• Eisernes Tor - make memories no pictures

    May 7 in Serbia ⋅ ⛅ 16 °C

    Donci Milanovac (RS) - Bregovo (BGR): 148km; 6:33h

    Gern verwenden wir diesen Satz in unserer Freundesgruppe. Andersherum. Make pictures no memories! Habe ich zu viele Bilder gemacht, zu wenig „Memories“? War ich zu viel im Außen, zu wenig bei mir? Meine Antwort lautet ganz selbstsicher: NEIN!
    Mir macht es unglaublich viel Spaß diese kleinen Geschichten zu "erzählen" und euch im besten Fall ein kleines Lächeln in den manchmal trüben Alltag zu zaubern. Es schult mein Auge für die kleinen Dinge am Wegesrand und C'mooon, wer den ganzen Tag auf dem Bock sitzt, den darf es auch
    mal nach etwas sozialer Teilhabe dürsten :)
    Außerdem vermisse ich euch in dem ganzen Reisetrubel auch ganz schön und es tut mir gut über diese Weise ein bisschen Verbundenheitsgefühl aufrecht zu erhalten!!
    Zu guter Letzt bin ich jetzt auch ultra dankbar, weil durch das viele Teilen, haben doch ein paar Highlights den Wasserschaden überlebt. Das lässt den Schock von gestern etwas abmildern. Und irgendwie fühlt es sich auch befreit an ohne Handy. Ich bin offener, auch in Situationen wo das Handy gar keine Relevanz hätte.
    Das liegt aber ganz eindeutig auch an dem zweiten Aha-Moment den ich mit gestern hatte. Und dieses zwischenmenschliche/geschäftlich Tohuwabohu geht mir noch ganz schön durch den Magen. Immer und immer wieder beginnt die Schleife in meinem Kopf, der „Rechtfertigung“ bzw. Einforderung unserer Absprachen. Immer und immer wieder zieht sich mein Magen zusammen, will es einfach ziehen lassen.

    Zu meinem Glück bin ich bei einer super süßen Gastgeberin untergekommen, die mich mit selbstgemachtem Früchtebrotkuchen und Kaffeeduft „weckt“. Wir sitzen im Garten und quatschen über die stattfindende Revolution in Serbien, über Chancen des Landes und Orte die ich unbedingt sehen müsse. Wie gern würde ich länger bleiben. Aber es zieht mich auch weiter. Ich bin aufgeregt, auf das „Eiserne Tor“ welches ich heute weiter durchfahren werde.

    Das "Eiserne Tor" ist eine enge Schlucht der Donau an der Grenze zwischen Rumänien und Serbien. Es ist eines der spektakulärsten und historisch bedeutendsten Flusstäler Europas. Und weil die Donau hier an der engsten Stelle nur 150m breit ist (im Vergleich die breiteste Stelle ist 1,5km breit), sind die Stromschnellen entsprechend stark, was früher dazu führte, dass die Engstelle auch eine der gefährlichsten für Schiffsfahrer war. Daher hat das Eiserne Tor auch seinen Namen (Quelle: Chat GPT :P)
    Der schönste und schmalste Donauabschnitt erwartet mich also heute und es ist wirklich WUNDERSCHÖN. Der Starkregen von gestern hat sich verzogen aber die Temperatur auf angenehme 20 Grad runtergekühlt. Der Wind kommt von hinten, ich muss teilweise gar nicht strampeln, was auch gut ist, weil mein Energielevel heute noch nicht wieder auf 100% ist.
    Ich frühstücke weit oben, mit Blick über die fjordhafte Donaulanschaft, kleine Touristenboote ziehen jodelnd durch die Engstelle, ein Motorradfahrer hält für atemberaubende Drohnenbilder (klar frag ich nach den Aufnahmen, wenn ich schon selber keine machen kann :P).
    So zieht der Tag vorbei. Die Donau und Rumänien zu meiner linken, der Wind meist von hinten, ab und an ein paar kurze Kletterpassagen. Es ist superschön und doch merke ich, ain bisschen Musik oder ein Podcast im Ohr wäre manchmal nicht verkehrt wie ich mich zwischenzeitlich so durch das weite Donauhochland kämpfe, umgeben vom Wald und Wiesen. Der „Sir“ schnurrt wie ein Kätzchen, so leise, dass immer mal wieder ein Fasan empört aus dem Dickicht hochschreckt und das Weite sucht, überrascht von dem vorbeiziehenden Duo.
    Ich merke wie häufig mein Impuls zuschlägt, zum Handy zu greifen. Fotos, Podcasts, kurze Videos, Nachrichtencheck, Wettercheck, Streckencheck, Cafecheck… All das gibt es heute nicht. Nur mache ich dadurch auch weniger Pausen. Relativ geschafft komme ich nach 120km in Negotin, kurz vor der bulgarischen Grenze an. Hier will ich erneut versuchen mit Mörti zu telefonieren. Der hat’s aber „veräumelt“ (bzw. ist es auch echt schwer sich auf meine Pläne zu verlassen, die echt schwer zu prognostizieren (zumal jetzt auch noch ohne Handy) sind und sich ständig ändern.
    Aber wir werden uns schon noch finden. Ich bestell mir ein Stück Kuchen und beschließe den Rückenwind an diesem sommerlichen Abend zu nutzen und noch bis nach Bulgarien zu fahren, wo meine Strecke wieder die Donau tangiert. Ich freue mich schon wieder auf mein kleines Zeltlager an der Donau, den Sprung ins Wasser, den Sonnenuntergang und den Dürüm, den ich mir gerade noch geholt habe um meine letzten Dinar loszuwerden. Gar nicht so leicht, wenn einer nur 2,50 € kostet, naja nehm ich eben zwei! „Pig or chicken?“ Oh man.. wieder mal no vegeterian option… Aber zugegeben, der Dürüm per se ist nice, zumal der Wrap hier wie ein Eierkuchen ist. Ich liebe Eierkuchen (ge, Omi?!) und somit geht das für mich auch als Dürüm voll klar!!
    Wie ich so auf die Donau schaue und den Sonnenuntergang anschaue, kann ich auch endlich loslassen von aller Frustration. Ich schmeiße sie in die Donau, soll sie doch im schwarzen Meer von den Haien aufgefressen werden (falls es die dort gibt?!) Ansonsten, irgendetwas anderes tödliches wird sie schon finden.
    Ich brauche meine Energie hier und will nicht noch mehr Zeit „an die Arbeit“ vergeuden. Ich beschließe den letzten Monat komplett dem Reisen zu widmen. Ich möchte nicht nur hier durchfahren um ans Ziel zu kommen. Ich möchte hier durchfahren und dabei die Länder kennenlernen. Mit einem offenem Herzen, open mindset und ganz viel Wissbegier.

    Und damit: Herzlich willkommen in Bulgarien! :)
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