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- Day 5
- Thursday, July 17, 2025 at 11:03 AM
- ☁️ 21 °C
- Altitude: 26 m
FranceGiverny49°4’31” N 1°32’2” E
Claude Monets Garten

Draußen im Garten von Claude Monet zog es Margriet magisch zur kleinen Brücke – dem berühmten Pont Japonais mit den Seerosen darunter, wie man sie von seinen Gemälden kennt. Ich blieb zurück. Sie war ganz in ihrem Element. Fasziniert, fast verzückt. Sie blieb an jeder zweiten Blüte stehen, als würde sie sie einzeln begrüßen. Ich hätte schwören können, sie sprach mit einer lilafarbenen Iris.
Man konnte meinen, sie wollte das gesamte Blütenmeer katalogisieren. Jedes Detail schien sie mit der Kamera und ihren Augen einzusammeln. Margriet schob sich durch das Blumenmeer wie ein Kind im Zuckerladen – zögernd, ehrfürchtig, aber auch mit offenem Herzen. Wer kann es ihr verdenken? Wann ist man schon einmal bei Monet zu Gast?
Ich stellte mich an den Rand des Weges und betrachtete das Ganze als Kulisse. Und was für eine Kulisse das war.
Der Garten – ein lebendes Gemälde
Claude Monet hat diesen Garten nicht nur geliebt – er hat ihn komponiert. Er war sein zweites Atelier, draußen unter freiem Himmel. Ab 1890 begann er, das Grundstück in zwei Teile zu gliedern:
Den Clos Normand – der formale Garten direkt vor dem Haus:
Ein Farbenrausch aus Stauden, Sonnenblumen, Mohn, Iris, Lupinen, Dahlien, Rosen, Zinnien, Rittersporn, Astern, Tulpen...
Und das alles so gepflanzt, dass Farbharmonien oder bewusst gesetzte Kontraste entstanden – wie in seinen Gemälden.
Den Jardin d’Eau – der Wassergarten mit der Seerosen-Brücke:
Mit Bambus, Weiden, Magnolien, Glyzinien und natürlich den weltberühmten Nymphéas – Monets Seerosen.
Diese Anlage wurde inspiriert von japanischen Gärten, die Monet durch seine große Sammlung von japanischen Holzschnitten liebte.
Wie hat Monet das im Alter nur geschafft?
Ab einem gewissen Punkt war der Garten für Monet mehr Arbeit als Lust – aber auch größte Inspiration. Er beschäftigte mehrere Gärtner gleichzeitig (heute sind es rund 10–12 Vollzeitkräfte, die den Garten pflegen). Schon zu Monets Zeiten war das ein professionell geführtes „Grünlabor“:
Ein Gärtner war nur für die Seerosen zuständig.
Einer überwachte die Beete und dokumentierte, wann was blüht – um Monets Malzeiten optimal zu planen.
Pflanzen wurden gezielt aus England und Belgien importiert.
Im Ateliergarten wurden sogar Pflanzen vorgezogen, damit die Beete immer in voller Blüte standen.
Und Monet selbst? Selbst als seine Sehkraft durch den Grauen Star nachließ, ging er täglich durch den Garten. Wenn er nicht mehr malen konnte, berührte er die Blumen – ging mit der Hand über die Blätter, roch an den Blüten, prüfte das Licht auf seiner Haut. Es war, als wollte er jedes Detail erfühlen.
Heute...
...werden über 100.000 Pflanzen jährlich nachgepflanzt, in denselben Farben und Rhythmen wie zu Monets Lebzeiten. Es gibt ein eigenes Saatgutarchiv. Und die Gärtner müssen mit Farbe und Form denken – wie ein Maler. Denn dieser Garten ist keine reine Zierde. Er ist ein lebendiges Gemälde, das immer in Bewegung bleibt – und doch sein Original bewahrt.
Ich schloss zu Margriet auf, die nun am anderen Ende des Teiches stand, den Blick nach unten, ganz versunken in die runden Blätter der Seerosen.
„Ich wünschte, wir könnten hier wohnen“, sagte sie leise.
Ich verstand, was sie meinte.
Dieser Ort – er war nicht einfach nur schön. Er war monetisiert worden. In jedem Sinne.
Und wir durften ihn für einen Moment erleben.
Allerdings war es so voll geworden, dass man kaum noch treten konnte, ohne auf eine fremde Ferse zu steigen. Die Kameraobjektive klackten, Stimmengewirr lag über den zarten Düften der Glyzinien, und das leise Plätschern des Teichs ging unter im Getümmel.
Margriet und ich schauten uns an – wortlos, aber einig. Wir hatten diesen magischen Ort gesehen, gespürt, beinahe geschmeckt. Wir waren bei Monet zu Gast gewesen, hatten seine Farbenwelt durchschritten und seine Stille geatmet, bevor sie von den Besuchermassen verschluckt wurde.
Es war Zeit zu gehen.
Der Wagen wartete. Sechs Stunden Fahrt lagen vor uns – zurück in die Realität, zurück in den Alltag. Aber irgendetwas war anders. Leichter. Vielleicht lag es an den Seerosen. Oder an Margriet, wie sie sich durch die Blumen bewegt hatte wie durch Kindheitserinnerungen.
Nur unser Magen machte uns noch einen Strich durch die Rechnung. Es war Punkt zwölf. Kein vernünftiger Mensch fährt mit leerem Bauch. Also beschlossen wir, die Heimfahrt mit einer kleinen kulinarischen Umleitung zu beginnen. Keine Autobahn. Nur Landstraße. Und Margriet, die neben mir saß, lernte mit Google Maps ein Restaurant zu finden...
„Warte… ich glaub, ich hab da was...“
Und sie hatte recht.Read more