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  • Day 33

    Eiszeit

    September 24, 2020 in Iceland ⋅ 🌙 0 °C

    Während es in der Schweiz angeblich noch schön warm ist, schleicht sich hier ganz klar der Winter an. Und mit dem Kommen des Winters korreliert das Gehen der Touristensaison. Wir merken das immer öfter, wenn wir vor verschlossenen Küchenhäuschen und Aufenthaltsräumen der Zeltplätze oder geschlossenen Campgrounds stehen, wenn keine Touren mehr angeboten werden oder die im Reiseführer empfohlenen Cafés und Restaurants nur noch Stundenweise ihre Pforten geöffnet haben. Natürlich spielt hier auch das gemeine Rumpelcovidchen eine Rolle und veranlasst viele Betreiber die Saison etwas früher zu beenden. So kommt es auch heute, dass wir zwar einen Stellplatz für unser Zelt, aber keine geeignete (geheizte) Koch- und Essmöglichkeit für uns vorfinden. An einem windgeschützten Platz und dick eingepackt machen wir uns ans Kochen. Rüsten, schneiden, brutzeln, rühren, würzen – geschafft, das Risotto ist fertig. Mit klammen Fingern versuchen wir die Metallgabel so zu manövrieren, dass am Schluss etwas von dem warmen Essen zum Mund geführt werden kann. Wohlige Wärme breitet sich bereits mit den ersten Bissen aus und die Kälte und der Wind sind für kurze Zeit vergessen. Beim Abwasch an einer besonders windigen Stelle ist die zugeführte Wärme schnell wieder dahin. Schlotternd rubbelt Simon das Geschirr trocken, während er in Gedanken schon unter der warmen Dusche steht. Kurze Zeit später, schmerzt es als unter dem heissen Wasser der Dusche das Leben langsam in die Finger und Zehen zurückkehrt. Trotzdem tut es gut. Das Ziel ist es, so viel Wärme wie möglich zu speichern und diese anschliessend mit in den dick mit Daunenfedern gefüllten Schlafsack mitzunehmen. Da angekommen kann uns die nächtliche Kälte, bis auf einen allfälligen Toilettengang nichts mehr anhaben. Blöd, wenn wir zwischenzeitlich noch von der Schönheit der am Himmel wabernden Aurora aufgehalten werden und uns erst losreissen können, wenn sich die Kälte schon wieder tief in unsere Kleiderschichten geschlichen hat.

    Aber es gibt auch offensichtlichere Anzeichen des nahenden Winters. Morgens ist sowohl der Boden als auch das Zelt gefroren. Da wo man bis jetzt aufpassen musste keine nassen Füsse zu kriegen, gilt es jetzt nicht auf dem Eis auszurutschen und an den Steinen in den unzähligen Bächen bilden sich erste Eisringe. Grössere Eismengen sehen wir am Vatnajökull, dem grössten Gletschersystem Europas. Die Eisschicht bedeckt die höchsten Berge Islands und die Gletscherzungen reichen bis auf Meereshöhe hinunter, wo sie oft in einem grossen Gletschersee enden. Wir geniessen den Blick auf die umhertreibenden Eisberge und -schollen, zwischen welchen immer mal wieder ein Seehund auftaucht. Die kleineren Eiskristalle liegen wie Diamanten auf den schwarzen Lavasandstränden bis sie irgendwann dahingeschmolzen sind. Und wir realisieren, dass es ganz gut ist, wenn hier die Temperaturen, nach einem angeblich eher warmen Sommer, wieder sinken und so diese Naturschönheit noch möglichst lange erhalten bleibt.
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