• Lettland - Schloss Rundāles

    June 10 in Latvia ⋅ ⛅ 16 °C

    Dem größten Barockensemble des Landes eilt sein Ruf voraus und wir folgen ihm, zwar nicht wissend, was uns erwartet, aber wir werden sehen...
    Was wir zu sehen bekommen, lässt glauben, hier residierte ein König, aber es ist ja "nur" die Sommerresidenz eines Herzogs. Und zwar des Herzogs von Kurland Ernst Johann von Biron und der hatte sehr einflussreiche Positionen im Russischen Kaiserreich inne - sogar Regent war er dort. Bis er im Jahre 1740 so in Ungnade fiel, dass er sich bereits auf dem Weg ins sibirische Exil befand, als sein Schloss nach nur 4 Jahren Bauzeit fast vollendet war. Nun ruhten die Arbeiten und erst 20 Jahre später durfte er (und ebenso seine Familie!) wieder zurück kehren. Der Großteil der Ausstattung entstand dann 1765-68. Der Ernst Johann war da bereits 78 Jahre alt und so kam er bis zu seinem Tode nur noch 4 Jahre in den Genuss, in diesem prächtigen Areal zu leben, zu schalten und zu walten.
    Wir flanieren durch den französischen Park und sind überwältigt von der Vielfältigkeit - hinter jeder Hecke erwarten uns andere Arrangements und niemals die gleichen Pflanzen beieinander! Pavillons verschiedenster Art, ein Gartenhaus und eine beispielhaften Alternative zu den DIXI-Häuschen lockern die strenge Geometrie des Parks auf.
    Und dann sehen wir auf einem Foto, wie es hier noch im Jahr 1978 ausgesehen hat! Was für eine Leistung!
    Und mit dem Schloss sah es nicht anders aus. Heute bewundern wir immer diese vollendete Schönheit, übersehen aber, dass das Meiste gar nicht mehr vorhanden war und wir uns an dem Werk geschickter Handwerker und Restauratoren erfreuen. Sichtbar gemacht ist das an einer unsanierten Decke in einem einzigen der 138 Räume und noch einmal in der Gegenüberstellung einer Intarsien-Parkettplatte mit einer gleichen, wie sie im Schloss vorgefunden worden ist. Um so intensiver und aufmerksamer betrachten wir die ganze Pracht.
    Da ist der Goldene Saal, in dem Audienzen stattfanden, der Weiße Saal (Tanzsaal) mit kunstvollen Stuckarbeiten, ein Arbeitszimmer, eine Bibliothek, ein kleines Bild mir dem Portrait von Rembrandts Mutter bis hin zum Billardzimmer (so etwas gab's also damals auch schon).
    Und zum Ende wird auch noch eine Gemäldeausstellung gezeigt, die ich sonst wohl nicht erwähnt hätte. Aber ein Bild hat es mir zutiefst angetan. Das Foto kann den vollwertigen Eindruck nicht wiedergeben, man muss es heranzoomen und jedes Detail betrachten und vergleichen! Da kämpfen zwei Heere gegeneinander - jeder Kämpfer existiert, schießt, leidet oder stirbt eins zu eins auf der anderen Bildhälfte, nur eben in anderer Uniform und unter anderem Wappen.
    Treffender kann man meiner Meinung nach nicht die Sinnlosigkeit von Kriegen verdeutlichen und anprangern!
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