• Dramatische Stunden

    August 25 in Germany ⋅ 🌬 20 °C

    Als wir am Morgen den Stellplatz verlassen, ahnen wir nicht, was uns in den kommenden Stunden erwartet. Die gelbe Motorkontrollleuchte brennt immer noch. Während gestern keine weiteren Auswirkungen zu spüren waren, schaltet das Fahrzeug nun in den Notlauf – mehr als siebzig Kilometer pro Stunde sind nicht möglich.

    Schnell verwerfen wir den Gedanken, zur heimischen Werkstatt zurückzufahren. Mit dieser Geschwindigkeit wären wir tagelang unterwegs. Also suchen wir, wie schon in Estland, nach einer Fiat-Professional-Vertretung – dank Google Maps kein Problem. Beim Autohaus Hoppenhoeft in Ganzlin bei Meyenburg werden wir fündig. Zu unserer Überraschung nimmt sich der Werkstattleiter sofort unseres Falls an. Wie erwartet liegt ein Steuerungs- oder Elektronikproblem vor. Nach einem Reset reagiert das Fahrzeug wieder normal. Doch dann folgt der heftigste Teil unseres Werkstattbesuchs: die Probefahrt auf der nahen Gemeindestraße.

    Der Meister scheint in seinem früheren Leben Rallyefahrer gewesen zu sein. Er treibt das Wohnmobil auf der schmalen Straße bis zur Höchstgeschwindigkeit – einmal bis zum nächsten Ort und wieder zurück. Uns wird angst und bange. Wohlbehalten zurück am Autohaus staune ich nicht schlecht: Für die Mühe möchte man lediglich zwanzig Euro für die Kaffeekasse. Ein Serviceerlebnis, das ich seit Jahrzehnten nicht mehr hatte. In Estland hat uns Vergleichbares immerhin achtzig Euro gekostet. Mit einem vorerst funktionstüchtigen Fahrzeug setzen wir die Fahrt zur Insel Poel fort – die Ungewissheit über einen möglichen Totalausfall bleibt jedoch.

    Anderthalb Stunden später erreichen wir Kirchdorf auf der Insel Poel. Unser Quartier für die kommenden Tage kennen wir bereits von früheren Aufenthalten. Auf dem Gelände der Fischräucherei finden wir einen freien Platz. Die Anmeldung verbinden wir auf geschickte Weise gleich mit einem kleinen Genuss: zwei Brötchen mit frisch geräucherter Makrele wandern in unsere Tasche. Damit ist das Mittagessen gesichert. Nachdem wir uns eingerichtet haben, schmeckt es bei einer Tasse Kaffee ganz besonders – ein kulinarischer Willkommensgruß der Insel.

    Die düstere Wolkendecke, die uns am Morgen noch passend zur angespannten Situation begleitete, reißt bei unserer Ankunft auf. Wir nutzen den sonnigen Nachmittag für einige Reinigungsarbeiten im Wohnmobil. Die Betten werden draußen gelüftet, und die intensive Strahlung der Sonne übernimmt die Desinfektion. Das Herumkriechen im Fahrzeug strengt uns an, sodass wir den Tag schließlich entspannt vor dem Wohnmobil ausklingen lassen – im warmen Licht der letzten Sonnenstrahlen.
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