• Tag 10 - Von Istanbul nach Ankara

    July 5 in Turkey ⋅ ☀️ 29 °C

    Arnd:
    Heute auf zur nächsten Station unserer Reise, Ankara. Von dort sind die nächsten Ziele gut erreichbar und ich habe gelesen, dass viele archäologische Funde aus verschiedenen Grabungsstätten ins Archäologische Museum von Ankara gebracht wurden. Deshalb wollen wir einen Tag dort bleiben und das Museum besuchen.

    Leider habe ich mit dem Buchen des Zugtickets wieder zu lange gewartet. Zugtickets gibt es wohl nur mit reservierten Plätzen (zumindest beim Onlinekauf) und die waren weitgehend ausgebucht, als ich endlich buchen wollte. Jetzt fahren wir Business Class und um 16:30 und kommen gegen 21:00 an. Die 4 Std. Fahrt bei 350km Luftlinie kosten etwa 25€, Econony wäre 16€ gewesen. Dafür haben wir jetzt nur 3 Stühle nebeneinander (2+1) und deshalb mehr Armfreiheit.

    Das Onlineportal zum Kauf der Zugtickets gibt es mittlerweile in Englisch, deshalb kein Problem hier. Der Bahnhof fühlt sich aber etwas anders an. Er liegt auf der asiatischen Seite. Wir kamen per Marmaray, das ist die S-Bahn, die unter dem Bosporus durchfährt.

    Es gab keine wirkliche Bahnhofshalle und keine Geschäfte, wir wollten eigentlich noch Wasser und Proviant kaufen. Auch gab es keine englische Beschilderung. Es war so, wie eine Haltestation in einer deutschen Kleinstadt. Man kommt vom Bahnsteig (der S-Bahn) die Treppe runter und kann nach links oder rechts gehen, also vorne aus dem Bahnhof heraus oder hinten. Irgendwo war noch ein Eingang mit einer Schlange von Menschen, dort gab es eine Sicherheitskontrolle mit Gepäckröntgen. Also erstmal gefragt, ob wir da richtig sind - das war so.

    Dann sind wir aus dem Bahnhof raus und haben dort einen Straßenhändler gefunden, der Wasser und Simit hatte. Simit, das sind quasi die türkischen Brezeln. Die Form ist ein Ring, der Teig durchaus ähnlich zur Brezel (natürlich nicht mit Lauge) und bestreut sind sie mit Sesamkörnern. Ich finde sie sehr lecker, Hea-Jee findet sie etwas zu trocken. Die Straßenverkäufer für Simit haben immer ein rotes Wägelchen mit rotem Sonnenschutzdach und einem Glaskasten für die Ware.

    Interessant war auch die Ticketkontrolle. Beim Onlinekaufen mussten wir die Nummer unseres Passes angeben, nach der Nationalität haben sie nicht gefragt. Am Aufgang zum Bahnsteig gab es dann die Kontrolle. Da haben sie nur nach der Nummer auf unserem Pass geschaut und haben die wohl mit einer Liste abgeglichen. Damit waren wir wohl hinreichend identifiziert. Im Zug ist bisher niemand gekommen.

    Wir sitzen gerade im Zug und eben kam der Kioskwagen durchgefahren. Zum Service gehört hier ein kostenloses Lunchpaket und eine Tasse Kaffee oder Tee. Wenn das der Business Class geschuldet ist, dann ist das ein echt guter Deal.

    Bis 16:30 mussten wir uns die Zeit vertreiben. Erst haben wir noch etwas auf dem Dachgarten des Hotels gearbeitet und dann noch einen Spaziergang gemacht. In unserem Viertel liegt auch der Topkapı-Palast, der Palast der Osmanischen Sultane, heute eine der Top Touristenattraktionen. Den Palast haben wir uns geschenkt, wir haben schon genug Reichtümer von Aristokraten gesehen, das Interesse ist nicht mehr so groß. Die Sultane hatten aber auch einen Garten, der heute ein Park ist und in den kommt man umsonst hinein. Dort war es sehr angenehm und wir konnten etwas abhängen.

    Dann noch ein schnelles Mittagessen. Weil Jörg nach Döner gefragt hat und wir das tatsächlich noch nicht hatten, haben wir in der Richtung gesucht. Es war dann zwar kein richtiger Döner - die hatten keinen Spieß - aber es war gut. Das ı in Topkapı-Palast ist übrigens ein i ohne Punkt. Um das zu sprechen macht man einen Mund wie beim i und versucht ein u zu spechen. Koreaner kennen das, es ist ähnlich wie ein 으.

    Überhaupt, Hea-Jee kann richtig gut Türkisch sprechen. Das hat sie vor 40 Jahren auf der Ausgrabung in Ostanatolien gelernt, an der sie mal teilgenommen hat. Und weil Koreanisch und Türkisch irgendwie verwandt sind, kann sie das auch gut aussprechen. Deshalb wird sie hier von allen geliebt. Und wenn die Türken erfahren, dass sie aus Korea kommt, dann kommt meist der koreanische Gruß Anyeong haseo. Zwischen den beiden Ländern gibt es eine spezielle alte Beziehung, türkische Soldaten haben im Koreakrieg mitgekämpft. Damals hatte die UNO beschlossen, eine internationale Truppe zur Verteidigung Südkoreas zu entsenden und da waren etliche Länder beteiligt.

    Ach ja, die Türken sind sowieso überaus freundliche, ruhige und hilfsbereite Menschen. Es können zwar bei weitem nicht alle Englisch, aber irgendjemand ist immer da, und kann helfen.

    Der Bahnhof in Ankara ist ganz anders, als der in Istanbul. Er ist gigantisch, hochglanzpoliert und es gibt ein paar Geschäfte für Reiseutensilien, u.a. eine Rossman Drogerie (eine Drogeriekette in Deutschland).

    Hea-Jee:
    Heute ist der Tag des Abschieds von Istanbul, das uns in den letzten Tagen richtig ans Herz gewachsen ist. Nach fünf Tagen Aufenthalt haben wir uns sogar mit dem Hotelpersonal angefreundet, sodass wir uns persönlich verabschieden wollten. Der Dame, die uns jeden Morgen das Frühstück vorbereitet hat, haben wir 100 Lira gegeben. Für die Reinigungskraft haben wir ebenfalls 100 Lira auf dem Tisch liegen lassen.

    Davor mussten Arnd und ich aber eine ganze Weile über das Thema Trinkgeld diskutieren. Ich hatte einfach ChatGPT gefragt, sofort einen Betrag festgelegt und das Geld vorbereitet. Arnd hingegen konnte sich auf ChatGPT nicht so recht verlassen – schließlich, meinte er, klinge es manchmal zu überzeugend, selbst wenn es Unsinn erzählt. Also hat er lieber selbst recherchiert. Nach längerer Suche stand er zwischen zwei Extremen: Einerseits 3 Euro pro Nacht, was uns völlig unrealistisch erschien, andererseits dem Standpunkt, dass es in der Türkei gar keine Trinkgeldkultur gebe und Touristen deshalb auf keinen Fall etwas geben sollten.
    
Am Ende haben wir entschieden, es einfach nach Gefühl zu machen – und ich habe den Betrag überreicht, den ich vorbereitet hatte. Beide Damen haben sich mehrfach bedankt, also scheinen wir damit nicht ganz falsch gelegen zu haben.

    Unser Freund Jörg hatte in einem Kommentar gefragt, wie das Eis und der Döner in der Türkei schmecken. Also haben wir heute Mittag einen Döner gegessen. Im Gegensatz zu dem in Deutschland hatte er nicht diesen typischen, intensiven Gewürzgeruch, was mir besser gefallen hat. Eis haben wir keins gekauft – ich mag diese aufwendige Show bei der Übergabe nicht, bei der man sich zum Narren machen lassen muss. Ich bezahle doch nicht, damit jemand auf meine Kosten eine Zirkusnummer abzieht!

    Mit dem schweren Gepäck bei der Hitze Straßenbahn und U-Bahn zu wechseln, war ziemlich anstrengend – vor allem über das holprige Kopfsteinpflaster auf dem Weg zum Bahnhof. Weil wir spät in Ankara ankommen, haben wir vorher noch schnell ein paar Sandwiches und Wasser fürs Abendessen besorgt und sind dann in den Bahnhof gegangen.
    
Alles war nur auf Türkisch angeschrieben, sodass wir nicht wussten, wo wir hinmüssen und wo wir uns anstellen sollen. Erst schien niemand unsere Hilflosigkeit zu bemerken, aber als wir jemanden direkt ansprachen, war er dann sehr freundlich und hat uns auf Englisch weitergeholfen. Hätte man nicht einfach helfen können, wenn man sieht, dass Ausländer hilflos umherirren?
    
Wie am Flughafen wurden unsere Taschen per Röntgen gescannt, wir mussten den Pass zeigen und konnten dann in den Zug einsteigen.

    Weil wir das Ticket etwas spät gebucht hatten, war die Economy-Klasse schon ausgebucht, also sind wir Business gefahren. Es ist so komfortabel, dass man richtig Lust bekommt, etwas zu schreiben. Die Zugbegleiter haben uns sogar Lunchpakete gebracht und Tee eingeschenkt – ich hatte Spaß beim Essen.

    Vorhin sahen wir noch das Meer draußen am Fenster vorbeiziehen, aber inzwischen fährt der Zug durch eine recht gebirgige Landschaft. Arnd, der eben noch eifrig recherchiert und Fotos sortiert hat, ist mit geneigtem Kopf eingeschlafen. Den ganzen Tag über hat sein Kopf pausenlos gearbeitet: den richtigen Weg finden, die komplizierten öffentlichen Verkehrsmittel korrekt nutzen, genau rechnen, um das Restguthaben auf der Istanbulkart sinnvoll aufzubrauchen… Kein Wunder, dass er jetzt müde ist – auch wenn Kopfarbeit eigentlich sein Hobby ist.
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