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  • Jour 129

    Island time

    8 mars, Indonésie ⋅ ☁️ 30 °C

    // Anreise
    "This is island-time" erklärt sich der Taxifahrer, als ich ihn wissen lasse, dass ich eine Stunde auf ihn gewartet habe. Hier nimmt es niemand so genau mit der Uhrzeit, sagt er. Die Fahrt zum Hafen von Bali wird zur Zerreißprobe: Vier Fahrgäste sind wir im Auto, drei Mal muss meinetwegen gehalten werden, damit ich mich übergeben kann. Was ist denn heute los? Was die Situation und Übelkeit noch verschlimmert: Ich bemerke, dass der Fahrer während der Reise immer wieder einnickt und versuche ihn durch Smalltalk wach zu halten. Am Hafen angelangt, steige ich zitternd aus dem Pkw und plumpse im Ticketoffice aufs Sofa unter der Klimaanlage. Ich bin völlig manövrierunfähig, mein Kreislauf brauch eine ganze Weile bis er wieder hochgefahren ist. Zum Glück gilt auch für die Fähre die Island time und mir werden noch einige Minuten zur Regeneration gegönnt.

    Die zweistündige Bootsfahrt zu Gili Trawangan, der Insel die mir so oft empfohlen wurde, verläuft dahingegen einwandfrei. Der Ort fällt völlig aus der Zeit: Weit und breit keine motorisierten Fahrzeuge, stattdessen bewegen sich kleine Pferde im Trab über die wenigen befestigten Straßen mit schmalen Kutschen, auf denen krebsrote Touristen sitzen. Immer wieder klingelt mich ein Fahrradfahrer aus dem Weg, hier teilt man sich die Fahrbahn. Ich mag die Atmosphäre.

    // Schnorcheln
    Mit einem kleinen Schnellboot geht's zu unterschiedlichen "Hotspots" um die drei Gili-Inseln. Am ersten Halt haben wir das Glück, eine große Schildkröte beim Fressen beobachten zu können. Der Guide unserer kleinen Gruppe bemerkt, dass ich nicht tief genug tauchen kann und übernimmt das Filmen für mich. Mit einem Atemzug bleibt er fast 30 Sekunden Unterwasser, das ist beeindruckend. Am zweiten Spott sind Statuen im seichten Wasser versenkt worden und Fische tummeln sich in Scharen um das Kunstwerk. Obwohl es eine wirklich touristische Aktivität ist, genieße ich jede Sekunde. Die Begeisterung des Guides ist ansteckend.

    // Freizeit
    Für den Nachmittag habe ich eine "silver jewellery class" gebucht. Mir bleibt nach dem gemütlichen Frühstück eine halbe Stunde zur freien Verfügung und ich beschließe noch mal auf eigene Faust ins Wasser zu gehen. Ich miete Schnorchelausrüstung am Strand, der Himmel hat sich zugezogen, trotzdem ist es schwül und heiß unter der Wolkendecke. Der Schnorchelausflug ist eher langweilig. Tote Korallen... Einige Fische... Schlechte Sicht durch den Sand in der Strömung. Ohne Sonnenschein sieht die Unterwasserwelt eher bedrohlich aus. Gerade will ich umdrehen, da erschreckt mich eine Bewegung. Ein großer Körper hat sich in 5 Metern Entfernung am seichten Meeresboden bewegt. Kurz habe ich ein bisschen Angst ganz alleine draußen im dunklen Meer mit einem unbekannten, großen Lebewesen ... "Erst gucken, dann -bei Bedarf- Angst haben" sag ich mir. Ich schwimme näher heran und kann meinen Augen kaum glauben: eine riesige Meeresschildkröte nagt träge an einigen Korallen. Aus dem Nichts taucht plötzlich ein zweiter Schnorchler auf. Wir treiben regungslos auf der Wasseroberfläche und beobachten die Schildkröte. Wow, der Moment gehört uns ganz alleine. Wir folgen der hungrigen Schildkröte auf ihrem Streifzug noch einige Meter, dann ist sie im aufgewühlten Sediment verschwunden. Der Einheimische und ich unterhalten uns kurz, verbunden durch diesen großartigen Zufall.

    Der Schmuckherstellungs-Kurs wird von einem Juwelier an der Promenade ausgerichtet. Der Lehrer ist ein netter Einheimischer, der meinem Wissensdurst freundlich und geduldig begegnet. Ich bin ambitioniert, er versucht mir meine Designidee auszureden, aber wir einigen uns auf einen Versuch. Das Silber muss immer wieder erhitzt und ausgewalzt werden. Der Lehrer hilft uns 4 Schülern abwechselnd bei der Umsetzung.
    Ob ich etwas eingravierten möchte, fragt er mich. Instinktiv entscheide ich mich für eine kleine Sonne auf der Innenseite. "Let's shine as people and help ourselves and others grow" ... Das sag ich zu dem Zeitpunkt so beiläufig daher und jetzt wo ich davon erzähle, erscheint es mir wie einer der schönsten Sätze und Motive überhaupt. Für die gesamte Zeit des Workshops habe ich einen kreativen Tunnelblick und bekomme kaum etwas von meiner Umgebung mit. Irgendwann sind alle anderen Lehrlinge unbemerkt gegangen und ich sitze immernoch auf meinem Schemel, schleife, poliere mein kleines Kunstwerk und bombardiere den Lehrer mit Fragen. Ich bin überglücklich als ich den Laden nach mehr als 2 Stunden verlasse.

    Da meine Unterkunft leider bereits ausgebucht war für die letzte Nacht auf der Insel, musste ich mich in einem "Party Hostel" an der Promenade einbuchen. "So schlimm kann es ja nicht werden" denke ich mir noch... Im Badezimmer begegne ich dann beim Umziehen 4 dicken, fetten Kakerlaken die überhaupt nicht scheu sind, sondern im Gegenteil, noch zu mir hin flitzen um Zuflucht unter meinem Flipflops zu suchen. Woa.
    Ein Blick in den Spiegel verrät dann auch, wieso es mich seit Stunden juckt und ziept am Rücken: meine komplette Rückseite ist krebsrot. Eine halbe Stunde bei völliger Bewölkung, ohne Sonnencreme schnorcheln und ich habe mich so böse verbrannt? Wie geht das denn?

    Vor der Tür stürmt es, aber ich muss trotzdem nach draußen um Creme für den Sonnenbrand zu kaufen und noch viel wichtiger: Abendessen!
    Der Sturm wird von Minute zu Minute immer schlimmer, ich beschließe umzudrehen aber der Regen nimmt so sehr zu, dass ich mich in einen Supermarkt retten muss. Dann fällt Der Strom auf der gesamten Insel aus. Man hört nur noch den Sturm wütend brüllen.
    Es ist eine gruselige Atmosphäre, ich bin verängstigt. Zum Glück hat der Supermarkt einen Generator und kann schnell wieder für Erleuchtung sorgen. Der Hunger treibt mich nach einer Weile wieder raus in den prasselnden Regen und ich wate durch knietiefes Wasser, dass die Straßen überspült. In den Restaurants sitzen noch immer Gäste in der Dunkelheit, die Füße im Matschwasser, und gucken verunsichert zu mir hinaus. Der Sturm wirkt dramatisch, außer den Locals ist hier niemand entspannt. Zurück an der Promenade, sehe ich aus der Ferne, dass mein Lieblingsrestaurant hell erleuchtet ist... Wahnsinn, die haben also auch einen Generator! Wie eine Motte ins Licht, stapfe und stolpere ich auf die verheißungsvolle Laterne in der Dunkelheit zu. Triefend trete ich ein und befinde mich in einer anderen Welt: lofi Musik, die den Schauer übertönt, Helligkeit, Sauberkeit und Kühle. Ich bekomme fantastisches Abendessen serviert und sitze den Weltuntergang noch ein bisschen länger aus. Leider hat auch mein Hostel einen Generator und offenbar einen großen Vorrat an Sprit: trotz der Umstände wird unter dem Vordach eine wilde Party abgehalten. Naja, die machen das Beste draus aber gleichzeitig bin ich auch genervt von der Ignoranz: die halbe Insel säuft ab und deren Prioritäten liegt beim sinnlosen Besäufnis? Nicht nur die Hits aus den 2000ern, sondern auch meine verbrannte Kehrseite halten mich in der Nacht wach.
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