach gut tun. Die polnischen Kartoffeln im Einkaufskorb sehen übrigens aus wie ihre deutschen Verwandten – manche Dinge sind eben überall gleich.

    Unser Weg führt uns zunächst über eine autobahnähnliche Schnellstraße. Kurz kommt der Gedanke auf, ob wir vielleicht versehentlich eine Mautstrecke nutzen. Doch keine Sorge – alles im grünen Bereich. Wenig später biegen wir auf eine Landstraße ab, die uns durch eine sanfte, gepflegte Landschaft trägt. Junge Ahornbäume säumen den Straßenrand, als hätten sie eine Parade zu Ehren unserer Ankunft aufgestellt. Ein Hinweisschild bestätigt meine Ahnung: Der Ausbau wurde von der EU finanziert – ein stiller Gruß aus Brüssel.

    Nach der Durchfahrt durch Rastenberg erreichen wir am frühen Nachmittag die Wolfsschanze. Wir stellen unser Wohnmobil auf dem angrenzenden Stellplatz ab, der sogar einen Stromanschluss bietet – sehr praktisch für eine volle Batterie am nächsten Morgen. Nach einem kleinen Imbiss holen wir uns Audioguides und machen uns auf Erkundungstour.

    Etwa zwei Stunden wandern wir durch das weitläufige Gelände, vorbei an den Überresten gigantischer Bunker. Die Bauweise beeindruckt – massiv, durchdacht, geradezu überdimensioniert. Manche Bunker ähneln russischen Matroschkas: mehrere Schichten Beton, dazwischen mit Split gefüllte Zwischenräume – Schutz vor Bombenangriffen.

    Bomben konnten ihnen offenbar nichts anhaben. Die Zerstörung übernahmen schließlich die eigenen Leute: Als 1944 die Front näher rückte und das Hauptquartier nach Berlin verlegt wurde, erhielten die Pioniere der Wehrmacht den Befehl zur Sprengung. Infrastruktur, die dem Feind nützen konnte, sollte vernichtet, kompromittierendes Material unbrauchbar gemacht werden. Doch selbst schwerste Sprengladungen konnten nicht alles zum Einsturz bringen – deutsche Ingenieurskunst hat überdauert, was nicht überdauern sollte.

    Besonders eindrücklich ist die Ruine jenes Gebäudes, in dem am 20. Juli 1944 das Attentat auf Hitler durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg verübt wurde. In einer angrenzenden Garage ist das Geschehen rekonstruiert – anschaulich und mit den nötigen Erklärungen versehen.

    Fazit: Wer ohnehin in der Region unterwegs ist, sollte sich diesen Ort anschauen. Die Wolfsschanze ist keine klassische Touristenattraktion, aber ein eindrucksvolles Relikt deutscher Geschichte. Wer sich für Militärbauwerke interessiert, kommt hier auf seine Kosten. Für politisch oder historisch Interessierte bietet der Ort solide Informationen – wenn auch wenig Neues. Und doch: Es ist etwas anderes, an den Stätten zu stehen, von denen man sonst nur liest. Geschichte zum Anfassen – und zum Nachdenken.
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  • Marienburg

    June 1 in Poland ⋅ 🌙 11 °C

    Nach dem Frühstück finde ich endlich die Gelegenheit, in das Buch einzutauchen, das ich eigens für diese Reise mitgenommen habe. Unter dem Titel „Wenn Russland gewinnt“* entwirft der Politikwissenschaftler Prof. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr ein beunruhigendes Szenario: eine begrenzte militärische Aggression Russlands auf NATO-Gebiet – konkret in Narva, an der nordöstlichen Grenze Estlands. Der Stil ist fesselnd, der Inhalt hochaktuell. Bis wir das Wohnmobil am späten Vormittag verlassen, habe ich bereits die Hälfte gelesen.

    Heute steht die Besichtigung der Marienburg – oder Malbork, wie sie heute heißt – auf dem Programm. Unser Stellplatz liegt nur wenige Gehminuten entfernt, und so erreichen wir das Kassenhäuschen in weniger als einer Viertelstunde. Nach dem Kauf der Eintrittskarten erhalten wir einen Audioguide, der uns durch die Anlage führen soll. Zu unserer Überraschung entpuppt sich dieses Gerät als sehr hilfreich: An den richtigen Stellen liefert es informative und gut aufbereitete Erklärungen zu Bauwerk, Geschichte und Exponaten.

    Wir verbringen etwa zweieinhalb Stunden in der beeindruckenden Burganlage. Im Gegensatz zu den geführten Gruppen, die sich teilweise zügig durch die Räume bewegen, genießen wir das selbstständige Erkunden. So bleibt uns genug Zeit, die Details auf uns wirken zu lassen. Die Fülle an Informationen zu Architektur, mittelalterlichem Leben, Bewaffnung und Handwerk ist kaum im Ganzen zu erfassen – aber durchweg spannend und anschaulich präsentiert.

    Am frühen Nachmittag – mittlerweile hat der Besucherandrang spürbar zugenommen – beenden wir unsere Runde und sind froh, dem Trubel entkommen zu können. Zurück am Wohnmobil genießen wir das schöne Wetter, legen eine entspannte Pause ein – und ich nutze die Muße, um meine Lektüre zu Ende zu bringen.

    "Wenn Russland gewinnt" von Carlo Masala => https://amzn.to/45DDC83

    Unser Stellplatz https://park4night.com/de/place/551389
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  • Auf den Spuren des Deutschordens

    May 31 in Poland ⋅ ☀️ 21 °C

    Ein kurzer Nachtrag zum gestrigen Tag: Aus bislang ungeklärtem Grund ist mein Brillengestell gebrochen. Vermutlich handelt es sich um einen Materialfehler – einen Sturz oder eine Belastung kann ich nicht erinnern. Glücklicherweise habe ich eine Ersatzbrille dabei. Zwar entspricht sie nicht meiner aktuellen Sehstärke, doch ich kann sowohl in der Nähe als auch in der Ferne ausreichend gut sehen – also kein Grund zur Sorge.

    Am Frühstückstisch besprechen wir unsere weitere Route. Wir entscheiden uns, Danzig auszulassen. Die Stadt ist groß und sehenswert, doch wir stehen vor der Wahl: Entweder nehmen wir uns zwei volle Tage Zeit, um ihr gerecht zu werden, oder wir lassen es bleiben. Angesichts der noch vor uns liegenden Strecke wählen wir die zweite Variante und nehmen stattdessen Marienburg (Malbork) ins Visier.

    Die heutige Fahrt führt größtenteils durch weitläufige Waldgebiete. Überraschenderweise sind viele Abschnitte der Landstraße gut ausgebaut – oft sogar mit einem separat geführten Radweg in einigem Abstand zur Fahrbahn. Ein einsames Schild gibt Aufschluss: Diese Strecke wurde mit Fördermitteln der Europäischen Union realisiert. Auf den weniger ausgebauten Abschnitten fahren wir über sogenannte Panzerstraßen – mit Betonplatten belegte aber asphaltierte Wege, deren regelmäßige Fugen wir sowohl hören als auch spüren können.

    Die Architektur in den Dörfern und Kleinstädten lässt sich inzwischen recht gut einordnen. Häuser aus der Zeit vor der polnischen Landnahme befinden sich häufig in einem verfallenen, meist nicht restaurierten Zustand – ihre einstige Schönheit ist oft nur noch zu erahnen. Die Bauten aus der sozialistischen Ära wirken funktional, schmucklos und wenig einladend. Sie wurden meist auf ehemaligen Trümmergrundstücken errichtet und fügen sich kaum in den älteren Bestand ein. Dazwischen entdecken wir zunehmend Neubauten, die sich am westlichen Stil orientieren – modern, gepflegt und deutlich harmonischer im Gesamtbild.

    Kurz vor unserer Ankunft in Marienburg halten wir noch an einem Supermarkt, der zu einer polnischen Kette gehört. Das Einkaufserlebnis ist eine kleine Zeitreise: Die Waren stehen überwiegend in Kartons direkt auf dem Boden, die Anordnung wirkt chaotisch. Ich fühle mich zurückversetzt in meine Kindheit, als ich mit meiner Mutter in den ersten Discountladen unseres Viertels ging. Dennoch finden wir alles Nötige und setzen die Fahrt fort.

    Am frühen Nachmittag erreichen wir Marienburg, heute Malbork genannt. Unser Übernachtungsplatz liegt ruhig auf einer kleinen Wiese im Hinterhof eines privaten Hauses, unweit der berühmten Burg. Nach einer kurzen Kaffeepause machen wir einen ersten Spaziergang durch die Umgebung. Die Marienburg werden wir uns morgen in Ruhe von innen anschauen.

    Unser Stellplatz https://park4night.com/de/place/551389
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