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  • Day 9

    Vor Herausforderungen in Fès

    March 3 in Morocco ⋅ ☁️ 15 °C

    Andalusien check, auf geht’s nach Marokko. Keine Stunde braucht der Flieger von Sevilla in die eher unbekannte Hauptstadt Rabat. Geografisch nah beieinander, doch könnten die Unterschiede auf den ersten Blick nicht größer sein. Andalusien erschien mir in jeder Hinsicht sehr westlich, sprich, wir waren selten gezwungen, auf gewohnten Komfort zu verzichten. In der Lage zu sein, sich verständigen zu können, geht damit natürlich einher. In Marokko wird das auf den ersten Eindruck einmal umgekrempelt.
    Die Fahrt mit dem Taxi vom Flughafen in die Innenstadt ist bezeichnend für das, was mich erwarten wird. Dass der alte Benz überhaupt nicht anspringt, grenzt an ein Wunder, denke ich mir. Der Motor ist auch mit das Einzige, was an der Klapperkiste noch funktioniert. Auf der Rückbank sitze ich wie auf einem Sofa, keine Anschnallgurte oder Kopfstützen. In einem anderen Kontext hätte ich die Fahrt mit einer solchen Antiquität genießen können, so bin ich froh, überhaupt am Zielort anzukommen und keine Verhandlungen zum Fahrtpreis führen zu müssen. Dazu erklärt sich glücklicherweise ein Einheimischer bereit, mit dem ich mir den Weg in die Stadt teile.
    Dadurch, dass ich von nun an alleine weiterreise, bin ich gezwungen, in Sachen Komfort bei der Unterkunft wieder zurückzustufen. An Hotels führt kein Weg vorbei, denn Übernachtungen in Dorms sind jetzt die eindeutig günstigere Option. Einziger Vorteil: die zentrale Lage von Hostels, meist direkt in der Altstadt. So auch in Rabat. In der sogenannten Medina, einem der antiken Märkte von Marokko, liegt die Unterkunft versteckt in einer Seitenstraße. In Rabat erinnert mich die Medina allerdings eher an meine Eindrücke des türkischen Basars. Billige Kleidung und 1€-Artikel werden in sich aneinanderreihenden, grell erleuchteten Shops angeboten. Dem kann ich absolut nichts abgewinnen. Zwei Straßen weiter mache ich bessere Erfahrungen: das späte Abendessen im empfohlenen Restaurant meines Gastgebers tut richtig gut.
    Am nächsten Morgen fahre ich mit dem Zug weiter ins Landesinnere. Ja, es fahren Züge in Marokko! Allerdings macht der Bahnhof in Rabat den Eindruck, als wäre das Bauprojekt stillgelegt worden. Lediglich zwei der vier Bahnsteige sind begehbar, überall hängt Absperrband und es liegt Schutt herum. Bei der Fahrt nach Fès handelt es sich nur um einen kurzen Abstecher, denn am darauffolgenden Tag soll es schon weiter in den Süden gehen. Fès, die älteste der Großstädte Marokkos, wird in manchen Blogs als Geheimfavorit gehandelt. Bei meiner Planung war der Stopp also gesetzt.
    In Fès begegnet mir eine ganze Flut aus roten Taxen. Die gesamte Stadt scheint schier zur Hälfte aus den zum Teil sehr alten Karren zu bestehen. Fußläufig sind die wenigsten unterwegs. Ich entscheide mich dennoch für den Fußweg vom Gare zum Hostel, in der Hoffnung, mich in der Stadt schon mal orientieren zu können, und bereue die Entscheidung später. Denn die Verbindung zwischen neuer und alter Stadt führt an einer langen Haupstraße entlang. Rechts und links gibt es nichts zu entdecken. Zumindest liegt auf dem Weg ein großer Supermarkt, in dem ich mich eindecken kann. Flächendeckend gibt es, wie nicht anders zu erwarten, nur lokale Mini Markets, die dem europäischen Kiosk wohl am nächsten kommen. Um vertraute Lebensmittel besorgen zu können, führt allerdings am Supermarkt kein Weg vorbei.
    Auf meinem Marsch nieselt es leicht, und die Wolken hängen tief. Das drückt auf die Stimmung, insbesondere im Kontrast zu einer überwiegend sonnigen Woche in Andalusien. Hoffentlich hält die Altstadt, das, was in Blogs versprochen wurde. Objektiv betrachtet absolut, allerdings fühle ich mich ganz wohl in dem Labyrinth von schmalen Gassen. Insbesondere, weil in meinem Kopf ständig der Gedanke kreist, dass ich als alleinreisender Touri das perfekte Pickpocket-Opfer bin. Vielleicht bin ich übervorsichtig, bedankt man dass ich bislang immer bedenkenlos reisen war. Warum sollte man sich jetzt im Marokko sorgen? Gänzlich lässt sich das Unbehagen jedoch nicht wegrationalisieren. Eher im Gegenteil: Das Labyrinth an engen Gassen wirkt beengend. Selbst mit Google Maps ist es schwierig zu navigieren, sind einige Wege gar nicht verzeichnet. Hinzu kommt, dass einen unaufhörlich falsche Fremdenführer ansprechen, die einem den Weg weisen wollen. Ich versuche, Blickkontakt zu vermeiden und ziehe die Cap tief ins Gesicht.
    Welche Eindrücke sind davon abgesehen hängen geblieben? Die Medina in Fès erscheint mir recht klassisch und nicht so stark auf das Tourigeschäft zugeschnitten wie anderswo. Teilweise kann man Gebern, Bäckern und Metzgern in ihren winzigen Geschäften direkt bei ihrer Arbeit zuschauen. Was für einen Mitteleuropäer wie ein Sprung ins letzte Jahrhundert anfühlt, ist hier Realität. Während ich den Bericht verfasse, fällt mir auf, dass ich kaum Bilder gemacht habe - dafür hatte ich schlicht keine Ruhe.
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