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  • Day 50

    Treiben lassen

    September 3, 2022 in Estonia ⋅ ⛅ 12 °C

    Nachdem wir gestern durch Tallin gelaufen sind, um uns die wichtigen Spots anzugucken, die wir vorher rausgesucht hatten, wollten wir den Tag heute dafür widmen, die Orte zu besuchen, die es uns besonders angetan haben - und uns treiben lassen.
    Vorher jedoch noch einmal in die Geschichte eintauchen und die Seefestung Partarei besuchen.
    Partarei ist ein Ort mit einer finsteren Geschichte.
    1840 erbaut als Kaserne und Festung, diente es seit 1920 als Gefängnis. Die Sowjets und die Deutschen erhielten es in der Zeit der Besetzung zu genau diesem Zweck, allerdings in absurdem Ausmaß, als Gefangenen- und Arbeitslager, in dem einfach alle eingesperrt wurden, die nicht ganz in das System passten.
    Es wird als Erinnerugsstätte für den kommunistischen Terror und den Holocaust benutzt. Da es zudem eines der größten im Ganzen erhaltenen Bauwerke dieser Zeit ist, wirkt das alles noch unfassbare und gleichzeitig greifbarer.
    Die Zellen sind zum großen Teil im Originalzustand, es sind noch die spärlichen Möbel oder die riesigen Schlafplätze zu sehen und dazu gibt es massenhaft Informationen - zu Einzelschicksalen, zum Kommunismus selbst, zu Gefängnisstrukturen, politischen Bewegungen und geschichtlichen Überblick.
    Wir fühlten uns erschlagen. Einerseits angesichts dieser Massen an Informationen, andererseits beim Anblick dieses bedrückenden Gefängnisses. Jedes Mal wieder kommt es uns unwahrscheinlich wichtig vor, sich mit diesem Teil der Weltgeschichte auseinanderzusetzen.

    Doch wir haben auch schöne Dinge erlebt!
    Das Treibenlassen in Tallin hat uns noch einmal diesen wertvollen Effekt gegeben, eine Stadt intensiver und echter zu erleben.
    Viel Zeit haben wir - diesmal bei Tageslicht - in dem Viertel verbracht, in dem wir gestern Abend schon waren: Telliskivi.
    Es ist ein super schöner und offener Ort. Viele Menschen sind hier unterwegs, es gibt viel zu sehen, und alles und alle ein wenig abseits vom Mainstream. Es wird viel auf Nachhaltigkeit geachtet, es gibt unglaublich viele Bars und Cafés, interessante Shops, es fährt jemand mit Einrad und nem Kaffee in der Hand vorbei, kurz: diese Viertel lebt. Wir verbringen gern unsere Zeit hier, trinken eine heiße Schokolade in der Sonne und gucken den Menschen zu.
    Als nächstes haben wir uns noch einmal durch die Markthalle treiben lassen, einige Vorräte aufgefüllt und uns ein Abendessen gesucht.
    Erschöpft, aber diesmal nicht spät in der Nacht, sind wir bei Willi angekommen, um erst mal ein wenig runterzukommen - und ganz wichtig - ein neues Spiel auszupacken 😍 - Sleeping Gods!
    Nach einem Abendessen hat es uns dann aber doch nochmal in die Kälte getrieben und wir haben einen Spaziergang durch die nächste Nähe gemacht.

    Wir "wohnen" grad direkt neben der Tallin Linnahall, einem riesigen, in der 80er Jahren gebauten Betonklotz am Meer.
    Die Linnahall wurde 1980 zu den olympischen Sommerspielen in Russland gebaut, da die Segelwettbewerbe in Tallin ausgetragen wurden, und diente einige Zeit als Mehrzweckhalle.
    Heute dient sie nur noch als Lostplace, er wirkt aufgegeben. Viele Teile sind abgesperrt, einige Treppen zusammengebrochen, und der einzige Zweck ist einerseits eine Cross-Frisbee-Golf-Anlage, die hier verteilt steht, andererseits wird er aber auch als ein Aussichtspunkt für den Sonnenuntergang genutzt.
    Auch von uns.
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