• Alblasserdamm NL nach Wissant-Frankreich

    16 de julho de 2017, França ⋅ ☁️ 19 °C

    Vom holländischem Umleitungsgewirr, französischer Stellplatzsuche und dem Land zwischen zwei Kaps.

    Es ist grau. Feiner Regen benetzt die Frontscheibe unseres Wohnmobils als wir am Morgen die Rollos hochziehen. Gestern Abend sind noch italienische Wohnmobile eingetroffen, die den Stellplatz bis zur letzten Lücke besetzt haben und deren Besatzung heute Morgen laut palavernd an der Entsorge steht. Es gibt nur ein schnelles Frühstück und um 9.00 Uhr sind wir bereit, die nächste Etappe in Angriff zu nehmen, die uns 320 km weiter nach Wissant gleich hinter Calais führen soll. Aber man weiß ja nie, wie der Tag verläuft und wo wir letztendlich wirklich landen. Zunächst landen wir erst einmal gar nicht. Zumindest nicht auf der richtigen Autobahn. Haben wir gestern schon mit der weiträumigen Umleitung gekämpft, so sind wir heute regelrecht in ihr gefangen. Mathilde ist uns auch keine große Hilfe, weil sie uns mit einer schon zum Wahnsinn treibenden stoischen Gelassenheit immer wieder auf die gesperrte N3 führen will. Wir finden durch den Buchstabensalat der Umleitungsrouten, denen wir folgen sollen, auch nicht so schnell hindurch. Folgen wir nun D, S oder R? Es wäre sehr vorteilhaft, wenn wenigstens einer von uns beiden, außer unser Mathilde, den Namen der nächsten größeren Stadt auf unserer Route wüsste. So kämpfen wir uns mit wenig Erfolg nach Südwesten durch. Nach der Himmelsrichtung wohlgemerkt. Nicht nach Straßenschildern. Unsere Fahrt endet vor dem Fluß Noord, vor dessen Ufer wir in einer Sackgasse landen und der sich als unüberwindlichen Hindernis herausstellt.

    Fluss Noord
    Schließlich haben wir kein Amphibienfahrzeug. Der nächste Umleitungsbuchstabe, den wir resigniert folgen und der uns erst einmal etliche Kilometer in Richtung Heimat zurückführt, bringt uns wieder auf Kurs. Breda, Breda war die Stadt und die Richtung nach der wir hätten fahren sollen. Beim Anblick, der zum Teil sechsspurigen Autobahn ahne ich schwach, was hier an einem Wochentag los ist. Noch stehen die LKWs wie schlafende Ungeheuer überall auf den Parkplätzen und auf den Seitenstreifen und warten darauf, dass ihr Zeit kommt, wieder Besitz von ihrem Revier zu nehmen und die Straße zu verteidigen. Wir fahren da, glaube ich, am Sonntagmorgen schon ganz gut. Antwerpen taucht auf, mit seiner Skyline aus Hochhäusern und vereinzelt aus dem Grau der Masse herausragenden Kirchtürmen. Schade, dass die Sonne nicht scheint. Das wäre sonst ein imposanter Anblick gewesen. Genau wie kurz zuvor, das Überqueren des Hollands Diep, einem riesigen Fluss, in dem Maas, Dortsche Kil und Nieuwe Merwede zusammentreffen, um dann gemeinsam Rotterdam zu erobern. Der Verkehr ist inzwischen sehr dicht. Viele Urlauberautos und Campingfahrzeuge. Die Sommerferien schicken ihre Schatten voraus. Das Verkehrsaufkommen wird auch nach Antwerpen nicht weniger, eher mehr. Wir fahren durch den Osterschelde Tunnel. Ein komisches Gefühl so viele Liter Wasser über dem Kopf zu wissen. Weiter geht es auf Gent und Brügge zu. Vor Brügge kämpft sich die Sonne einmal kurz durch das Wolkengrau und lässt hoffen. Aber es war ein kurzer Versuch und die Wolkendecke schließt sich schnell wieder. Zwischen Brügge und Ostende ist die Autobahn nur zweispurig. Der Finger schwebt immer wieder zwischendurch über dem Schalter der Warnblinkanlage, um vor einem eventuellen Stau zu warnen. Hinter Ostende fahren wir über die Grenze mit Richtung Dünkirchen- Calais. Einspurige Verkehrsführung verursacht einen Stau. Grund sind 2 Barrieren auf der Straße. Der gesamte Verkehr muss abfahren und auf der Auffahrt wieder zurück auf die Autobahn. Die spinnen doch. Weiter geht es entlang der Küste, die ab jetzt Cote d'opale heißt und von der wir auf der Autobahn nicht viel zu Gesicht bekommen. Dünkirchen taucht rechts und links der Autobahn auf und verschwindet wieder. Hinweisschilder zur Fähre und zum Tunnel in Calais wechseln sich mit den Ausfahrtsschildern zu den kleinen Vororten oder zu den Stränden ab. Die großen Kräne des Hafens zeichnen sich entfernt am Horizont ab. Die Nähe des Meeres ist spürbar, wenn es auch noch nicht zu sehen ist. Die Sonne kämpft wieder und trägt kleinere Siege davon. „Sortie Sangatte N0. 41“ zeigt Mathilde bereits an. Michael wundert sich über die unterschiedlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen in den EU Ländern. Hier in Frankreich darf er aufgelastet auf 3,9 t 110 km fahren, zuvor in Belgien 90 km, in Holland 80 km und bei uns in Deutschland sind 100 km vorgeschrieben. Soweit zur EU. In Sangatte fahren wir ab und können schon bald das Meer als blauen Streifen hinter Dünen am Horizont sehen und ein riesiges Schiff, das aussieht als wäre es auf einer Wiese gestrandet.
    Sangatte erscheint auf den ersten Blick als kleiner verschlafener Küstenort. Auf dem zweiten Blick aber sieht man, dass hier die Saison voll zugeschlagen hat. Überall parkende Autos und Wohnmobile am Straßenrand. Menschen, die zum Meer oder in die Lokale einkehren wollen. Von wegen verschlafen. Oh, oh. Wir verlassen den Ort und die Straße führt durch Wiesen steil bergauf. Auch hier parkende Wohnmobile in Feldwegen und auf Parkplätze. Als wir auf dem höchsten Punkt angekommen sind, eröffnet sich uns ein beeindruckender Blick nach unten auf das Meer und ein kleines Dorf. Wir sind auf dem Cap blanche-nez, das am Sonntagmittag viele Besucher anzieht. Aha! Daher auch die vielen Wohnmobile. Die wollen alle nur schauen. Unter uns sehen wir ein kleines Camp. Es scheint voll zu sein. Oh je. Wir haben ja schon damit gerechnet, dass es durch die allgemeine Ferienzeit nicht gerade leer sein wird, aber so voll? Wir haben uns einen Stellplatz in Wissant ausgeguckt und fahren prompt daran vorbei. Drehen ist gerade nicht möglich, also fahren wir weiter zum dortigen Camping Municipal, der als zweites auf unserer Liste steht. Eine schmale Straße führt Richtung Meer und zum dort in der Nähe befindlichen Campingplatz. Die Schranken sind geschlossen. Merde! Es ist 13.10 Uhr. Seit 10 Minuten geschlossen. Während ich noch etwas suchend schaue und Michael versucht unser Wohnmobil-Hinterteil aus dem befahrenen Bereich der schmalen Straße zu bugsieren, erklärt mir ein Gast des Campingplatzes, dass dieser Platz erst am Montag wieder öffnet. Die öffentlichen Campingplätze sind am Sonntagnachmittag geschlossen. Merde hoch zwei!! Die Hilfsbereitschaft ist groß, denn auf dem Campingplatz ist durchaus noch ein Plätzchen für unser Womo. Wenn da nur nicht die Schranke wäre. Ein Gespann fährt vor und tippt die richtigen Zahlen in das Nummernfeld der Schranke, die daraufhin ohne zu zögern hochgeht und wir huschen mit dem Wohnmobil hinterher. So haben wir es vorher mit dem Gespannfahrer und dem hilfsbereiten Camper ausgemacht, der uns mit seinem Fahrrad auch noch zu dem wahrscheinlich einzigen freiem Platz auf dem Camping lotst. Angemeldet und bezahlt wird morgen früh. Von so viel Hilfsbereitschaft fast ein wenig beschämt, nehmen wir Platz auf dem Camping Municipal la Source und neben einem norwegischen Mobil, das auch erst kurz vorher gekommen ist. Mit dem Strom sieht es schlecht aus. Alle verfügbaren Dosen sind belegt. Aber vielleicht geht da ja noch was in Sachen Hilfsbereitschaft, denke ich und frage den Norweger, ob er seinen Stromanschluss mit uns teilen möchte. Er möchte und holt sogar das passende Kabel dafür hervor. „Geht doch“, denke ich, und lehne mich zu Frieden in meinem Campingstuhl zurück und lasse mir die Sonne, die inzwischen auch aufgetaucht ist, auf die Haut scheinen.
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