Andalusien/Marokko

February - March 2024
A 19-day adventure by Julius Read more
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  • Day 1

    Endlich wieder Leute auf den Straßen

    February 24 in Spain ⋅ ☁️ 11 °C

    Es gibt ein Wiedersehen mit Sevilla! Knapp zwei Jahre ist es nun her, und mir ist es seitdem in bester Erinnerung geblieben. Auch aufgrund der Lage ist die Hauptstadt Andalusiens ein geeigneter Ausgangspunkt für die geplante Rundreise. Unsere Hoffnung, dem Frühling entgegenzufliegen, verblasst jedoch etwas, als uns bei unserer Ankunft der Wind kalt um die Ohren pfeift. Das Problem: Wer nur mit einem kleinen Handgepäcksstück fliegt, der ist auf gutes und vor allem warmes Wetter angewiesen. Viel kälter darf es nicht werden, denn mehr gibt der mobile Kleiderschrank nicht her. Schon auf dem Weg vom Flughafen ins Zentrum mit dem Shuttle kommen die ersten Erinnerungen hoch, und ich meine, mich halbwegs sicher anhand der Sehenswürdigkeiten orientieren zu können. Denen schenken wir allerdings kaum Beachtung und lassen uns stattdessen ohne konkretes Ziel treiben. Auf den Plätzen, den Straßen und in den Cafés der Stadt geht es lebendig zu, die Leute wirken ausgelassen, und von Wintertristesse ist keine Rede. Der Grund (vermutlich): Den ganzen Tag lässt es sich durch die unterschiedlichen Viertel schlendern, ohne dass auch nur im Ansatz Langeweile aufkommt. Ständig hat man den Eindruck, etwas Neues zu entdecken, denn Sevilla ist vielfältig. Spazierengehen im Park oder an der Promenade, die abwechslungsreiche Architektur bestaunen oder in den Tapas-Restaurants schlemmen - jeder kommt im Grunde auf seine Kosten.Read more

  • Day 2

    5te Jahreszeit in antiker Festungsstadt

    February 25 in Spain ⋅ 🌬 15 °C

    Neuer Tag, neue Stadt – getreu diesem Motto setzen wir am zweiten Tag auf den Mitfahrservice BlaBlaCar, um zu unserer zweiten Destination zu gelangen. Auf dem Rücksitz des alten 7er BMWs machen wir es uns mehr oder weniger bequem. Aus der Soundanlage schallt spanische Musik und es stellt sich das Gefühl von einem Roadtrip ein. Bei unserer Ankunft empfängt uns die Gastgeberin unserer zweiten Unterkunft bereits mit offenen Armen. Die ältere Dame freut sich sichtlich über das junge Gesindel und hat eine wahre Freude daran, mir in einfachstem Spanisch und mit Händen und Füßen Tipps für Sightseeing und Kulinarik zu geben. Zwar schaffe ich es bislang, die Sprache – sofern langsam mit mir gesprochen wird – zu verstehen, allerdings bleibt das Gespräch meist einseitig, oder ich verfalle versehentlich ins Italienische. Durch die Dame des Hauses sind wir vorgewarnt, als wir in die Stadt losziehen: Es ist Karneval in Cádiz! Alles tummelt sich im Stadtzentrum, dafür sind die Strände der ältesten Stadt Europas wie leergefegt. Durch die lang gestreckte Form besticht Cádiz durch einen langen Strand mit Promenade an der Südseite der Stadt, der das Zentrum am westlichen Punkt umschließt. Genüsslich genehmigen wir uns in der Mittagssonne den ersten Kaffee, bevor es anschließend in den städtischen Trubel geht. Grundsätzlich geht es auf den Straßen Spaniens an Karneval ähnlich zu wie auf deutschem Pflaster. Die Innenstadt ist gerammelt voll mit singenden, gut gelaunten und kostümierten Menschen. Teilweise ist in den engen Gassen der Stadt kein Durchkommen, wenn sich ein Pulk um eine singende Truppe versammelt hat. Das tut der Stimmung jedoch keinen Abbruch – im Gegenteil, es geht sogar so friedlich zu, dass wir über den gesamten Tag nicht einen Polizisten erblickt haben.Read more

  • Day 3

    Alpina Weiß 30% Rabatt!

    February 26 in Spain ⋅ 🌬 14 °C

    Die kommende Fahrt mit BlaBlaCar wurde storniert. Wir müssen notgedrungen auf eine andere Verbindung mit Bussen ausweichen, um zum nächsten Ziel zu gelangen. Entlang der Küste in südlicher Richtung bringt uns der Bus nach Tarifa. Zuvor entscheiden wir uns allerdings verheerenderweise für einen Zwischenstopp an einem der vielen weißen Dörfer in der Region. Auf einem Berg gelegen, macht Vejer de la Frontera mit seiner malerisch verwinkelten Altstadt richtig was her. Auch der neu angebaute Stadtteil erweckt das Gefühl, sich in einer exquisiten Umgebung zu bewegen. Die Häuser sind rausgeputzt, sodass die weißen Fassaden strahlen, und geschmückt mit perfekt gestutzten Orangenbäumen, vermitteln sie Luxus und sind ein Traum für jeden Hobbyfotografen und für diejenigen, die sich für solche halten.
    Zurück zur folgenschweren Entscheidung, die uns Nerven kosten sollte. Nachdem wir in den Gassen der Stadt zum wiederholten Mal an derselben Stelle vorbeikommen, es aber erst beim dritten Mal bemerken, entscheiden wir, dass es an der Zeit ist, den Abstieg zur Bushaltestelle anzutreten. Im Gegensatz zum ersten Bus, soll bei der Weiterfahrt nach Tarifa nur die Bushaltestelle im Tal vom Bus angesteuert werden. So teilt es uns zumindest die örtliche Touristeninformation mit. 200 Höhenmeter tiefer müssen wir uns nach 15 Minuten, die der Bus schon über seiner Ankunftszeit ist, eingestehen, dass wir die Info vielleicht vorher besser überprüfen hätten sollen. Den verzweifelten Versuch, die Strecke per Anhalter zu fahren, geben wir anschließend nach erfolglosen 30 Minuten auf. Drei Stunden, zwei Märsche – hoch und wieder runter – und ein Kaffee gegen den Frust später stehen wir am selben Ort am Fuße des weißen Hügeldorfs und warten auf den Bus. Dieses Mal mit Erfolg. Keine 30 Minuten dauert die Fahrt, die uns an den südlichsten Punkt Europas bringt. Eine Hochburg für Kitesurfer aufgrund der besten Bedingungen durch Wind und Strand. Allmählich macht sich bemerkbar, dass wir die letzten drei Tage unentwegt auf den Beinen unterwegs waren. Die Füße schmerzen, und es zieht uns in eine Bar. Richtig ausruhen steht allerdings in den nächsten Tagen nicht auf dem Programm.
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  • Day 4

    Little Britain auf spanischem Boden

    February 27 in Spain ⋅ 🌙 10 °C

    Der Wetterumschwung von Montag auf Dienstag wurde von einem starken Wind begleitet, der den bislang oft wolkenverhangenen Himmel an diesem Morgen blau erstrahlen ließ. Unweigerlich liegen die Temperaturen bei unter 10 Grad, als wir morgens das Hostel verlassen. Sonst ein Moment zum Genießen, heute eher Mittel zum Zweck: das Frühstück am Strand wird schnell verdrückt, denn uns frieren die Finger ein. Im nahegelegenen Café wärmen wir uns auf, bevor uns der Bus in die nächste Stadt befördert. Gezwungenermaßen nehmen wir daher den Bus um 13 Uhr, denn die Sprachbarriere am Schalter sorgte für Verwirrung auf beiden Seiten und einem Ticket, mit dem beide Seiten nicht ganz zufrieden waren. Zumindest müssen wir nicht umsteigen und haben dieses Mal die Gewissheit, dass unser Bus zuverlässig fährt. Der Plan lautet, auf einen kurzen Abstecher ins britische Gibraltar, bevor es anschließend die Küste entlang weitergeht. Kurz vor der Ankunft erfahren wir von einer Mitreisenden, dass uns der Ausflug, wie wir ihn geplant hatten, teuer zu stehen kommt. Im wörtlichsten Sinne, denn die Hauptattraktion von Gibraltar befindet sich auf einem 400 m hohen Felsen mit allerlei Sehenswertem. Die Verbindung aus der Stadt mit Eintritt in den Felsenpark sollte uns allerdings pro Person ebenso viel kosten wie die gesamte Übernachtung in der vorherigen Nacht. Wir beschließen dennoch, aus reinem Interesse an dem Kulturwechsel und aufgrund der Kuriosität dieses Ortes mit wenigen 10.000 Einwohnern, Gibraltar einen Besuch abzustatten. Mein Kurzresümee: merkwürdig und auf eine Art unwirklich. Plötzlich tauchen wir ein in eine Kleinstadt, die krampfhaft versucht, britischen Flair zu erzeugen. Rote Telefonzellen, Doppeldeckerbusse, Fish & Chips - alles eine Kopie dessen, was es in GB auch zu erleben gibt. Durch die Menge an Touristen erinnert Gibraltar eher an einen Themenpark, als an eine echte britische Kleinstadt. Die Hochhäuser im Hintergrund und der große Hafenbereich lassen die Stadt noch bizarrer wirken. Hinzu kommt, dass die einzige Verbindung zur Stadt über das Festland geradewegs über die Landbahn des Flughafens führt.
    Die Mitfahrer unseres BlaBlaCars auf der Fahrt zu unserer Unterkunft - allesamt in Gibraltar berufstätig - klären uns schließlich über die Entwicklung Gibraltars auf. Aufgrund der günstigen Gesetzeslage haben Versicherungen, Vermögensverwalter oder Wetteinrichtungen dort ihren Hauptsitz und locken umliegende Spanier mit guten Löhnen in die Stadt zum Arbeiten. Übernachtet wird, nach der ersten und vorerst letzten Nacht im Hostel, wieder im Airbnb in Estepona. Einer Küstenstadt auf dem Weg nach Málaga, die es mehr durch Zufall auf die Liste geschafft hat, alleinig durch den Umstand, dass es in Gibraltar keine bezahlbaren Unterkünfte gab. Ungewollt haben wir damit die eindeutig richtige Entscheidung getroffen, denn mit dem spanisch-kleinstädtischen Treiben können wir entschieden mehr abgewinnen.
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  • Day 5

    Quer durch Málaga gescheucht

    February 28 in Spain ⋅ ☀️ 18 °C

    Besser als mit einem ausgiebigen Frühstück mit Kaffee lässt es sich doch nicht in den Tag starten, oder? Auf einer Dachterrasse sitzen und über die Dächer der Stadt bis hin zum Meer, der aufgehenden Sonne entgegen blicken.
    Am Vorabend diskutierten wir, ob es Estepona womöglich zu unserem bisherigen Städtehighlight schaffen könnte - ein Geheimtipp, darüber waren wir uns einig, ist es allemal. Nüchtern betrachtet hat die kleine, eher unscheinbar wirkende Küstenstadt für den klassischen Touristen nicht wirklich viel zu bieten, außer einer fragwürdigen Metallrutsche. Was es damit auf sich hat, erklärte uns unser BlaBlaCar-Fahrer. Dabei handelt es sich um ein Kindheitstraum vom Bürgermeister, das nach wenigen Tagen demontiert werden musste. Der Grund: Gefahr für Leib und Leben aufgrund der Hitzeentwicklung im Sommer und der Steigung. Selbst die Presse von Übersee berichtete über diese Fehlkonstruktion. Extra3 hätte den Vorfall wohl in ihrer Rubrik „Realer Irrsinn“ aufgenommen. Wer sich von dem Fall selbst ein Bild machen möchte, der findet ausreichend Videomaterial im Netz dazu. Dies ließ den Ortschef nicht davon abbringen, auch das Rathaus mit einer Rutsche auszustatten. Was für eine seltsame Geschichte.
    Zurück zu Estepona, das abgesehen von dieser Kuriosität einen durchweg positiven Eindruck bei uns hinterlässt. Die gemütlichen Gassen der Innenstadt sind überwiegend mit Pflanzen geschmückt, die der Kleinstadt ihren Charme verleihen und zum Schlendern geradewegs einladen. Wir wundern uns, als wir an der Strandpromenade sitzen, dass augenscheinlich jeder draußen unterwegs zu sein scheint. Später erfahren wir den Grund dafür und auch, warum die Geschäfte an diesem Tag geschlossen bleiben. Es ist Andalusia-Day und damit Grund zu feiern für die Einheimischen. Auch die Touris (sprich wir selbst) profitieren davon: in Malaga, unserem nächsten Halt, gewährt die Stadt freien Eintritt für die beliebtesten Sehenswürdigkeiten.
    In der zweitgrößten Stadt Andalusien steigt nicht nur die Anzahl an offensichtlichen Touristen, sondern uns erwartet ebenfalls ein großes Angebot an Restaurants mit TooGoodToGo. Die Möglichkeit, die Reisekosten damit schmal zu halten, lassen wir uns nicht entgehen und buchen uns gleich mehrere Gerichte vor. Eine Entscheidung, die wir im Nachhinein noch bereuten werden, denn wir werden für die Abholungen quer durch die Stadt getrieben. Teilweise geht die Abholung gut, teilweise stehen wir vor verschlossener Ladentür oder unsere Bestellung wird kurzfristig storniert. Die überwiegend positiven Erfahrungen mit dem Service geraten an diesem Abend ins Vergessen, als wir abermals hungrig am Zielort ankommen, ohne unser bestelltes Essen anzukommen. Zunehmend genervt von der Abweisung, versuchen wir unser Glück in den Restaurants der Innenstadt. Erneut ohne Erfolg - dem regionalen Feiertag zu verdanken. Hungrig mussten wir dennoch nicht schlafen gehen - kurz vor Ladenschluss konnten wir noch einige Zimtschnecken ergattern. Kein Abendessen im herkömmlichen Sinne, aber wichtig, um die Laune wieder abzuheben.
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  • Day 6

    Auf den Felsen von Ronda

    February 29 in Spain ⋅ ☀️ 15 °C

    Keine Panik, uns geht es gut! Lediglich der Blog hinkt zeitlich etwas hinterher. Málaga lassen wir nach entspannten Hafenspaziergängen und kurzem Strandaufenthalt hinter uns. Zu fünft in einem VW Polo, der sich langsam aber sicher in seine Einzelteile zersetzt, machen wir an diesem Tag die einzige schlechte Erfahrung mit BlaBlaCar. Schulter an Schulter sitzen wir gedrängt auf der Rückbank, der Autohimmel hängt uns auf den Köpfen. Der Kleber scheint sich vom Autodach gelöst zu haben. Bei der Ankunft in Ronda sind wir froh, die Tortur hinter uns gebracht zu haben.
    In Ronda befinden wir uns wieder im Landesinneren Spaniens, in einer Stadt auf 750 m Höhe, errichtet auf zwei Felsen, die durch eine imposante Steinbrücke miteinander verbunden sind. Die gesamte Stadt ist gespickt von Aussichtspunkten auf die umliegende Landschaft mit weiten, blühenden Wiesen, Wäldern und Bergen im Hintergrund. Die verwinkelte Altstadt thront, umzogen von einer steinernen Burgmauer, über dem Umland. Definitiv ein Ort, an dem es ruhiger zugeht, abgesondert von allem anderen.
    Abends macht sich der Unterschied in der Höhenlage zu unseren vorherigen Stationen deutlich bemerkbar, denn die Temperatur fällt beinahe unter 0 Grad. Die Airbnb-Wohnung kühlt so weit runter, dass wir sogar die Heizung nutzen müssen. Das Abendessen auf der Dachterrasse zu genießen, lassen wir uns trotzdem nicht entgehen, vor allem, weil wir erstmalig das Glück einer eigenen Küche haben. An unserem vorerst letzten Tag, bevor es wieder nach Sevilla zurückgeht, haben wir Zeit, uns dem hinzugeben, was man in Ronda wahrscheinlich am besten machen kann: Von einem Aussichtspunkt zum nächsten zu spazieren, immer der Sonne hinterher, und die Aussicht zu genießen.
    Zurück in Sevilla bleiben uns nur noch die Abendstunden und der nächste Vormittag, bis sich unsere Wege trennen werden.
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  • Day 9

    Vor Herausforderungen in Fès

    March 3 in Morocco ⋅ ☁️ 15 °C

    Andalusien check, auf geht’s nach Marokko. Keine Stunde braucht der Flieger von Sevilla in die eher unbekannte Hauptstadt Rabat. Geografisch nah beieinander, doch könnten die Unterschiede auf den ersten Blick nicht größer sein. Andalusien erschien mir in jeder Hinsicht sehr westlich, sprich, wir waren selten gezwungen, auf gewohnten Komfort zu verzichten. In der Lage zu sein, sich verständigen zu können, geht damit natürlich einher. In Marokko wird das auf den ersten Eindruck einmal umgekrempelt.
    Die Fahrt mit dem Taxi vom Flughafen in die Innenstadt ist bezeichnend für das, was mich erwarten wird. Dass der alte Benz überhaupt nicht anspringt, grenzt an ein Wunder, denke ich mir. Der Motor ist auch mit das Einzige, was an der Klapperkiste noch funktioniert. Auf der Rückbank sitze ich wie auf einem Sofa, keine Anschnallgurte oder Kopfstützen. In einem anderen Kontext hätte ich die Fahrt mit einer solchen Antiquität genießen können, so bin ich froh, überhaupt am Zielort anzukommen und keine Verhandlungen zum Fahrtpreis führen zu müssen. Dazu erklärt sich glücklicherweise ein Einheimischer bereit, mit dem ich mir den Weg in die Stadt teile.
    Dadurch, dass ich von nun an alleine weiterreise, bin ich gezwungen, in Sachen Komfort bei der Unterkunft wieder zurückzustufen. An Hotels führt kein Weg vorbei, denn Übernachtungen in Dorms sind jetzt die eindeutig günstigere Option. Einziger Vorteil: die zentrale Lage von Hostels, meist direkt in der Altstadt. So auch in Rabat. In der sogenannten Medina, einem der antiken Märkte von Marokko, liegt die Unterkunft versteckt in einer Seitenstraße. In Rabat erinnert mich die Medina allerdings eher an meine Eindrücke des türkischen Basars. Billige Kleidung und 1€-Artikel werden in sich aneinanderreihenden, grell erleuchteten Shops angeboten. Dem kann ich absolut nichts abgewinnen. Zwei Straßen weiter mache ich bessere Erfahrungen: das späte Abendessen im empfohlenen Restaurant meines Gastgebers tut richtig gut.
    Am nächsten Morgen fahre ich mit dem Zug weiter ins Landesinnere. Ja, es fahren Züge in Marokko! Allerdings macht der Bahnhof in Rabat den Eindruck, als wäre das Bauprojekt stillgelegt worden. Lediglich zwei der vier Bahnsteige sind begehbar, überall hängt Absperrband und es liegt Schutt herum. Bei der Fahrt nach Fès handelt es sich nur um einen kurzen Abstecher, denn am darauffolgenden Tag soll es schon weiter in den Süden gehen. Fès, die älteste der Großstädte Marokkos, wird in manchen Blogs als Geheimfavorit gehandelt. Bei meiner Planung war der Stopp also gesetzt.
    In Fès begegnet mir eine ganze Flut aus roten Taxen. Die gesamte Stadt scheint schier zur Hälfte aus den zum Teil sehr alten Karren zu bestehen. Fußläufig sind die wenigsten unterwegs. Ich entscheide mich dennoch für den Fußweg vom Gare zum Hostel, in der Hoffnung, mich in der Stadt schon mal orientieren zu können, und bereue die Entscheidung später. Denn die Verbindung zwischen neuer und alter Stadt führt an einer langen Haupstraße entlang. Rechts und links gibt es nichts zu entdecken. Zumindest liegt auf dem Weg ein großer Supermarkt, in dem ich mich eindecken kann. Flächendeckend gibt es, wie nicht anders zu erwarten, nur lokale Mini Markets, die dem europäischen Kiosk wohl am nächsten kommen. Um vertraute Lebensmittel besorgen zu können, führt allerdings am Supermarkt kein Weg vorbei.
    Auf meinem Marsch nieselt es leicht, und die Wolken hängen tief. Das drückt auf die Stimmung, insbesondere im Kontrast zu einer überwiegend sonnigen Woche in Andalusien. Hoffentlich hält die Altstadt, das, was in Blogs versprochen wurde. Objektiv betrachtet absolut, allerdings fühle ich mich ganz wohl in dem Labyrinth von schmalen Gassen. Insbesondere, weil in meinem Kopf ständig der Gedanke kreist, dass ich als alleinreisender Touri das perfekte Pickpocket-Opfer bin. Vielleicht bin ich übervorsichtig, bedankt man dass ich bislang immer bedenkenlos reisen war. Warum sollte man sich jetzt im Marokko sorgen? Gänzlich lässt sich das Unbehagen jedoch nicht wegrationalisieren. Eher im Gegenteil: Das Labyrinth an engen Gassen wirkt beengend. Selbst mit Google Maps ist es schwierig zu navigieren, sind einige Wege gar nicht verzeichnet. Hinzu kommt, dass einen unaufhörlich falsche Fremdenführer ansprechen, die einem den Weg weisen wollen. Ich versuche, Blickkontakt zu vermeiden und ziehe die Cap tief ins Gesicht.
    Welche Eindrücke sind davon abgesehen hängen geblieben? Die Medina in Fès erscheint mir recht klassisch und nicht so stark auf das Tourigeschäft zugeschnitten wie anderswo. Teilweise kann man Gebern, Bäckern und Metzgern in ihren winzigen Geschäften direkt bei ihrer Arbeit zuschauen. Was für einen Mitteleuropäer wie ein Sprung ins letzte Jahrhundert anfühlt, ist hier Realität. Während ich den Bericht verfasse, fällt mir auf, dass ich kaum Bilder gemacht habe - dafür hatte ich schlicht keine Ruhe.
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  • Day 10

    Märchenhaftes Marrakech

    March 4 in Morocco ⋅ ☀️ 23 °C

    Der erste Kulturschock ist überwunden. Dabei hilft, dass Marrakesch deutlich touristischer als Fès daher kommt, das mir am Tag zuvor noch so fremd vorkam. Auf eine Art ironisch, dass ich mich über die Gesellschaft von anderen Touristen freuen kann. Wie in Fès liegt auch hier der Bahnhof in der Neustadt, und es ist ein längerer Spaziergang zum Hostel. Die Verbindungsstraße zur Altstadt ist jedoch längst nicht so trostlos wie zuvor erlebt, sondern so, wie man es bei einer Großstadt erwartet: Geschäfte, Restaurants und Parks an den Seiten und Menschen, die zu Fuß unterwegs sind. Kurzum: Rings um die Altstadt erwartet mich wieder gewohntes Treiben.
    Das sogenannte historische Zentrum hat es wieder in sich. Der erste Berührungspunkt ist der Marktplatz, ein Hotspot für alle Touristen und Straßenverkäufer. Es wird einem einiges geboten – alle geben ihr Bestes, um den Touristen zum Kauf anzuregen. Pferdekutschen, Schlangenbeschwörer, Fotos mit angeketteten Affen in makaberen Outfits, Glücksspiele, Zielschießen, Sonnenbrillenverkäufer, zahlreiche Stände, die Fruchtsäfte anbieten und schnelles Essen auf die Hand. Es wirkt alles wie ein großes Schauspiel, bei dem mit allen Mitteln versucht wird, Geld zu machen. Mittlerweile habe ich ein Gespür dafür, Desinteresse zu verkörpern, und kann mich somit vor den nervigen Anfragen bewahren. Das Touristengeschäft muss verrückt machen. Anders kann ich mir die penetrante und übergriffige, teilweise respektlose Art mancher Verkäufer nicht erklären, denn diesen Eindruck bekomme ich im Gespräch mit Einheimischen nicht widergespiegelt.
    Je mehr man bei der Betrachtung des Geschehens zurücktritt, desto bizarrer kommt einem das Treiben vor. Wenn man genau hinsieht, dann erkennt man die Armut und Auswegslosigkeit der Leute. Die Geschäftsidee ist immer gleich: den Touristen zu unterhalten und den Anschein zu erwecken, in die marokkanische Kultur einzutauchen. Verzweifelt springen diejenigen, die nicht viel haben, darauf an und versuchen, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. So kommt es, dass auf dem Platz ganze 20 Kutschen mit einem vorgespannten Paar an Pferden auf die nächste Fahrt warten. Das Geschäft ist umkämpft. Die Leidtragenden sind in diesem Fall auch die Tiere.
    In den Gassen der Medina geht es nicht anders zu als in Fès, mit dem Unterschied, dass hier auch Tuk-Tuks, Roller, Esel mit Karren und Fahrräder durchfahren. Das macht die Sache nicht gerade entspannter. In den überdachten Bereichen liegt ein unangenehmer Geruch in der Luft. Dennoch fühle ich mich in der Medina von Marrakesch bereits deutlich wohler. Vielleicht gewöhne ich mich langsam an das Treiben, vielleicht ist es auch die Anwesenheit anderer Touristen, die mich sicher fühlen lässt.
    Auffällig ist – in Marrakesch nicht anders als in Fès – man sieht fast ausschließlich Männer in der Altstadt. Frauen fallen mir nur bettelnd am Straßenrand auf. Ein seltsames Bild. Auf der Suche nach einem Stadtpark, um die Eindrücke verarbeiten zu können, merke ich, wie unterschiedlich das Leben außerhalb des Stadtkerns für die Bewohner sein muss. In Neustadtnähe wirkt Marrakesch bedeutend entwickelter und bei weitem weniger von offensichtlicher Armut geprägt. Mein Eindruck von Marrakesch ist zweigeteilt. Für einen Teil der Einheimischen hat die Stadt jedenfalls ziemlich wenig damit zu tun, was mir in der Altstadt suggeriert wird. Überspitzt gesagt, wird dem Touristen lediglich ein Märchen über Marrakech erzählt. Authentischer, denke ich im Rückblick, ging es in Fès zu.
    Ich freue mich auf den zweiten Teil der Marokko-Reise, auf die Wüste und das Surfdorf an der Küste. Dort geht es vermutlich bedeutend weniger hektisch zu. Fehlen wird mir allerdings die Dachterrasse der Hostels.
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  • Day 12

    Ein Hauch von Sahara

    March 6 in Morocco ⋅ ☀️ 25 °C

    Auf geht‘s in die Wüste. Zunächst schlagen wir allerdings nur die Richtung ein, denn auf der Strecke hält der Minivan, der mich und die restliche Reisegruppe am frühen Mittwochmorgen einsammelt, noch an einigen Hotspots. Erster Halt: das Atlasgebirge auf 2.500m. Nach einer kurzen Auszeit bin ich wieder zurück in den Bergen. Naja, nicht so ganz, denn im Vergleich zu den Dolomiten wirkt der Teil des Atlasgebirges, den wir durchqueren eher unspektakulär.
    Das Gebirge lassen wir weitestgehend hinter uns und halten an einer, auf einem Hügel errichtete, jahrtausend alte Lehmstadt. Bekannt ist diese aus Filmen und Serien wie Gladiator und Game of Thrones.
    Ab der Hälfte der Strecke wirkt die Umgebung trocken, oft deutet nur noch ein Flussbett darauf hin, dass es dort mal Wasser gegeben haben muss. Einige landschaftliche Hingucker fahren wir dennoch an. Darunter eine tiefe Schlucht, die sich als Fußgänger passieren lässt und Palmenoasen dort, wo es noch fließende Gewässer gibt. Die meisten dieser Halte sind an Tourishops gekoppelt. Wir werden in die Häuser der Einheimischen geführt, in denen uns die traditionell gefertigten Produke präsentiert werden, um uns anschließend zum Kauf zu drängen. Immer wieder wird betont, dass keiner zum Kauf überredet wird. „We don‘t push to buy“ heißt es im gebrochenen Englisch von den Verkäufern. Was für eine Ironie, denke ich mir. Mittlerweile kann ich das aggressive Verkaufsverhalten mit Humor nehmen und staune, wie viele der Touris sich doch einlullen lassen. In der Wüste braucht jeder ein Kopftuch und Leinenhosen, am besten noch einen traditionell fertigten Teppich und das Bild aus Naturfarben wäre ein erstklassiges Mitbringsel für die Familie. Danke, kein Interesse. Zugute kommt mir, dass die anderen aus meiner Reisegruppe offensichtlich eher den Eindruck machen, als würde bei ihnen das Geld locker sitzen und so kann ich die Szenerie meist ungestört beobachten.

    Der weiteren Verlauf der Fahrt hat landschaftlich kaum Abwechselung zu bieten. Lange gerade Straßen, rechts und links davon Flachland und Geröll, vereinzelt Büsche. Es liegt viel Plastikmüll herum, und das, obwohl wir uns immer weiter von der Zivilisation entfernen. Selten durchqueren wir winzige, abgeschiedene Dörfer. Hier, in der staubig-trockenen Einöde zu wohnen, weit weg von der nächsten größeren Stadt, muss ziemlich langweilig sein, denke ich.
    Endlich, nachdem wir seit anderthalb Tagen unterwegs sind, erreichen wir unser Ziel: den Anfang der Wüste Erg Chebbi. Im Sinne einer klassische Touritour geht es nun für uns auf den Rücken von Kamelen weiter zu unserem Camp. Kamele wurden uns zumindest versprochen, in der Realität waren es Dromedare, aber scheinbar machen die Araber dabei keinen Unterschied. Die Tiere machen einen äußerst gelassenen und gutmütigen Eindruck auf mich. Ein Vergnügen ist es für die Dromedare jedoch gewiss auch nicht, eine ganze Horde an Touris durch die Wüste zu karren.
    Es ist windig bei unserer Ankunft. Der Sand, so fein wie Staub, wirbelt über die Dünen und verhindert eine klare Sicht auf den Horizont und somit auch auf die untergehende Sonne. Der Nachthimmel ist im Übrigen auch nicht so Reich an Sternen wie erhofft. Trotzdem macht sich der Wüstenausflug richtig bezahlt. Spätestens als wir am nächsten Morgen, auf eine der Dünen stehend, den Sonnenaufgang bestaunen können. Nach dem Frühstück steht die Rückfahrt an: 11 Stunden dauert es zurück nach Marrakech.
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  • Day 15

    Surfen fällt ins Wasser

    March 9 in Morocco ⋅ ⛅ 19 °C

    Einige Tage ist‘s her als der letzte Eintrag veröffentlicht wurde. Seitdem ist wenig passiert, denn mich plagt seit einer knappen Woche eine Sinusitis. Dennoch, vielleicht sogar gerade deswegen, fahre ich ins kleine Surfdorf Imsouane an die Küste. Surfen gehen fällt für mich flach, trotzdem trete ich den Weg an, denn ich verspreche mir eine bessere Erholung, wenn ich erst einmal aus dem ganzen Trubel raus bin.
    Eine Direktverbindung nach Imsouane existiert nicht, dafür ist das Dorf viel zu klein. Drum fahre ich zuerst in die nächstgelegene Küstenstadt Essaouira, um dann im Anschluss mit einem Surf-Shuttle, das die wichtigsten Surf-Hotspots an der Küste anfährt, zu meinem Ziel gebracht zu werden. Später erfahren ich, dass die südliche Küstenregion neben dem Fischfang und den Surfspots auch für die Herstellung von Arganöl bekannt ist. Erst dann realisiere ich, dass es sich bei den zahlreichen kleinen Bäumen, in denen kletteraffine Ziegen die Früchte klauen, nicht um Olivenbäume handelt.
    Obwohl ich ganze drei Tage in Imsouane verbringe, kann ich nicht viel berichten. Außer der Surfkultur gibt es dort nämlich wenig Aufregendes. Die meiste Zeit verbringe ich im Hostel und ruhe mich aus. Nur für kürzere Spaziergänge gehe ich ans Meer und sehe den Surfern zu. Die Surfbedingungen in der Bucht von Imsouane wurden von meinem Gastgeber im Übrigen bereits bei meiner Ankunft vollkommen zurecht hoch angepriesen. In einem regelmäßigen Abstand rollen nicht zu hohe Wellen rein, die es dem Surfer erlauben, bis zu 800m weit auf einer einzigen Welle zu surfen, bevor diese am Strand letztlich bricht. Neidisch auf alle, die fit im Wasser sind, beschließe ich, definitiv noch mal zurück zu kommen.
    Gut möglich, dass sich Imsouane bis dahin ziemlich verändert hat, meint mein Gastgeber, denn die Regierung ließ jede Menge Hotels und Restaurants abreißen, deren Betrieb nicht angemeldet war. Der Hintergrund: 2030 wird Marokko als eines von drei Ländern als Hauptgastgeber der Fußball-WM fungieren. Bis dahin muss natürlich alles „hübsch“ aussehen, ungeachtet dessen, welche Existenzen dafür drauf gehen.
    Morgen früh steige ich wieder in den Flieger. Dann geht es zurück in die Heimat. Rückblickend betrachtet verlasse ich Marokko mit einem guten Gefühl. Obwohl ich mich peu à peu mehr mit der marokkanischen Kultur anfreunden konnte, zieht es mich Stand jetzt nicht noch mal zurück in eine der größeren Städte Marokkos. Küste, Wüstenregion und Gebirgslandschaft sind dafür ganz nach meinem Geschmack und bleiben mir in guter Erinnerung.
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