• Unter dem Dach der Zeit

    July 16 in France ⋅ 🌧 18 °C

    Das Château du Breuil öffnete für uns das Tor zur letzten Etappe: den alten Calvadoskeller, auch bekannt als Ageing Cellars. Wir traten ein – das Licht war gedämpft, die Luft warm, schwer vom Duft alter Eichenfässer. Sonnenstrahlen fielen durch kleine Fenster und tauchten das Holz in bernsteinfarbene Töne.

    Wir gingen zwischen den Reihen antiker Fässer entlang, so uralt, dass das Holz Geschichten zu flüstern schien. Es herrschte eine Atmosphäre von jahrhundertealter Ruhe – als würden die Fässer atmen. Ich machte viele Bilder. Der Blick durch das Licht mahlte in mir die Erinnerung an diesen Ort ein: wärmend, lebendig, ehrwürdig.

    Dann begann die Musik-Lichtshow »La Part des Anges« („Der Anteil der Engel“). In der Stille flammten Projektionen auf die Fassreihen auf:
    von der Apfelblüte über die Ernte,
    die Pressung der Äpfel zum Cidre,
    die doppelte Destillation in kupfernen Brennblasen,
    die lange Lagerung in Eichenholz –
    bis zum letzten Schluck im Glas.

    Die Projektion wanderte über Holzrunden, Türen, Balken wie ein Tanz. Die Musik war minimalistisch, doch jede Note hing in der Luft wie ein flüchtiger Atem. Sanfte Klänge, die mit Bildern verschwammen: Orangenblüte, fallende Blätter, goldene Fässer, die Zeit. Ich halte den Atem an.

    Nach dem Finale – die Fässer verklangen, das Licht verglühte – lächelte unsere Führerin: „Ihr habt gesehen, wie man Cognac genießen soll – folgt mir nun in den Verkostungsraum.“ Wir folgten.

    Im hellen, luftigen Raum erwartete uns ein weiterer Calvados – doch erneut traf er nicht unseren Geschmack: scharf, zu herb. Ich runzelte die Stirn. Dann brachte sie etwas Anderes: Cœur du Breuil, ein Apfellikör à 24 % aus Calvados, Apfelsaft und einem Hauch Vanille. Strohfarben, fruchtig, mit Aromen von Bratapfel, Quitte und Dattel – samtig weich auf der Zunge und angenehm süß .

    Ein Schluck – mild, lebendig, Erinnerungen weckend an warme Apfelgärten. Margriet und ich sahen uns an: endlich etwas, das schmeckt. Wir kauften je eine Flasche – sorgfältig verpackt.

    Mit diesem flüssigen Souvenir setzten wir unseren Weg fort: weiter auf der Route de Fromage, Richtung Livarot – Käse wartete. Doch dieser Moment im Keller, mit Licht und Musik, dem Duft alten Holzes und süßer Wärme – er bleibt bei uns.
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