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  • Day 61

    der Bus fährt ohne uns los, zum Glück

    January 29, 2017 in Argentina ⋅ ☀️ 18 °C

    Heute geht die Reise weiter. Wir starten gemütlich in den Morgen und der Tag wird mit einem Kaffee in der Sonne eingeläutet. Es wird wieder ein warmer Tag, denn es ist keine Wolke am blauen Himmel zu erkennen.

    Wir sind einerseits schon irgendwie froh, dass wir nun in den Nationalpark fahren, andererseits ist das Leben hier auf dem Land auch unheimlich entschleunigend und entspannend und wir könnten durchaus noch ein bisschen bei den beiden bleiben.

    Um zehn Uhr fährt der Bus. Wir versuchen diesen auch anzupreilen. Doch unsere Gemütlichkeit bringt leider, oder vielleicht auch glücklicherweise, mit sich, dass wir den Bus verpassen. Nun ja kein Problem. Plan B ist wieder einmal per Anhalter zu fahren. Noch im Dorf halten wir unser vorbereitetes Schild raus und prompt hält das erste Auto. Ab nach Trevelin. Dort decken wir uns noch einmal beim Bäcker ein und ziehen weiter gen Fernstraße zum Nationalpark.

    Auf dem Weg versuchen wir noch Sonnencreme zu bekommen, was hier kein leichtes Unterfangen ist. In der Apotheke sind die Preise so unverschämt teuer dass wir darauf verzichten und hoffen später noch welche zu finden. Also geht's zum Stadtausgang und noch bevor wir die Stadtgrenze erreichen, hält ein weißer LandRover.

    Vorn an der Windschutzscheibe eine klare Message: "One Life. Live it!". Freudestrahlend steigt der Fahrer auf der rechten(!) Seite aus. Ein Auto aus Großbritanien, wie sich herausstellt. Andy, ist ebenso gebürtiger Brite und nimmt uns mit. Im Laderaum sind zwar ein paar Sitzplätze, aber er hat jede Menge Holz geladen, um Barbecue mit seiner Familie zu machen. Wir machen uns ersteinmal etwas Platz und stapeln unsere Rucksäcke noch auf den riesigen Holzstapel

    Die Strecke zieht sich ein ganzes Stück und wir haben eine Menge Zeit zum reden. Andy switcht immer hin und her zwischen Spanisch und Englisch. Damit Oli auch etwas zum Gespräch beitragen kann, einigen wir uns auf Englisch.

    Er erzählt von seiner Herkunft und dass er als Ingenieur bei Land Rover gearbeitet hat. Er hat eigentlich recht viel Spaß an seiner Arbeit gehabt und konnte seine Fähigkeiten sehr gut im Job umsetzen. Es war anfangs interessant und irgendwann war er vom alltäglichen Geschäft gelangweilt. Er erzählte wie er seine älteren Kollegen beobachtete, die immer runder wurden, weil sie nur noch hinter dem Schreibtisch saßen und er wurde sich ziemlich schnell bewusst, dass er so nicht werden will.
    Während dem Studium haben sich Andy und seine Frau kennengelernt. Sie hat Vorfahren aus Wales und ihre Familie lebt hier in Argentinien auf einer Farm. Das scheint ihn gelockt zu haben und nun ist er glücklicher Farmer und Schweinepapa. Als ich ihn frage, wie viele Stunden er pro Woche ungefähr arbeitet lege ich die Ohren an. Er meint, so ungefähr 10h. Das ist alles. Und er macht es echt gerne. Die Gründe für seine Entscheidung kann man immer mehr verstehen, je länger man sich mit ihm unterhält.

    Die gesamte Fahrt unterhalten wir uns und es wird einfach nicht langweilig mit ihm. Er ist sehr aufmerksam und wissbegierig. Man merkt förmlich wie er vor Gedanken und Ideen sprudelt. Er nimmt nichts einfach so hin, sondern möchte immer mehr wissen und hinterfragt die Sachen, die man ihn erzählt.

    Es gibt eben auch ein paar Parallelen, wie sich herausstellt. Beispielsweise sammelt Andy mit seinen Kids auch immer den Müll auf, den andere liegen lassen. Oder auch das Interesse für die Farm und die Natur. Da gibt es so einige Verbindungen zwischen uns.

    Als wir im Park ankommen, bietet er uns an, mit zu seiner Familie zu kommen und noch beim "Asado" teilzunehmen. Über die Einladung freuen wir uns sehr, aber sind uns auch etwas unsicher, dass wir die Familie stören könnten.
    Kurz springen wir nochmal ins Auto und holen noch etwas Gemüse im Kiosk, in dem wir dann endlich auch, Sonnencreme bekommen.
    Wie man sieht, hat alles seinen Grund gehabt, dass wir den Bus verpasst haben.

    Zurück bei der Familie werden wir herzlich in Empfang genommen und entscheiden uns letztlich auch noch mit ihnen zusammen zu grillen. Was für eine Geste.

    In diesem Moment sind wir beide hin und her gerissen. Wir freuen uns so richtig über diese Offenheit und dieses grundsätzliche Willkommensgefühl. Wir schlendern beide kurz zum Strand und müssen erst einmal so richtig verarbeiten, was hier gerade passiert. Wir sind vollkommen überwältigt, wie hier mit uns umgegangen wird. Es gibt hier scheinbar keine Ängste oder vorgefertigten Meinungen. Hier ist man unvoreingenommen und interessiert am Menschen. Das ist irgendwie so besonders. Wir belassen es dabei und geniessen den Moment mit der Familie in der wir vollkommen selbstverständlich aufgenommen werden.

    Es ist rührend zu sehen, wie alle Generationen miteinander diesen Tag geniessen. Die Kids spielen mit den Hämmern, von Andys Opa, Tante und Andys Frau plaudern miteinander, wir machen Salat, Andy unterhält die ganze Bande und die Oma füttert die Greifvögel mit übrig gebliebenen Knochen. Jeder macht sich nützlich und alle sind gemeinsam da. So ist es doch schön. So soll es doch sein.

    Zum Barbecue gibt es recht viel Fleisch. Ein halbes Ferkel und 3 Hühner. Dazu ein gemischter Salat und alle sind satt und zufrieden. Wir haben eine tolle Zeit bei einer warmherzigen Familie verbracht. Es war einfach wundervoll.

    Andy erzählt uns noch vom Frosch der auf dem Berg trohnt. Wenn man genau hinschaut, kann man ihn tatsächlich erkennen.

    Auf dem Holzschild am Campingplatz steht geschrieben: "Beschützt unsere Wälder, sie schützen unsere Leben und sie schützen unsere Zukunft!" Es ist ein Apell an die Menschen. Auch hier im Nationalpark sind riesige Waldflächen angebrannt, die für die nächsten paar Jahrhunderte unwiederbringlich zerstört sind. Man ist von diesen Ausmaß immer wieder erschlagen, wenn man das sieht. Wie uns Andy erzählt hat hier jemand im Wald gewohnt und diesen aus Protest gegen die Regierung angezündet.

    Am späten Nachmittag fährt er uns sogar noch zum nächsten Zeltplatz und schenkt uns eine 6er Packung Eier von seinen eigenen Hühnern. Am Zeltplatz angekommen, verbringen wir dann auch unsere heutige Nacht dort.
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