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  • Day 240

    50 Shades of Green

    June 24, 2017 in the United States ⋅ ☁️ 27 °C

    Muss man denn wirklich erst 14.000km von zuhause entfernt sein, um solch phantastische Orte wie Kauai zu finden? Die Insel ist auf jeden Fall ein Highlight unserer gesamten Reise, wir sind von dessen Schönheit ziemlich geflasht. Wir dachten ja, dass bereits Big Island eine besondere Flora böte, dabei ist es verglichen mit Kauai lediglich ein karger Lavabrocken im Pazifik. Denn zum Regen und der Sonne, den beide Inseln zu Genüge vorweisen können, besaß Kauai noch einen weiteren entscheidenen Faktor: Zeit. Es gibt keinen Quadratmeter auf der Insel, der nicht von Bäumen, Sträuchern, Farnen oder Schlingpflanzen zugewuchert ist, in den herrlichsten Farben oder Variationen von Grün erstrahlend. Selbst die Berge, die im Vergleich zu Big Island viel niedriger und schroffer sind, da bereits von Wind und Wasser erodiert, sind bis zur Spitze bewachsen - wie uralte, moosbewachsene Riesen, die über die Insel majestätisch wachen. Dieser Anblick wird uns wohl lange nicht mehr loslassen!

    Wir wohnen in Norden der Insel, etwas westlich vom 280 Hektar-Anwesen Marc Zuckerbergs, den er sich vor ein paar Jahren für 100 Millionen Dollar geschossen, aber noch nicht bebaut hat. Unser Haus befindet sich auf einem 2 Hektar-Grundstück, auf dem noch die Öko-Farm der Besitzer liegt; ein kleiner Shop auf dem Gelände versorgt uns stets mit frisch geerntetem Obst, Gemüse und "organic popsicles". Unser Haus wird übrigens neben uns noch von "Curly" bewohnt, der es sich dauerhaft auf unserer Veranda gemütlich gemacht hat; eine von den 10 Katzen, die sich hier auf dem Gelände rumtummeln. Manchmal kommen wir nach Hause, und es liegt zusätzlich ein Labrador-Mischling schlafend vor der Tür; und im Hause selbst treiben sich noch eine Vielzahl von verschieden gestalteten Gekkos herum. Wir sind also in bester Gesellschaft.

    Der Norden der Insel ist zwar regnerischer, aber dafür soll es hier die schönsten Strände geben; die meisten kennen wir mittlerweile. Von der einsam gelegenen, wild-romantischen Bucht bis zum großen, breiten Familienstrand findet wohl jeder hier genau das, worauf er steht; dabei ist der Norden eher spärlich erschlossen, es gibt sehr wenige Hotelkomplexe, und es herrscht eine ausgeprägte "Hang Loose"-Mentalität. Das mit dem Regen ist übrigens ganz lustig: denn tatsächlich (wie Katrin in einem Kommentar festgestellt hat) regnet es hier mehr als auf Big Island (und mehr als auf so ziemlich jedem anderen Ort der Erde) - und so hat es bisher auch nur einen Tag ohne Regen gegeben, den allerersten. Dafür regnet es selten länger als 5 bis 10 Minuten, die Schauer sind räumlich begrenzt und die Sonne ist nie wirklich weg. Wir wissen jetzt auch dadurch, warum das Hawaiische Nummernschild ein Regenbogen ziert: auch das gab es bisher fast täglich zu sehen.

    Aber zurück zum Strand! Eigentlich sind sie alle hier sehr schön, aber einen haben wir besonders ins Herz geschlossen: Hanalei Beach. Der Strand liegt geschützt in einer großen Bucht mit zusätzlich vorgelagertem Riff, sodass es dort keine hier sonst sehr oft vorkommenden rip currents gibt (dazu später mehr), er ist groß und meistens eher mittelmäßig voll, die dazugehörige Stadt Hanalei ist extrem gechillt...und die Bergkulisse am Strand ist einfach der Hammer. Hier hättet ihr uns die letzten Tage sehr häufig antreffen können.

    Doch so ausschließlich abhängen ist dann doch nicht, und so haben wir heute beschlossen, eine Wanderung entlang der nördlichen Küste zu einem weiteren sehr schönen Strand zu unternehmen, der nur nach einer zweistündigen, nicht allzu leichten Wanderung erreicht werden kann: dem Hanakapi'ai Beach. Der Hike war übrigens eine Empfehlung von dem Pärchen, mit denen wir nach dem Besuch des Peek-a-Boo Canyons bei Kanab mehrere Stunden offroad im Sand feststeckten...aber das ist eine andere Geschichte ;)

    Die Wanderung ist in der Tat nicht ohne. Sie ist zwar nicht sonderlich lang - gerade mal 6,5 km hin und zurück - aber über sehr steiniges, unbefestigtes Gelände durch den Dschungel. Dafür wird man am Ende mit dem Besuch eines wirklich spektakulären, einsamen Strandes belohnt: Hanakapi'ai. Der Wanderweg geht eigentlich noch weiter, zum Kalalau Beach, der noch krasser sein soll und von nackten Hippies bewohnt wird, aber das sind dann schon 30km Wanderung und nicht an einem Tag zu schaffen. Sollte einer von euch die Wanderung zum Hanakapi'ai Beach machen: bitte unbedingt Katzenfutter mitnehmen! Aus welchen Gründen auch immer tummeln sich dort, fernab jeglicher Siedlungen, einige halbwilde Katzen herum. Keine Ahnung, wie sie dahin gekommen sind, aber sie sind sehr hungrig!

    Wir wunderten uns bei Ankunft am Strand ein wenig über die vielen Hinweisschilder, die dort aufgestellt sind, schenkten aber diesen keine weitere Beachtung; die USA liebt DANGER-Schilder, sie sind überall, irgendwann mal beachtet man sie nicht mehr. Wir blieben bestimmt eine knappe Stunde vor Ort, gingen aber nicht ins Wasser; eigentlich wollten wir, da gut durchgeschwitzt, hatten aber keine Badesachen dabei, weil wir in "Wandermontur" samt Fotoequipment unterwegs waren. So ließen wir es letztendlich bleiben. War vielleicht nicht die dümmste Entscheidung.

    Erst wieder zurück in unserem Hause erfuhren wir eher zufällig, was es mit Hanakapi'ai auf sich sich hat. Man muss lediglich "Most dangerous Beaches in the world " in Google oder YouTube eingeben; die daraufhin aufploppenden Listen erhalten fast immer Hanakapi'ai. Der Grund sind die bereits erwähnten rip currents: vom Ufer nicht sichtlich erkennbare Strömungen, die den ahnungslosen Schwimmer ins offene Meer rausziehen. Diese kommen hier auf Hawaii recht häufig vor, und genau aus dem Grund gibt es auch fast an jedem Strand einen oder mehrere Rettungsschwimmer. Die einzige Möglichkeit, der Strömung zu entkommen, besteht darin, nicht dagegen anzukämpfen (das ist übrigens der Grund, warum die meisten Menschen bei rip currents ertrinken: instinktiv versuchen sie, innerhalb der Strömung Richtung Strand zu schwimmen, um letztendlich vor Erschöpfung zusammenzubrechen - denn man kommt dagegen nicht an), sondern ruhig zu bleiben und sich raustreiben zu lassen, bis der rip current versiegt, um anschließend schräg wieder zum Strand zurück zu schwimmen.

    Das wäre bei Hanakapi'ai theoretisch auch möglich, doch sind die Strömungen dort so zahlreich vorhanden, so komplex und so stark, dass du zum einen nicht aus der Strömung seitlich rausschwimmen kannst, und zum anderen diese dich gut 10km aufs offene Meer raustreiben. Rettungsschwimmer gibt es am entlegenen Strand natürlich auch nicht. Wenn dich dort also die Brandungsrückströmung erwischt, bist du in Hanakapi'ai so gut wie erledigt.
    Puh. Nochmal Glück gehabt!
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