Zu Besuch bei der Familie Çiftçi

Die Abfertigung an der türkischen Grenze ist weitestgehend strukturiert. Die Fahrzeugkontrollen sind wiederum genau und ausgeprägt. Als Reisender fällt man nicht in das Beuteschema des Zoll. Ein kurzer Blick und zwei drei Stichproben und ich kann zum nächsten Kontrollpunkt. Andere Fahrzeuge werden schon genauer durchsucht. Keine Stichproben, sondern sehr detailiert.
Insgesamt dauert es ca. 2 Stunden. Dann bin ich in der Türkei eingereist.

Kemal erwartet mich morgen in Silopi. Ihn und seine Familie hatten wir vergangenes Jahr in der Nähe von Sirnak kennengelernt. Wir parkten auf dem Feld der Familie. So kamen wir in Kontakt und verbrachten einige Tage später, einen sehr schönen Tag und kochten gemeinsam.

Kemal eröffnet aktuell in Silopi eine Apotheke. Daher wohnt er hier bei seiner Schwester. Nach nur 15km hinter der Grenze ist Silopi erreicht. Es ist heiß. Herzlich Willkommen in Mesopotamien. Wie ich diese Hitze hier hasse🥵!

Ich parken an einem Häuserblock im Schatten. Ziel überleben! Ich versuche zu lüften, aber die Luft ist einfach nur warm. Gegenüber beobachte ich ein mini Restaurant und entscheide dort eine Tee zu trinken. Der Herr ist super nett und nach ein paar Tee entscheide ich eine Kleinigkeit zu essen. Menemen, eine kurdisch/ türkische Spezialität, hatte ich schon ewig nicht mehr. Er platziert mich vor der Klimaanlage. Puh, langsam wird es besser. Dann möchte ich mit meinen Erledigungen in der Stadt starten und zahlen. Er nimmt jedoch kein Geld an. Nach einigen Verhandlungen sagt er, es würde ihm deutlich besser gehen, wenn ich nicht bezahle. Das akzeptiere ich. Willkommen im türkischen Kurdistan☺️.

In der Stadt besorge ich Geld und ein paar Lebensmittel. Die Infrastruktur ist wie gewohnt hervorragend. Die türkische Lira ist ebenfalls wie gewohnt weiter verfallen. 45TL gibt es mittlerweile für einen Euro. Vor einem Jahr waren es so ca. 33TL pro Eurone. Die SIM Card soll nun 57€ kosten. Diese ist drei Monate gültig und hat 20GB Guthaben für den ersten Monat. Das ist Wucher, eine andere Lösung muss her.

Ich finde einen Stellplatz unweit der Apotheke von Kemal. Hier gibt es Bäume. Eine Rarität in Mesopotamien. Soeben gestoppt werde ich von einer Gruppe junger Kerle eingeladen. Es gibt Hähnchenpfanne und zum Abschluss Tee.

Die Nacht ist heiß, aber der Stellplatz sehr gut. Morgens rüste ich langsam und befinde mich Minuten später in der Apotheke. Hier ist Baustelle und der Eröffnungstermin zwei Monate hin.

So fahren wir mit seinem Bruder Osman & Barzan zu einer Kühlerwerkstatt. Man möchte mir direkt helfen und mich unterstützen. Die Werkstatt ist jedoch nicht die Richtige für mein Vorhaben. So geht es weiter zur Schwester. Dort starten drei entspannte Tage im Kreise der Familie. Alle sind lieb und die Stimmung ist entspannt. Die Übersetzerapp ist schwer im Einsatz und es gibt viel zu erzählen. Parallel gibt es immer wieder leckeres Essen. Die Damen des Hauses kochen hervorragend😍.
Mein Auto parkt direkt auf dem Hof. Abends kühle ich die Außenhaut mit kaltem Wasser herunter. Mesopotamien ist zu warm. Kemal wäre mit seiner Apotheke ebenfalls lieber in Sirnak gestartet. Es ist aber kein Wunschkonzert. Der Start vergibt die Lizenzen!

Kemal hilft mir bei der SIM Karte und kauft diese auf seinen Namen. Außerdem gibt's eine tolle Waschmaschine. Trocknen tut die Wäsche dann im Nu. Man muss fast aufpassen, dass sie in der Hitze Mesopotamiens kein Feuer fängt. Okay, so schlimm ist es dann auch nicht. Aber hier tagsüber produktiv zu sein ist schwierig. Vormittags hält man es im Schatten aus. Mittags geht man besser ins Wohnzimmer, wo die Klimaanlage das Leben erträglich macht. Abends ab 18 Uhr wird es draußen dann etwas kühler. So suche ich nach schönen und herzlichen Tagen bei der Familie das kühlere Sirnak auf.

Sirnak ist nur 80km entfernt. Hier beginnt jedoch die Bergwelt des wilden Kurdistan. Mesopotamien ist in Sichtweite, das Klima hier aber deutlich angenehmer. Tagsüber ist es schon warm, aber am Abend wird es angenehm kühl. Man benötigt sogar eine dünne Jacke. Welch Wohltat😃.

Hinter Sirnak, in einem kleinen Bergdorf, ist das Elternhaus von Kemal. Hier waren wir letztes Jahr mit Bianca &. Mr. Linguini eingeladen. Nun bin ich wieder hier. Die Umgebung ist vertraut und es ist schön erneut in die herzlichen Augen der Familienmitglieder zu blicken.

Weitere schöne Tage folgen. Die Kochkünste der Frauen sind ebenfalls hervorragend❤️. Abnehmen ist aktuell schwierig. Ich würde ja in die schöne Bergwelt hinter dem Haus gehen, aber diese ist komplettes Sperrgebiet. Das Militär hat diese unter Beschlag. Überall stehen Wachtürme und ein Zugang ist nicht möglich. Die Wachtürme wirken ähnlich wie in der ehemaligen DDR. Sirnak selbst ist komplett neu entstanden. Vor ca. 10 Jahren wurde die Stadt durch das türkische Militär zur Abschreckung kurz und klein gebombt.
Über 1000 Zivilisten starben. Wahnsinn🫣!

Hier ein Eindruck:
https://m.youtube.com/watch?v=iJzl6LCgtqw

Die Region also ehemals sorgengeplagt und bis heute Unterdrückt. Das Militär fährt mit großen Fahrzeugboliden auf und ab. Die Menschen leben dabei unbeeindruckt ihr Leben.

Die Tage vergehen. Wir besuchen eine Bandkollegen. Hussain und seine Söhne spielen mit Barzan, dem Bruder von Kemal, auf Hochzeiten. Sie sind gut gebucht und machen tolle traditionelle Musik. Tags darauf werde ich Zeuge. Ich bin nämlich zu einer kurdischen Hochzeit in Sirnak eingeladen. Frauen und Männer tanzen ausgelassen. Es macht Spaß dem Treiben zu zusehen.

Dann wird es Zeit zu fahren. Die Berge und die Natur rufen mich. Zudem sind Andrea, Tobi und Oscar im Anmarsch. Mit denen möchte ich mich ebenfalls treffen.

Zum Abschied wird mir gesagt, dass die Familie Çiftçi auch meine Familie ist und ich jederzeit Willkommen bin. Und genau so fühle ich mich auch. Danke Ihr Lieben❤️. Danke auch für die Saz, eine wunderschöne kurdische Gitarre ☺️!

Ich habe mich bei diesem Besuch nicht aufs Fotografieren konzentriert. Aber das Essen habe ich zumindest häufig festgehalten😅.Read more