Vietnam
Y Sơn

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Travelers at this place
    • Day 333

      Befehl von Oben: Nächtliche Ruhestörung

      September 7, 2023 in Vietnam ⋅ 🌩️ 27 °C

      Wir verabschieden uns langsam von Hanoi und verbringen die letzten Tage bereits am Stadtrand bei Terry und Anna. Die beiden Koreaner:innen waren selbst lange mit ihren Rädern unterwegs und haben sich nun im 29. Stock eines Hochauses einer mächtigen Vorstadtsiedlung niedergelassen. Sie geben uns noch wertvolle Tipps für unsere Tour durch Vietnam und China, bevor wir am nächsten Morgen wieder auf dem Sattel sitzen.

      Wie schon so oft auf dieser Reise suchen wir gegen Abend nach einem Schlafplatz. Offizielle Campingplätze und buddhistische Klöster gibt es hier kaum und wir haben schon gute Erfahrungen damit gemacht, einfach Passanten in einem Ort zu fragen.

      In einer ruhigen Sackgasse am Roten Fluss werden wir fündig: Ein älteres Ehepaar lässt uns nach einem kurzen Gespräch bei sich auf der Terrasse zelten. Die Kommunikation ist nicht ganz einfach, gelingt dann aber mittels telefonischer Übersetzungshilfe des aus Hanoi zugeschalteten Enkels und Google Translate so gut, dass wir noch zusammen Fußball schauen und Pläne für das Frühstück am nächsten Morgen machen.

      Wir sind ziemlich erschöpft und liegen um 21 Uhr im Zelt. 10 Minuten später ist am Tor der Schein von Taschenlampen zu sehen. Im schwachen Licht reflektieren Abzeichen - die Polizei ist zu Besuch. Der diensthabende Kommissar, ein akkurat uniformierter und gut frisierter Mittvierziger mit zwei Sternen am Revers, überprüft erst einmal aufwendig unsere Pässe und lässt uns einen Tee servieren. Dann empfiehlt er uns, lieber in einem Hotel zu schlafen, denn hier sei es nicht sicher. Wir lehnen dankend ab, Sicherheitsprobleme hatten wir noch nie und hier zelten wir immerhin hinter einem verschlossenen Gartentor - noch dazu gibt es einen Wachhund, der uns zur Begrüßung schon erschrocken angebellt hat.

      Wir erfahren, dass Ausländer Übernachtungen, auch in Privathaushalten, in Vietnam eigentlich registrieren müssen - was aber eigentlich fix gemacht ist und sicher auch nachgeholt werden könnte. In Indonesien reichte bei einem ähnlichen Gesetz ein kurzes Gespräch mit dem Dorfvorsteher. Hier ist es nicht ganz so einfach.

      Ein zweiter, jüngerer Polizist, kommt hinzu. Er blättert wiederum interessiert durch unsere Pässe und fotografiert fleißig alle Seiten ab. Leider hat der erste Polizist schon mit seinem Vorgesetzten telefoniert und die Ansage bekommen, dass Ausländer hier nicht einfach so übernachten können. Jetzt kann er sich vor seinen Untergebenen keine Blöße mehr geben und muss es durchziehen: Eine halbe Stunde versucht er uns zu überreden, ins nächste Hotel zu fahren, ohne dabei schlüssig darzulegen, weshalb das besser für uns wäre, als einfach hier im schon aufgebauten Zelt zu schlafen. Wir versuchen unterdessen, ihn davon zu überzeugen, dass es für alle die beste und einfachste Lösung wäre, wenn wir hier einfach in Ruhe schlafen und mit Sonnenaufgang weiterfahren - doch wir haben keine Chance.

      Stetig entschuldigt er sich für die Anweisung "von oben". Schließlich schlägt er uns vor, uns in den nächsten Distrikt zu fahren - dann ist er nicht mehr für uns zuständig und wir haben ein paar Kilometer auf dem Weg zur chinesischen Grenze gespart. Resigniert geben wir nach, packen gegen halb 11 unser Zelt ein und die Fahrräder in den Pickup. Wir erklären, dass wir ab der Distriktgrenze mit dem Fahrrad weiterfahren wollen. Da das ohnehin vorgeschobene Sicherheitsargument so noch absurder ist, bringen sie uns direkt zu einem Hotel und sind beruhigt, dass wir doch im Hotel schlafen.

      Am nächsten Abend machen wir alles korrekt: Wir fragen in einem Ort nach einer Unterkunft, werden von der Dorfjugend erst auf ein Bier eingeladen und dann zu einem Gasthaus geschickt in das wir einchecken. Bereits im Schlafanzug kommen wir gegen 21 Uhr nochmal nach unten, um einen Teller Nudeln zu essen, als uns vor der Tür eine Uniform auffällt. Der Hotelbesitzer spricht mit einem Polizisten. Wir bekommen erstmal einen Tee serviert und anschließend die Information, dass dieses Hotel - das einzige im Dorf - leider keine Ausländer beherbergen darf. Als wir nachfragen wollen, ist der Polizist schon wieder verschwunden und der Sohn des Hotelbesitzers erklärt uns, dass das nächste passende Hotel drei Orte und zehn Kilometer weit entfernt sei. Er wünscht uns eine gute Weiterfahrt. Protestieren hilft hier nichts, da dem Hotel wohl eine saftige Strafe droht, und so machen wir uns einmal mehr statt auf den Weg ins Bett auf nächtliche Hotelsuche. Die Straßen sind leer und die kühle Luft der Nachttour hilft beim emotionalen Abkühlen.

      Aus welchem Grund die Beherbergungsregeln hier so streng ausgelegt werden, ist uns völlig schleierhaft. Wir werden im empfohlen Ort immerhin fündig und können spät einchecken - dort müssen wir dann auch weder einen Namen angeben, noch die Pässe vorzeigen. Vermutlich ist der zuständige Polizist heute krank.
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    You might also know this place by the following names:

    Y Sơn, Y Son

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