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  • Day 269

    Setz dich hin, kleines Lama

    August 22, 2023 in Bolivia ⋅ ☀️ 17 °C

    Zu meiner eigenen Überraschung erwachte ich am nächsten morgen und war nicht in ein dreitägiges Koma mit muskelbedingter Bewegungsunfähigkeit verfallen. Welch ein Glück. Im Gegenteil, es war wohl noch das Adrenalin welches durch mein Blut floß und mich unternehmenslustig aufwachen ließ. Doch zunächst lernte ich den Wohnungsbesitzer Oscar persönlich kennen. Er war am Wochenende aus Florida zurückgekehrt und stellte sich vor. Er besorgte mir sogar einen großen Kanister Benzin weil er um die möglichen Tankprobleme für ausländische Fahrer weiß. Wir vereinbarten in zwei Tagen eine gemeinsame Motorradtour zu machen. Es war mittlerweile schon später Vormittag geworden und ich beließ es für diesen Tag bei einem kleinen Ausflug hinauf in die Stadt. Etwas Essen, Kaffee trinken und die steilen Strassen hinauf und ab zu fahren. Und einen Einkauf zu machen, denn auch hier gibt es "gut und günstig".
    So geht es am nächsten Tag nach Tiawanacu oder auch Tiahuanaco genannt. In diesem Ort befindet sich die Ruinenstätte Tiwanaku. Was wörtlich übersetzt "Setz dich hin, kleines Lama", heißt.
    Zunächst war ich skeptisch ob es sich hier um ein "OlleSteinGedöns" handelt um Touris noch ein paar Bolivianos aus der Tasche zu locken. Doch auch der olle Erich (von Däniken) hatte sich zweimal in seine Alpenlatschen geschwungen und war dort gewesen. Gibt der Geschichte einen gewissen Interessenschub.
    Ausserdem gehört der Ort seit 2000 zum UNESCO Weltkulturerbe. Gibt der Sache auch noch eine gewisse Seriösität. Und was sind schon 72 KM Entfernung auf diesem Kontinent wenn man schon mal hier ist. Während bei mir immer noch Adrenalin durch die Adern fließt so scheint es mir als würde sich Blue über fließendes Benzin durch ihre Benzinleitungen freuen. OK Lady, schauen wir mal was uns da erwartet. Schließlich gab es auch ein Leben vor der Inkazeit.
    Die Bauherren von Tiwanaku (etwa 1600 v. Chr. – 1200 n. Chr.) begeistern auch mich durch ihre Steinbearbeitungsmethoden. I- und T-förmige Öffnungen in den Steinblöcken für Klammern bzw. Krampen. Millimetergenaue Passungen. Steinoberflächen so glatt poliert wie Kinderpopo, da muss Lama und Dino aber lange dran gelutscht haben. Perfekte winklige Flächen. Kein Wunder, dass Erich Überlegungen anstellte ob Außerirdische mit Laserschwert mitgeholfen haben. Und Bob der Baumeister am Flughafen Berlin sollte hier mal Nachhilfeunterricht im Bereich innovative Architektur nehmen. Die terrassenförmigen Plattformhügel Akapana und Pumapunku, werden aufgrund ihrer Architektur, einzigartigen Konstruktionen und hydraulischen Eigenschaften als „besonders spektakulär“ und "Rätselhaft" bezeichnet. Spektakulär auch der halbunterirdische Tempel mit Stelen im Innenhof und Steinköpfen in den Mauern. Tiwanaku ist nicht nur ein Ort in 15 KM Entfernung vom Titicacasee, es ist eine eigene Kultur über Jahrhunderte. Dieses mächtige Reich verstand es ganz ohne Kriege sich zu erweitern. Und es waren die Incas, die 500 Jahre nach dem bis heute unerklärlichen Ende der Tiwanaku-Ära, den Ort und Teile dieser Religion übernahmen. Auch, daß der Titicacasee der Geburtsort der Erde ist.
    Berühmt ist auch das Sonnentor, aus einem einzigen Steinblock gefertigt und sein Kalender. Tatsächlich wusste man schon damals um die astronomischen
    Jahreszeiten, die Positionen des Mondes für jede Stunde
    und auch die Bewegungen des Mondes - und zwar unter
    Berücksichtigung der Erdrotation! - und konnte sie da ablesen. Leider wurde vieles zerstört, weil die spanischen Eroberer diese Steinblöcke für eigene Bauvorhaben nutzten. Unentdeckt blieb die im Jahre 1932 freigelegte Statue der Pachamama (Mutter Erde). 7, 30 m hoch und 20 Tonnen schwer. Welches in einem eigens errichteten Museum bewundert werden kann. Es sind erst einige Prozent der großen Rätselhaftigkeiten freigelegt. Und sicher stecken noch einige Überraschungen in diesem Ort und der Landschaft in 3850 m Höhe die einem nicht nur wegen der Höhe die Luft zum Atmen nimmt.
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