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    Tag 17a - Die unterirdische Stadt

    July 12 in Turkey ⋅ ☀️ 31 °C

    Arnd:
    In Göreme werden Ausflugstouren angeboten, auf denen man eine Reihe von Attraktionen gezeigt bekommt. Sie dauern 6 Stunden, der Transport im Kleinbus und ein Mittagessen sind enthalten. Der Preis dafür ist 60€ pro Person. Auf einen so langen Ausflug hatten wir allerdings bei der Hitze keine Lust und wir befürchten auch, dass die Zeit bei jeder Attraktion sehr knapp bemessen ist. Was uns noch interessierte, war eine der unterirdischen „Städte“ zu sehen. Das haben wir uns privat organisiert und hatten dann 1 1/2 Stunden Zeit, um es gründlich anzuschauen.

    Der Boden hier in der Gegend besteht überall aus diesem weichen Tuff-Gestein, in das man leicht Hohlräume graben kann. Es ist wohl nicht ganz sicher, wann es begann, hier eine ganze Stadt zu errichten. Es gibt Vermutungen, dass die Anfänge schon auf die Hethiter zurückgehen, die vor etwa 3000 Jahren diese Gegend besiedelten. Diese Städte waren nicht dauerhaft besiedelt, sondern dienten als kurzfristiger Rückzugsort, wenn mal wieder feindliches Militär die Gegend unsicher machte. Ab dem 2. Jahrhundert lebten hier Christen. Zur Erinnerung, das römische Reich war zu der Zeit noch nicht in West und Ost geteilt und auch noch nicht christianisiert.

    Der erste Laden, bei dem wir nach einer Exkursion nur nach so einer unterirdischen Stadt gefragt haben, meinte, wir sollten einfach ein Taxi nehmen, was wir am Ende auch getan haben. Wir sind am Tag vorher zum Taxistand gegangen und haben gefragt. Der Preis war gut 50€. Dafür wurden wir zum vereinbarten Termin beim Hotel abgeholt, die 30km zu unserem Ziel gefahren. Der Taxifahrer hat 1 1/2 Stunden auf uns gewartet und uns wieder nach Hause gebracht. Ein typischer Job hier.

    Unser Ziel hieß Kaymaklı. Wir haben hier ein paar Bilder eingestellt, die Erklärungen findet man besser in der Wikipedia:
    Deutsch: https://de.wikipedia.org/wiki/Kaymaklı
    Englisch: https://en.wikipedia.org/wiki/Kaymakli_undergro…
    Da gab es auch noch einen Link auf ein (deutsches) pdf mit mehr Informationen und vor allem einigen Illustrationen, die zeigen, wie das Leben dort ausgesehen haben mag:
    http://www.mineral-exploration.com/mepub/kaymak…

    Hea-Jee:
    Die unterirdische Stadt ist dafür bekannt, dass frühe Christen sich hier zeitweise versteckten, um den Verfolgungen durch das Römische Reich zu entkommen und als Glaubensgemeinschaft zusammenzuleben. Auch danach diente sie bis ins 19. Jahrhundert hinein bei feindlichen Überfällen immer wieder als Schutzraum für die Bewohner. In friedlicheren Zeiten wurde sie als kühles Lager für Wein oder sogar als Stall genutzt.

    Der Teil, den wir besichtigt haben – also der für Touristen freigelegte Bereich – macht laut Angaben nur ein Zehntel der ursprünglich existierenden Stadt aus. Die tatsächliche Größe verdient also mit Recht die Bezeichnung „Stadt“. Laut unserem Guide lebten hier einst mehr als 5000 Menschen.

    Vom Eingang, der in den Felsen gehauen ist, geht es zunächst hinab zu Stallungen, etwas tiefer befinden sich Kapellen und Priesterzimmer, dann folgen Wohnräume. Wieder ein Tunnel, dann erneut Wohnräume – so geht es immer weiter, bis man schließlich eine Tiefe von etwa 60 Metern erreicht.

    Einige Gebrauchsgegenstände wie Mühlsteine wurden zur Veranschaulichung aufgestellt, doch ohne die Beschriftungen an den Wänden und die Erklärungen des Guides wäre es schwer gewesen, sich das damalige Leben vorzustellen.

    Besonders faszinierend war zu sehen, wie grundlegende Bedürfnisse wie Wasser, Luft und Licht in dieser unterirdischen Stadt gedeckt wurden. Das Wasser stammte aus tiefen Brunnen, die bis ins Grundwasser reichten. Die Luft wurde durch ein ausgeklügeltes Belüftungssystem, das wie riesige Kamine gebaut war, bis in die tiefsten Bereiche geleitet. Für Licht sorgten kleine Nischen in den Wänden, in die man Leinsamenöl-Lampen stellte.

    Es gab sogar eine Küche. Im Boden war ein großes, fassähnliches Loch gegraben, in dem Feuer gemacht wurde – an dessen Wand klebte man Teigfladen, ähnlich einem Tandoori-Ofen. Wegen des Rauchs und der Gefahr entdeckt zu werden, wurde nur nachts gekocht – und das auch nur ein- bis zweimal pro Woche. Lebensmittel wurden so weit wie möglich in getrockneter Form für lange Zeit gelagert.

    Gelegentlich stießen wir auf enge, lange Tunnel, durch die gerade einmal eine Person gebückt hindurch passte. Diese engen Durchgänge dienten der Verteidigung – damit im Ernstfall die Feinde nur einzeln eindringen und leichter abgewehrt werden konnten.

    Erstaunlicherweise stellte sich mir nicht die Frage, wie die Menschen mit Konflikten umgingen, die durch das lange Zusammenleben in engen Verstecken entstanden sein könnten. Ich stelle mir vor: In einer Umgebung, in der das bloße Überleben im Mittelpunkt stand, schienen zwischenmenschliche Spannungen kaum Raum zu haben – fast wie ein Luxus. Vielleicht mussten unsere Vorfahren sich notgedrungen aufeinander verlassen, einander unterstützen – einfach, um als Gemeinschaft überleben zu können.
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