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  • Day 27

    Banff: Hochs und Tiefs (wortwörtlich)

    June 29, 2023 in Canada ⋅ ☁️ 22 °C

    Von Japser geht es über die Columbia Icefield Road nach Banff. Die Columbia Icefield Road soll eine der schönsten Strecken der Welt sein, zumindest dem TravelGuide zufolge, der uns in Jasper ausgehändigt wird.

    Auf dem Weg machen wir einige Stopps und strecken die rund 300 Kilometer auf einen ganzen Autofahrtag. Die Straße ist wirklich schön: sie schlängelt sich entlang der typisch-grünen Tannenwälder Kanadas, einiger See und auch bis hoch ins Gebirge, wo das Columbia Icefield besichtigt werden kann. Die Touren sind uns jedoch zu teuer. Wir machen lieber Halt an einigen Wasserfällen und Lookouts und nutzen das Columbia Icefield Infocenter als Mittagspausenstopp und WLAN-Quelle zur Planung der kommenden Wochen.

    Am späten Nachmittag kommen wir in Banff an und merken den Unterschied zu Japser sofort: ein Luxushotel reiht sich an das nächste, die Straßen sind voll mit Touristen und beim Einkaufen verlieren wir bei dem Trubel fast die Nerven. Banff ist deutlich touristischer als Jasper. „Naja“, denken wir uns, „dann wird ja zumindest auch unser Campground ganz nett und erschlossen sein“. Fehlanzeige! Wir müssen aus Banff eine gefühlte Ewigkeit zu unserem Zeltplatz fahren, der mitten in einem immer-feuchten Wald liegt. Statt einer heißen Dusche begrüßen uns mehrere Dutzend Moskitos und die sanitären Anlagen sehen aus, als wären sie seit 1980 nicht mehr renoviert worden (was wohl gar nicht so unwahrscheinlich ist). Unser erster Abend in Banff endet früh, denn am nächsten Tag klingelt schon um 05 Uhr der Wecker: wir wollen zum berühmten Lake Louise. Dieser ist nicht nur uns bekannt und wenn man nicht völlig im Tourismusdschungel untergehen will, muss man wohl spätestens um 06 Uhr morgens vor Ort sein.

    Gesagt, getan. Voller Euphorie sind wir am nächsten Morgen um 05:30 Uhr auf dem Highway Richtung Lake Louise und freuen uns auf das entspannte Morgenidyll an einem unberührten Gletschersee.

    Diese romantisch verklärte Vorstellung wird schnell mit der knallharten Realität überschrieben: gerade so kriegen wir noch einen der letzten Parkplätze. „Dayparking 21 $“. Mürrisch legen wir unsere Parking Permit hinter die Windschutzscheibe und machen uns auf den Weg zur Wanderung zum Lake Louise. Diese Wanderung dauert genau drei Minuten, denn der See ist quasi direkt am Parkplatz. Wirklich unberührt ist der See auch nicht: ein 15-geschossiger Hotelkomplex (Typ Platte mit Märchentürmchen) verspricht einen einmaligen Blick vom eigenen Hotelzimmer auf den Lake Luise und reiht sich problemlos ein in das Gesamtbild, das durch betonierte Wege und hunderte posierende Touristen komplettiert wird. Unsere Laune ist entsprechend. „Naja“ ,denken wir uns, „vielleicht gibt es ja hier in der Nähe doch noch einen recht ruhigen Wanderweg, damit die 21 $ nicht völlig zum Fenster rausgeschmissen sind“. Und so ist es auch: versteckt an der Seite von einem betonierten Weg um den See weist ein Schild den Wanderweg zum Lake Agnes und dem gleichnamigen Teehaus aus. Das ist genau nach unserem Geschmack und wir machen uns direkt auf. Die Wanderungist wirklich anstrengend. Die 3,8 Kilometer fühlen sich an wie 10. Es geht steht nur bergan und der Wanderweg selbst ist tatsächlich eher naturbelassen. Aber das ist auch was wir wollten. Als wir nach mehreren Pausen, kleinen Zickereien und viel Schweiß endlich beim Agnes Lake und dem Teehaus angelangt sind, ist es kurz vor acht. Das Teehaus macht um acht auf. Perfekt! Eine kleine Schlange hat sich schon vor der Hütte gebildet, aber das ist im Vergleich zum Lake Louise wirklich verkraftbar. Die Anstehenden kämpfen nach der Eröffnung um die Plätze draußen mit vermeintlich schönsten Blicken, aber wir entscheiden uns rein zu gehen, da es ohnehin noch sehr frisch ist. Das ist auch die beste Entscheidung, der Charme des Teehauses kommt im Innenraum erst wirklich zur Geltung und wir sitzen an dem schönsten Platz durch das Fenster auch einen wirklich malerischen Blick hatte. So kommen wir auch mit dem Team ins Gespräch („this is exactly the spot I sit at every morning!”) und im Hintergrund dudelt zwischendurch sogar „Pocahontas“ von „Annenmaykantereit“. Wir trinken Limonade und essen Suppe und Kekse. Als wir das Teehaus wieder verlassen, hat sich davor schon eine dermaßen lange Schlange gebildet, dass wir wirklich Mitleid mit den Wandernden haben, die es bis hier geschafft haben und dann noch so lange anstehen müssen. Für uns geht es aber erstmal noch etwas höher hinaus zum „Little Beehieve“ von welchem wir einen tollen Blick über den Lake Louise (ohne Touristen) haben. Der Abstieg ist auch nicht unanstrengend, aber wir sind wirklich froh, dass wir so früh gewandert sind, denn es kommen uns Massen an Menschen entgegen, die sich eine solche Idylle wir sie beim Anstieg hatten wohl auch wünschen würden. Letztendlich hat sich Lake Louise also doch gelohnt.

    Den Nachmittag nutzen wir, um ab dem nächsten Tag einen neuen Campground zu finden und kochen uns abends eine mittelmäßige Reisepfanne.

    Der zweite Banff-Tag wird genutzt zur Orga von Campgrounds und dem Buchen einer neuen Unterkunft in Vancouver (unsere bisherige hat wohl einen Wasserschaden). Am Mittwoch wollen wir mit der Sunshine Valley Gondola hoch zum Sunshine Valley fahren und von dort weiter mit dem Sessellift zum Start des Grizzly Lake Loop. Wir stehen wieder früh auf, um die erste Gondel um 08 Uhr zu erwischen. Doch auch hier haben wir Pech: die Gondel fährt nicht (Reparaturarbeiten). Als Ersatz wird ein Bus-Shuttle angeboten, preislich bleibt es aber bei den 65 $ pro Person. Immerhin funktioniert der Sessellift und eine Fahrt in einem klapprigen, gelben Schulbus der zum Shuttle umfunktioniert wurde, ist auch kein uncooles Erlebnis (wir fühlen uns wie Bart Simpson).

    Oben im Sunshine Valley geht es auf den Sessellift und von über 2.100 Metern dann los auf die Wanderung. Diese Wanderung ist die malerischste und bezauberndste die wir bisher gemacht haben: wir sind fast ganz alleine mitten im Hochgebirge, umgeben von Bergblumen, riesigen Wiesenflächen und atemberaubenden Ausblicken. Uns begegnen nur mehrere Nager auf dem Weg und auch ein zutrauliches Murmeltier kreuzt unseren Weg. Die Wanderung führt entlang von drei Seen und passiert auch den „Simpson-Lookout“ (wie passend).

    Der Hinweg geht fast nur bergab, das Wissen, auch alles wieder hoch zu müssen entmutigt uns bei einer solchen Atmosphäre aber nicht. Der Gedanke an Bären ist bei uns zwar immer noch im Hinterkopf vorhanden („Be Bear Aware!“) aber wir sind inzwischen schon deutlich entspannter und natürlich begegnet uns auch kein Grizzly (auch nicht am Grizzly-Lake).

    Der Rückweg ist so wie am Lake Louise: uns kommen ununterbrochen Wandergruppen entgegen und wir sind wieder darin bestätigt: früh Wandern lohnt sich! Als wir zurück kommen fährt die Gondel wieder, wir gönnen uns aber erstmal noch einen Snack (überbackene Nachos) im ansässigen Pub. Gerade als wir fertig sind, donnert es in der Nähe und die Gondel schließt, diesmal wegen des Wetters („Is‘n Scherz oder?“). Zunächst beschließen wir zu warten und überbrücken etwas Zeit mit Billardspielen im Pub, aber als auch nach 1,5 Stunden keine Wiedereröffnung der Gondel in Sicht ist, geben wir auf. Also wieder mit dem Bus runter. Die Gondel hat leider nicht geklappt, aber die Wanderung war’s trotzdem wert (und Sessellift fahren war auch ganz nett ☺️).

    Insgesamt ist uns Banff zu touristisch und wir beschließen, einen Tag früher als geplant abzureisen. Den letzten Tag wollen wir noch im Johnston Canyon wandern gehen und dann weiter ziehen in Richtung Revelstoke und Vancouver.

    Für den Johnston Canyon heißt es wieder um 06 Uhr aufstehen. Diesmal ist der Parkplatz wirklich leer und wir können die Wanderung sehr genießen. Sie führt entlang zwei toller Wasserfälle und weiter bis zu den „Inkpots“, kleine Seen in verschieden Farben, die von unterirdischen Quellen gespeist werden. Auch hier wieder viel bergan und bergab, wir schwitzen, aber die Ausdauer wird langsam schon besser. Bei den Inkpots sind wir ganz alleine und können eine ausgedehnte Pause mit kleinem Schläfchen machen. Auf dem Rückweg treffen wir wieder viele Wandernde und zweigen auf halber Strecke Richtung „Moose Meadows“ (zu deutsch: Elchwiesen) ab, ein Umweg von ca fünf Kilometern. Hier erhoffen wir uns aber große weite Wiesen und vielleicht auch den ein oder anderen Elch. Naja, der Wanderweg schlängelte sich durch einen sehr dichten Tannenwald („Wo sind die Meadows und wie zur Hölle sollen hier Elche durchpassen??“) und endet auf dem Moose Meadows Parkplatz. Von hier müssen wir nochmal zwei Kilometer entlang des Highways laufen, auf dem oft Grizzlys gesichtet werden. Doch auch diesen Entspurt in der heißen Sonne schaffen wir und genießen dann, nach 16 Kilometern Wanderung (und 123 Stockwerke An- und Abstieg laut der iPhone Fitness App) die Klimaanlage im Auto. Mittags heißt es dann Kaffee trinken und FindPenguins schreiben und den letzten Abend gehen wir nochmal richtig schön essen (Rico will Bison Ribeye Steak probieren).

    Banff war insgesamt sehr durchwachsen. Touristisch aber trotzdem landschaftlich wirklich schön. Also Hoch‘s und Tief‘s sowohl emotionaler Art als auch auf den Wanderungen. Weiter gehts nach Revelstoke! (J)
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