• Tag 20 - Reise nach Ḫattuša

    July 15 in Turkey ⋅ ☀️ 34 °C

    Arnd:
    Unser nächstes Ziel ist Ḫattuša, die alte Hauptstadt des Reiches der Hethiter. Das Hethitische Großreich wurde erst Ende des 19. Jhdts. entdeckt, auch in antiker Zeit war es bereits unbekannt. Fundstücke hatte man den Ägyptern zugeschrieben. Das Großreich begann etwa 1350 BC, der Untergang geschah im frühen 12. Jhdt. BC. In seiner Blütezeit überdeckte es fast die gesamte heutige Türkei und den Norden Syriens und grenzte dort an das antike Ägypten. Die Hethiter sprachen eine Indogermanische Sprache und verwendeten die Keilschrift. Man hat in Ḫattuša etwa 30000 Keilschrifttafeln gefunden. Auch in Ägypten wurden solche Tafeln gefunden. Hethitisch ist damit die erste geschriebene indogermanische Sprache.

    Ach ja, indogermanisch. Hört man immer wieder, aber es sagte mir bis vor kurzem nicht viel. Es war eine der größten Entdeckungen der Sprachwissenschaften, festzustellen, dass es zwischen dem indischen Sanskrit (genauer den meisten Sprachen in der nördlichen Hälfte Indiens) und europäischen Sprachen, u.a. auch Latein und Griechisch, eine große strukturelle Verwandschaft gibt, die nicht zufällig sein kann. Erste Entdeckungen in diese Richtung geschahen bereits im späten 16. Jhdt. Irgendwo muss sich die Mutter all dieser Sprachen entwickelt und sich dann mit den Völkerwanderungen in prähistorischer Zeit in alle Richtungen verbreitet haben. Wie das genau ablief, ist bis heute Gegenstand aktiver Forschung.

    Hea-Jee:
    Heute ist ein nationaler Feiertag in der Türkei: Der Tag der Demokratie und der Nationalen Einheit. Er wurde eingeführt, um an den 15. Juli 2016 zu erinnern, als Bürger sich dem versuchten Militärputsch entgegenstellten und die Demokratie verteidigten. Es ist ein freudiger Gedenktag – deshalb war heute die Metro in Ankara kostenlos.

    Wir haben Ankara verlassen und sind in die Kleinstadt Boğazkale weitergereist, wo sich die Ruinen der antiken Stadt Hattuša befinden. Nach dem Aussteigen aus dem Fernbus mussten wir erst einmal eine Weile zu Fuß laufen, um einen Minibus zu finden – aber es hieß, dass heute wegen des Feiertags keine Minibusse fahren. Die Türkei ist wirklich ein lustiges Land.

    Am Ende nahmen wir ein Taxi zum Hotel, das wir im Voraus gebucht hatten. Es ist das einzige Hotel hier, das wir reservieren konnten – offenbar ist das ein sehr selten besuchtes Reiseziel.

    Der Preis ist derselbe wie das Hotel gestern in Ankara, aber das Gebäude ist ein ganz normales, schlichtes Haus, was irgendwie angenehm war. Es gibt keine Klimaanlage, aber das Zimmer war nicht heiß. Der Wind war kühl. Vielleicht liegt es daran, dass es hier auf dem Land weniger aufgeheizten Beton gibt und viel mehr Grünflächen?

    Der Hotelbesitzer rät uns ab, ins Restaurant nebenan zu gehen – das werde von seinem Cousin geführt, und sie verstehen sich nicht gut. Stattdessen empfahl er uns, im Hotel zu essen. Seine Mutter hatte ein einfaches, aber bekömmliches Hausessen gekocht. Den Preis wissen wir nicht – wir sollen einfach alles beim Auschecken bezahlen.

    Die Menschen in der Türkei sind wirklich friedlich im Wesen. Wir haben bisher nie jemanden streiten oder laut werden sehen. Alle sind höflich und hilfsbereit. Sie beobachten uns nicht aufdringlich, aber wenn wir Hilfe brauchen, taucht plötzlich jemand auf und hilft ohne zu zögern. Mit solchen Menschen zusammenzuleben – das könnte ich mir in diesem Land durchaus vorstellen.
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