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  • Day 4

    Begegnung der besonderen Art

    November 17, 2016 in Spain ⋅ ☀️ 16 °C

    Auf der Tafel ist der Stadtplan abgebildet und Fabi schaut einmal nach unserem weiteren Wegen. Ich stehe schon ein paar Meter von ihr entfernt, als mich ein älterer Herr, mit Mütze und Sonnenbrille anspricht, ob ich Englisch spreche. Ich erwidere ja, ich spreche Englisch. Er fragt woher ich komme und ich antworte ihm: "Aus Deutschland. Aus Konstanz." Er lächelt herzlich und freut sich scheinbar auf einen Deutschen zu treffen. Er erzählt mir dass er auch in Deutschland gelebt hat. In der Nähe von Düsseldorf und Krefeld, erzählt er. Er erzählt ausserdem dass es eine absolute Empfehlung ist, in dieser Stadt ein besonderes Brot zu essen. Es kostet einen Euro und ist wohl sehr lecker. Ich bin von dieser Offenheit total verzückt und freue mich über die Empfehlung eines Einheimischen.

    Dann fragt er mich, wo meine Freundin ist und wie sie heisst. Ich sage zu ihm: "Fabienne!" Und er schleicht sich zu ihr. Er bittet Fabienne mitzukommen und er entführt uns beide in ein Café am Markt. An der Theke angekommen, zeigt er uns die von ihm angepriesenen Brote und fragt was wir trinken wollen. Er drängelt uns die Brote regelrecht auf und Fabi wird skeptisch. Sie meint, dass er evtl. als Lockvogel dient, um Menschen von der Strasse in das Café zu locken. Ich lasse mich von ihr mit diesem Gedanken anstecken und bin plötzlich nicht mehr unbefangen. Wir versuchen ihm mitzuteilen, dass wir uns die Stadt anschauen wollen und gern weiter ziehen möchten. Er bittet uns weiter die Empfehlung zu probieren und wir lehnen ab. Er lässt dennoch Brote für uns einpacken und wir fragen ihn was er dafür bekommt. Er sagt er möchte dafür nichts haben, wir sollen es uns schmecken lassen. Wir verlassen das Lokal und haben unseren ersten kleinen Disput auf dieser Reise.
    Ich bin enttäuscht gewesen, dass ich mich habe, in meiner Meinung gegenüber diesem Menschen sogleich umstimmen lassen und lasse meinen Missmut an Fabi aus.
    Ich fand den Umgang mit dem Menschen unfair und dass man seine Gutmütigkeit und seiner Offenheit mit dieser Ablehnung entgegen kam, nicht in Ordnung. Ich habe mich auch irgendwie dafür geschämt. Fabi quälte ein schlechtes Gewissen und entschied prompt - wir gehen zurück laden ihn auf einen Kaffee ein und essen zusammen die Brote. Ich selbst möchte mir die Blöße nicht geben und jetzt wieder angekrochen kommen. Was soll der Mann denn von uns denken? Ich kann mich nicht so schnell beruhigen und Fabi schreitet voran zurück ins Café, entschuldigt sich und meint wir würden uns freuen noch gemeinsam mit ihm Kaffee zu trinken. Ich gönne mir eine kurze Bedenkzeit und gehe hinteher. Als ich ankomme, sitzen beide schon, ausgebreitet mit den vorher gekauften Broten am Tisch und schwatzen als wäre nichts gewesen. Der Ärger von vorher, ist schon wieder verflogen und wir haben in der nächsten halben Stunde, ein richtig interessantes Gespräch mit einem völlig fremden alten Mann. Wie wir erfahren, dass der Mann bereits 80 Jahre alt, er beweist es uns mit dem Blick auf seinen Personalausweis. Baujahr 1936. Er spricht, bzw. versteht 4 Sprachen. Spanisch, Deutsch, Französisch und Baskisch, falls man das als vollwertige Sprache ansehen kann. Wie er bekundet ist er ein sehr stolzer Baske und trägt das Symbol seiner Herkunft an der Kette. Im weiteren Gespräch erzählt er dass er Informatik studiert hat und dafür dann 1,5 Jahre in Deutschland gelebt hat und auch mit seiner Frau in Berlin war. Er lachte immer sehr herzlich, wenn er in seinen Erinnerungen schwelgte. Er erzählt uns ausserdem dass er 2 Bücher geschrieben hat und er notiert mir den Titel und seinen Namen auf ein Blatt. Wir schlürfen unseren Kaffee aus und bedanken uns für die Herzlichkeit bei Miguel. Er hat sich sehr gefreut uns zu treffen. Wir verabschieden uns und schlendern weiter durch die Strassen.

    Frisch gestärkt treten wir dann auch nochmal in die Pedale und fahren bergauf, auf einen der Hausberge der Stadt. Hier können wir noch ein bisschen warme Sonne tanken, Buch lesen und den Ausblick ins weite Land geniessen. Hier entdecken wir auch noch eine Gottesanbeterin, die ebenso die letzten warmen Strahlen erhascht.
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