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- Day 1
- Sunday, July 13, 2025 at 9:08 AM
- ☀️ 18 °C
- Altitude: 16 m
BelgiumMiddelkerke51°11’21” N 2°49’7” E
Madame Caravan - Croissants mit Aussicht

Ich war am Samstag bereits nach Ouddorp gefahren – eine kleine Küstenstadt in den Niederlanden, in der Margriet lebt. Troisdorf und Ouddorp trennen rund 300 Kilometer, aber an diesem Wochenende schien der Weg kürzer, fast wie der Anfang eines alten Films: Zwei Frauen, zwei Koffer, ein Ziel.
Am nächsten Morgen, stand sie schon in der Tür. 85 Jahre – und trug schon diese jugendliche Erwartung im Gesicht, als würde gleich ein Abenteuer beginnen. Ihr Koffer stand griffbereit neben ihr. Ich hob ihn mit übertriebener Anstrengung hoch und stöhnte gespielt.
„Margriet, was hast du eingepackt – die Steine von Étretat?“
Sie lachte. Hell, offen, wie jemand, der sich nicht mehr beeindrucken lassen muss. „Ach was, das ist kaum etwas. Nur das Nötigste.“
15 Minuten vor sieben – abfahrbereit. Ich hätte es wissen müssen ;0)...
Wir rollten los, noch vor dem ersten Verkehr. Die Straßen leer, die Stimmung heiter. Das Wetter? Noch mild, ein fast zärtlicher Sommermorgen. Doch der Tag würde heiß werden, schwül sogar. Der Himmel war blassblau, als hielte er die Hitze schon bereit.
Ich hatte einen kleinen Stopp geplant – in Middelkerke, Belgien. Dort wollte ich mit Margriet bei Madame Caravan frühstücken. Ein Café, das aussieht wie aus einem französischen Roman: klein, verspielt, mit handgeschriebenen Kreidetafeln und dem Duft nach Kaffee, der wie eine Umarmung wirkt.
„Wusstest du eigentlich, dass unser Urlaub genau auf den französischen Nationalfeiertag fällt?“, fragte ich, als wir durch Westflandern rollten.
„Wirklich? Dann gibt’s sicher Feuerwerk.“
„Und volle Restaurants. Ich hab ewig gebraucht, um uns einen Tisch zu organisieren.“
Sie nickte, so, als hätte sie nie daran gezweifelt, dass ich das hinkriege.
In Middelkerke war es noch still. Sonntag, neun Uhr morgens – nur einige Jogger und Hundegänger auf der Promenade, der Wind trug den salzigen Duft des Meeres zu uns. Der Parkplatz war ein kleines Geduldsspiel. Wir mussten ein paar Runden drehen, ehe wir das Auto abstellen und ein Stück am Strand entlanglaufen konnten. Ich atmete tief ein. Es war dieser Moment, in dem der Tag sein Versprechen gibt.
Ich wollte wieder ein kleines Video drehen – wie immer, ein Clip pro Tag, aus den Orten, die wir besuchen. Und Margriet? Sie sprang über das Handy wie ein junges Reh. Mitten in der Sonne, mitten im Leben. Der zweite Clip des Tages – perfekt eingefangen.
Dann erreichten wir Madame Caravan.
Es war so, wie ich es mir vorgestellt hatte – nur ein bisschen schöner. Die Fensterbank war ein Tresen, mit hohen Hockern, die den Blick nach draußen freigaben. Sonnenstrahlen fielen durch die Scheiben, der Raum roch nach frisch gemahlenem Kaffee. Hinter der kleinen Bar stand eine junge Frau mit Sommersprossen und einem Lächeln, das man ernst nehmen musste.
„Habt ihr reserviert?“, fragte sie.
Ich verneinte.
„Frühstück gibt’s nur mit Reservierung…“ – und dann, nach einem kurzen Zögern: „…aber ich hätte da noch Croissants. Frisch aufgebacken. Mit hausgemachter Marmelade. Latte Macchiato dazu?“
Ich sah Margriet an. Sie nickte bereits, bevor ich antworten konnte.
Wir nahmen jeder zwei Croissants – ein Zugeständnis an die Gier, die man nicht immer zügeln sollte. Die Marmelade war aus dunklen Waldbeeren, nicht zu süß, fast herb, wie ein gutes Gespräch. Zwischen den Bissen hörte man das leise mmmhh, das manchmal ehrlicher ist als Worte.
Draußen gingen die Hundehalter spazieren. Drinnen tranken wir langsam, beobachteten still, sagten wenig – weil man das, was schön ist, nicht immer benennen muss.
Dann bezahlten wir. Margriet zog ihre Sonnenbrille auf.
„Die Normandie ruft“, sagte sie.
Ich nickte.
Und der Weg führte uns weiter – immer an der Küste entlang. Nächster Halt: Neufchâtel.Read more