• Tag 19 - Ankara Castle

    July 14 in Turkey ⋅ ☀️ 34 °C

    Arnd:
    Meine erste Orientierung, wenn ich wissen will, was irgendwo sehenswert ist, ist die Wikipedia. Da haben alle Orte ihren Platz (eine immer gleich strukturierte Seite) und dort gibt es meist den Abschnitt Tourismus. Zu Ankara ist dort nicht viel im Angebot. Im Museum für Anatolische Zivilisationen waren wir ja bereits. Bleibt als Highlight noch Ankara Kalesi, die Zitadelle von Ankara. Das war unser Hauptziel für heute. Nach dem reichhaltigen Frühstück sind wir diesmal mit dem Bus in die Gegend der Zitadelle gefahren. Die liegt in der Nähe des Museums für Anatolische Zivilisationen und da hatte uns letztes Mal ein Foto des Gebäudes gefehlt. Das wird hier nachgeliefert.

    Bus fahren ist eigentlich auch ganz einfach, man muss nur herausfinden, welchen Bus man nehmen muss, und das ist meist nicht so einfach, weil es so viele davon gibt und die offiziellen Informationen nicht gut zugänglich sind. Für Ankara war tatsächlich Google Maps eine gute Informationsquelle. Bezahlt wird in Ankara für Metro und Busse einheitlich mit der Ankara Card, die man z.B. in Metrostationen kaufen und aufladen kann.

    Die Zitadelle ist ein Teil eines Wohngebiets, das noch von einer alten Stadtmauer eingeschlossen ist. Die Häuser dort sehen neu und sehr einheitlich aus, sind aber in einem alten Stil gebaut. Interessant ist vor allem eine Festung in der Stadtmauer, die man besteigen kann. In den Mauern der Festung wurden auch Bruchstücke von älteren Gebäuden verbaut, was man an vielen Orten zu sehen bekommt und was ganz lustig aussieht.

    Von der Festung aus hat man eine fantastische Aussicht über die Stadt. Die Hochhäuser im Zentrum gehören meist irgendwelchen Firmen und haben eine sehr individuelle Gestaltung. Die Hochhäuser am Stadtrand sind dagegen Wohngebäude, teilweise bis zu 20 Stockwerke hoch und meist in Gruppen stehend. Das ist uns aus Korea nur allzu bekannt. In diesen Hochhäusern wohnt eine neue Mittelschicht und diese Wohnform ist in Korea sehr beliebt. Das dürfte in der Türkei auch so sein. Diese Wohnform ist also nicht, wie in Deutschland, unbeliebt und gilt als minderwertig. Es sind eher gesellschaftliche Stimmungen, die da eine Rolle spielen. Bei uns hat man sowas auch gebaut, um damit preisgünstigen Wohnraum zu schaffen. Dann wurden diese Viertel von den sozial schwächeren Menschen erobert und hatten damit ihren Ruf weg. Wenn man aber ein Wohnraumproblem hat, wie die Großstädte in Deutschland und nicht mehr genügend Baugrund hat, dann sollte man vielleicht doch nochmal darüber nachdenken. Baut doch mal kompakte, aber hochwertige hoch gestapelte Wohnungen. Diese Häuser in der Türkei sind ziemlich neu und ein Zeichen der zunehmenden Verstädterung.

    Rund um die Zitadelle gibt es Verkaufsstände für die meist türkischen Touristen. Etliche alte Frauen bieten dort handgemachte Sachen an. Auf dem Weg zurück hatte Hea-Jee noch ihren Spaß beim stöbern in einem Kleidermarkt, ich habe derweil ein paar Katzenfotos gemacht.

    Nachmittags wollten wir noch ein Highlight des öffentlichen Verkehrs ausprobieren. Es gibt im Norden von Ankara Neubaugebiete, die auf höheren Hügeln errichtet wurden. Und dorthin hat man 2014 eine Seilbahn mit 4 Stationen als städtisches Nahverkehrsmittel errichtet. Sowas ist mittlerweile ein globaler Trend. Auch München hat das schon überlegt, aber leider verworfen. Ich wollte das gern mal in Aktion erleben. Also sind wir mit der Metro zur Talstation gefahren und mussten dann enttäuscht feststellen, dass die Seilbahn nicht fährt. Zurück im Hotel zeigte eine Recherche, dass die Ankaraer Architekten die Stadt wegen dem Bebauungsplan verklagt und Recht bekommen hatten. Daraufhin wurde die Seilbahn erstmal still gelegt.

    Hea-Jee:
    Im Vergleich zu dem Hotel, in dem wir letztes Mal in Ankara übernachtet haben, ist dieses hier richtig luxuriös. Das Zimmer, das wir über Expedia für 59 Euro gebucht hatten, kostet normalerweise 100 Euro. Wegen der schlechten Wirtschaftslage scheinen viele Zimmer leer zu stehen – also senkt man wohl inoffiziell ein wenig den Preis, um sie trotzdem zu vermieten.

    Die Einrichtung ist auffällig edel, und das Frühstück war luxuriöser als in allen Hotels, in denen wir bisher übernachtet haben. Es ist erstaunlich, wie viel komfortabler das Leben wird, wenn man nur ein bisschen mehr Geld ausgibt. Arnd und ich haben über unseren Lebensstandard gesprochen. Wollen wir künftig etwas mehr Geld ausgeben, um bequemer und luxuriöser zu leben?

    Wir waren uns beide sofort einig: „Nein.“

    Arnd meinte, er fühle sich in diesem Ambiente einfach nicht wohl. Er fand es unangenehm, dass vor dem Hotel eine Reihe protziger, spritfressender Luxusautos geparkt war – ich musste fast lachen (er ist wirklich konsequent!). Wahrscheinlich, so meinte er, habe das Hotel die Autos zur Schau dort abgestellt.

    Mir gefiel es nicht, dass ein Page unser Gepäck ins Zimmer trug – obwohl es sogar zwei Aufzüge gab. Es ging mir dabei nicht ums Trinkgeld. Wir packen unsere Taschen so, dass wir sie selbst tragen können, und hatten bislang nie ein Problem damit, auch in Hotels ohne Aufzug alles selbst zu schleppen. Wenn jemand eine Aufgabe übernimmt, die wir problemlos selbst erledigen könnten, ist das für uns kein Vorteil – und kein Grund, mehr Geld auszugeben.

    Für mich lohnt es sich, etwas mehr Geld auszugeben, wenn das Zimmer und das Bad sauber sind und Klimaanlage sowie Dusche gut funktionieren. Aber nur weil Marmor und teure Materialien verwendet wurden, verbessert sich meine Lebensqualität nicht. Ich habe natürlich auch meinen Geschmack – aber der hängt nicht vom Preis der Materialien ab.

    Ein vielfältiges und reichhaltiges Frühstück ist zwar schön, aber ich bin mit einfachem Essen schnell zufrieden. Das Frühstücksangebot der Hotels, die wir bisher für etwa 50 Euro gebucht haben, reicht mir völlig. Außerdem bin ich ein Gefühlsmensch: Wenn ich in einem einfachen Hotel das Gefühl habe, dass die Leute sich ehrlich Mühe geben, dann ist das für mich der beste Service.

    Wir haben im Laufe unseres Lebens erfahren, dass man umso freier lebt, je weniger Geld man für den selbst festgelegten Lebensstandard braucht. Als wir als Studenten unser erstes Kind bekamen, beschlossen wir, Eltern zu sein, die ihrem Kind mehr Zeit als Geld schenken. Damit stellten wir damals die Weichen für unsere Zukunft: ein Leben mit weniger Geld.

    Seitdem achten wir darauf, dass sich unser Lebensstandard nicht unbemerkt immer weiter erhöht. Wenn man dasselbe Geld ausgibt und sich dabei schlechter fühlt – ist das nicht ein Verlust? Deshalb führen wir ab und zu solche Gespräche, um uns selbst zu überprüfen.

    Arnd hat heute unsere Erlebnisse mit viel Details erzählt – deshalb beende ich heutigen Eintrag mit ein paar Gedanken über Hotels und das Leben.
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