Satellite
Show on map
  • Day 7

    Etappe 5: Sütçüler - unter einem Baum

    May 31, 2022 in Turkey ⋅ 🌙 18 °C

    Wenn ihr wissen wollt, wieso ich heute mitten im Wald von drei jungen syrischen Männern zum Abendessen eingeladen wurde, dann müsst ihr diesen Bericht bis zum Ende lesen. Ich wünsche euch viel Spass dabei, auch wenn ich mir bewusst darüber bin, dass ich es mit meinen Aussagen zum Thema „Tiere essen“ etwas übertrieben habe. 🙈

    Beginnen möchte ich mit der ersten Hälfte vom Tag. Die Wanderung zu den antiken Stätte von Adada, wo ich um 13 Uhr angekommen bin, war sehr schön und gemütlich. Es war auch nicht mehr so heiss wie an den Tagen zuvor. Obwohl also eigentlich soweit alles in Ordnung war, musste ich im Verlauf vom Vormittag trotzdem zweimal kurz weinen. Das erste Mal ist es aus Freude und Dankbarkeit passiert, als ich von zwei türkischen Frauen beim Vorbeilaufen zwei frisch gebackene Fladenbrote geschenkt bekommen habe. (Ich wurde ausserdem heute auch von einem älteren Mann mit Wasser und Kaffeebonbons beschenkt. Als er beobachtet hat, wie ich zu einer nicht mehr funktionierenden Wasserquelle gelaufen bin, hatte er Erbarmen mit mir und rief mich zu seinem Haus. Natürlich fand ich auch diese Geste sehr schön, aber weinen musste ich deshalb nicht schon wieder. 😉) Das zweite Mal ist es dann passiert, als ich bei ein paar abgelegenen Häusern plötzlich vor einem kleinen Hund stand, der in der prallen Sonne angekettet war und kein Wasser mehr hatte. Meine erste Reaktion war es, die Flucht zu ergreifen, auch weil ich in diesem Moment nicht einschätzen konnte, wie weit mein Wasservorrat noch ausreichen wird. Ich habe deshalb einfach weggeschaut und bin so schnell wie nur möglich weiter den Hang hinauf gelaufen. Nach ein paar Minuten habe ich jedoch angehalten, meinen Rücksack abgestellt, mein Wasser ausgepackt und ich bin zum kleinen Hund zurückgelaufen. Ich habe ihm frisches Wasser gegeben und ihn eine Weile gestreichelt. In diesem Moment sind mir alle diese schrecklichen Dinge in den Sinn gekommen, die Menschen noch immer tagtäglich Tieren antun, nur weil sie es halt können. Dabei spreche ich auch von allen Leute, die noch immer Tiere essen, obwohl es so viele tolle und gesunde Alternativen gibt. (Die im übrigen nichts mit Convenience Food oder Soja zu tun haben.) Am schlimmsten finde ich ja die Personen, die auf Facebook oder Instagram am Nachmittag ein Foto von einem süssen kleines Kalb posten und dann am Abend ein Bild von einem riesengrossen Steak auf ihrem Teller hochladen. Wenn ich dann noch so Aussagen höre wie „Ich kann selber entscheiden, was ich essen will“, könnte ich manchmal echt aus meiner Haut fahren. Wer hat denn die Tiere gefragt, ob sie sich für uns töten lassen wollen? Wenn wir gerade dabei sind: Im Unterschied zu den Tieren verfügen wir Menschen nicht nur über Instinkte, denen wir blind folgen müssen. Wir habe auch einen Verstand und es wäre durchaus angebracht, diesen gelegentlich zu benutzen.

    Keine Angst, ich höre jetzt auch wieder auf mit dem Geläster. Manchmal müssen gewisse Dinge jedoch einfach wieder mal raus. Ausserdem ist das ja mein Blog und ich kann hier schreiben, was immer ich will. 🤣

    In der antiken Stätte von Adada war ich über dir Mittagszeit ganz alleine. Ich habe nach meiner Ankunft auf den Stufen des Tempels des Zeus zuerst etwas gegessen und mich anschliessend bizzeli ausgeruht. Andere Touristen sind mir übrigens bis heute noch immer nicht über den Weg gelaufen.

    Die restliche Tageswanderung bis zu meinem Zeltplatz war etwas durchzogen. Zwar war der Weg an sich gut zu finden, durch das an vielen Stellen wild wuchernde Gestrüpp wurden jedoch meine Arme und Beine einmal mehr in Mitleidenschaft gezogen. Ich bin ausserdem bis zu dem Platz gewandert, welchen ich mir bereits im Voraus für die Übernachtung ausgesucht hatte, obwohl gleichzeitig meine Wasservorräte langsam knapp wurden. Dort angekommen, hatte ich dann ein ungutes Gefühl, was meine Wasserreserven angeht. Ich habe mich deshalb entschlossen ohne den grossen Rücksack in das nahegelegene Dorf (ca. 1 1/2 Stunde pro Weg) zu laufen, um Wasser zu holen. Nicht unweit von meinem Campingplatz bin ich dann jedoch an drei vermummten Personen vorbeigekommen, die mitten im Wald Holzkohle in Säcke abfüllten. Kurz zusammengefasst ist dann Folgendes passiert: Ich habe die drei nach Wasser gefragt und bin anschliessend den ganzen restlichen Nachmittag und Abend bei ihnen geblieben. 🥳 Wie ich bereits am Anfang erwähnt habe, waren es drei syrische Männer, die an diesem Ort während ein paar Monaten arbeiten, um Holzkohle herzustellen. Wenn es um Gastfreundschaft geht, können wir von den Ländern hier im Osten echt noch sehr viel lernen. Aber das wussten wir wahrscheinlich ja alle bereits vorher, oder etwa nicht?
    Read more