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  • Day 10

    Gletscher, Wale und Elche

    June 12, 2023 in the United States ⋅ 🌧 6 °C

    Nachdem wir unsere erste Woche mit Autokauf und -ausbau verbracht haben, geht es für uns am Freitag endlich los auf den Roadtrip!

    Die erste Etappe machen wir direkt nicht alleine, sondern nehmen Kelly aus Chicago und Hilmar aus Amsterdam nach Seward auf der Kenai Peninsula (Halbinsel) mit. Die Kenai Peninsula ist ein großes Naturschutzgebiet, das von Wäldern, Gletschern und einem großen Icefield geprägt ist.

    Der Weg nach Seward ist schon ein absolutes Highlight! Grüne Mischwälder, hohe Berge und türkisfarbenes Gletscherwasser rahmen den Highway 9 von Anchorage nach Seward.

    In Seward übernachten wir auf einem Zeltplatz direkt am Wasser. Seward ist eine kleine Hafenstadt am Ufer des Resurrection Bay. Klein und beschaulich, aber durchaus charmant. Zunächst einmal bringen wir unsere Wäsche in den nächstgelegenen Salon (Laundromat genannt) und mithilfe einer freundlichen Dame fummeln wir uns in die Bedienungsweise der Maschinen. „Well I don’t work here you know“, antwortet sie, nachdem wir die sechste super spezifische Frage zu den Waschmaschinen und Trocknern stellen. Diese Hilfsbereitschaft von nicht angestellten Menschen sind wir nicht gewohnt!

    Später kochen wir im Regen unser erstes Abendessen on Tour, das wir dann aber im engen Auto verspeisen müssen. Schluck, dieser Standard wird erstmal etwas gewöhnungsbedürftig sein… Ich muss sogar eine Träne verdrücken, zuhause ist es jetzt bestimmt warm und sonnig.

    Auch die Zeltplätze hier sind anders als in Deutschland. Toiletten sind keine Selbstverständlichkeit und Duschen gibt es nur wenn man Glück hat (um heiß zu duschen sind wir hier in ein nahegelegenes Gym gegangen).

    Auf unserem Campingplatz stehen wir zwar in der vierten Reihe, können die Berge und den großen Fjord aber trotzdem beim Einschlafen aus unserem Auto beobachten. Die Nacht ist unerwartet kalt. Wir kuscheln uns fest in unsere Decke aber durch das undichte Auto schleicht die Kälte immer wieder ins Innere und so frösteln wir uns in den nächsten Tag.

    Am nächsten Morgen geht es nach dem Frühstuck auf eine Glacier Cruise. Die ist zwar teuer, aber jeden Cent wert: Wir fahren entlang von steilen Felsklippen und schroffen Waldhängen. „Alaska is rough, man!“ Je näher wir dem Gletscher kommen, desto kälter wird es. Auf der Fahrt sehen wir unglaublich viele Tiere: anfangs direkt einen Weißkopfseeadler. Wobei dieser bei der Rückfahrt unverändert an der gleichen Stelle sitzt (eine Attrappe um Beschwerden über mangelnde Tiersichtungen zu umgehen?).

    Kleine Wale springen wie Delphine entlang unseres Bootes und lassen sich von den Wellen treiben, wir sehen eine schlafende Buckelwalkuh. Wenn Buckelwale schlafen gilt das nur für eine Gehirnhälfte, die andere bleibt dabei wach und navigiert den Wal immer wieder an die Oberfläche um zu atmen.

    Näher an dem Gletscher sehen wir einige Seeotter, die sich durch die im Wasser schwimmenden Eisschollen auf dem Rücken treiben lassen und dabei fressen. Der Gletscher selbst ist gigantisch. Wir erreichen Temperaturen von unter null Grad und kleine Schlauchboote nah an Eingigangen sehen aus wie Stecknadeln. Auch kleine Gletscherabbrüche können wir beobachten. Durchgehend ist lautes Knacken und Krachen zu hören, was uns eine Vorstellung der Kräfte und Spannungen gibt, die hier herrschen.

    Auf der Rückfahrt schießt neben dem Boot eine schwertförmige Rückenflosse aus dem Wasser: ein Orca! Wir können unser Glück kaum fassen. Dann fahren wir an einem großen Felsen vorbei, auf dem sich eine Gruppe Seelöwen ausruht (wie sind die da hoch gekommen?).

    Nach sechs Stunden Fahrt sind wir zurück am Hafen und froh, wieder festen Boden unter den Beinen zu haben. Abends fallen wir müde, geschafft und völlig überwältigt von den Eindrücken dieses Tages in unser Bett. Die Nacht wird wieder kalt, aber diesmal sind wir wärmer angezogen.

    Den Sonntag verbringen wir vormittags noch in Seward und verabschieden uns von Kelly und Hilmar, die noch länger in der kleinen Hafenstadt bleiben.

    Wir fahren weiter, zunächst zum Exit Glacier einer Gletscherabbruchkante zu der man wandern kann. Mit Bärenspray und Regencapes ausgestattet starten wir also auf unsere erste (kleine) Wanderung. Ein bisschen nervös sind wir wegen der Bären schon, aber uns begegnet zum Glück keiner. Auch hier können wir wieder tolle Berghänge und Felsformationen beobachten und auch der Gletscher selbst ist ein einmaliger Anblick!

    Wieder am Auto zurück fahren wir weiter bis nach Hope. Ein kleiner verlassener Ort mit 79 Einwohnern. Wir entscheiden uns für den Campground in der Nähe des Strandes. Als wir gerade geparkt haben, spaziert ein Elch über die Straße und durch die Vorgärten der fünf Häuser auf der „Main Street“. Wir kaufen etwas Feuerholz und machen uns Abendbrot. Da wir ganz alleine sind, ist es sehr still. „Oh, you know yesterday it was packed here! We always have live Music here in this bar on the weekends but on Sundays everybody’s gone again” ließ uns der ortsansässige Imbissbetreiber wissen… schade, um einen Tag verpasst, aber so ganz alleine ist es auch sehr idyllisch. Einmal verwechseln wir einen Ast mit einem Bären und packen schnell alles ins Auto, aber sonst läuft der Abend sehr entspannt ab. Der Blick aus dem Auto am Abend und auch jetzt, morgens, ist wirklich wunderschön!

    Heute werden wir die Kenai Peninsula verlassen und uns langsam aber sicher Richtung Kanada aufmachen… (J)
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