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  • Day 11

    Arcade - Portela (ca. 23 km)

    September 16, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 27 °C

    - Accept your pain! -

    … und aut den Schatten folgt das Licht …
    Und dann ist da plötzlich wieder das Sonnenlicht, das reflektiet und die dunklen Schatten unterbricht.
    Ohne Licht ist Schatten unmöglich, was bedeutet, dass es immer da und nie ganz weg ist. Jesus, der das Licht ist, hat die Schattenseiten des Lebens (Traurigkeit, körperlichen und seelischen Schmerz, Verletzungen jeglicher Art) besiegt. Jesus ist der, der Resignation und Alltagsgrau überwindet und uns vor die Herausforderung stellt, nicht darin unterzugehen, sondern hindurch und weiter zu laufen. So dürfen wir ihn ein bisschen besser kennenlernen und ihm ganz nahe sein.

    Lektion 10: Wenn ich schon längst keinen Durchblick mehr über mein inneres Chaos, meine Ängste, Unsicherheiten und Sorgen habe, übernimmt Gott das Ruder. Gott kämpft meine Kämpfe mit mir und für mich!

    - My battles belong to God! -

    Zur Route:
    Arcade - Pontevedra - Portela

    Nie, nie, nie war ich so froh, an meiner Pilgerunterkunft anzukommen wie heute!!! Die drei Ausrufezeichen haben ihren Grund. Ich spürte heute das erste Mal auf meiner Reise - und das sind ja jetzt schon ein paar Tage - meinen gesamten Körper: Schultern, Rücken, Nacken, Arme, Beine, Knie, Füße, Fußzehen, Knöchel, Sehnen und Bänder, Muskeln und Knochen. Die ersten 10, vielleicht 12 km waren ja noch irgendwie erträglich zu meistern, nach dem ich mich eine halbe Stunde an den Schmerz meiner Druckstelle unten am kleinen Zeh gewöhnt hatte und meine Blasen warm gelaufen waren. Es gab heute wirklich ein paar Momente, da hätte ich einfach heulend stehen bleiben können und am liebsten ein Taxi gerufen, dass mich die letzten 60 km bis nach Santiago de Compostela fährt. Stattdessen quälte ich mich die letzten 10 km humpelnd bis an mein Ziel, an dem ich mich nach einer kurzen Dehnsession dankbar in meinen Stuhl fallen lies und die Füße hochlegte. So viel zu den Schattenseiten des heutigen Tages, kommen wir zu den sonnigen Seiten.
    Ja, ich gebe zu, vielleicht heute morgen ein paar schlafende Wachhunde und damit evtl. auch ihre Besitzer geweckt zu haben. Allerdings ist 7 Uhr auch eine Uhrzeit, zu der man durchaus wach sein kann, nur weil der Alltag in Spanien halt erst um 9 Uhr morgens beginnt aber dafür abends umso länger geht, heißt das ja nicht, dass ich jetzt ewig lange im Bett liegen bleiben muss. Auch die Hähne krähen nach mir. Und dann meinte ich wohl unwissend, mich selbst auch noch herausfordern zu müssen. Da stand ich, am Waldrand mit meiner Stirnlampe (ich komme mir vor wie ein Glühwürmchen), ganz auf mich alleine gestellt und musste dadurch laufen. Ich konnte ja jetzt auch schlecht eine Stunde vor dem Wald stehen bleiben und warten bis jemand vorbei kommt oder bis es doch hell wird. Warum ich so früh aufstehe und los laufe? Weil die Luft so klar und gut ist, ich morgens sehr gut laufen kann, nur wenige/keine Menschen unterwegs sind und weil der Sternenhimmel und das Erblicken der ersten Lichtstrahlen am Morgen, die langsam hinter den Bergen hervor kommen, unendlich schön sind. Übrigens saß am Wegrand irgendwann in der Dämmerung noch ein Glühwürmchen. Es war ein Mann, der in seinem Bauwagen lebt und ganz viel Stühle und einen kleinen Verkaufsstand für die am Tag vorbei kommenden Pilger aufgebaut hat. Ich redete ein wenig mit ihm (er sagt, ich wäre heute die erste die vorbei kommt, was mich kaum wundert so im Dunkeln), bekomme einen Stempel und gehe weiter.
    Mein Weg führte mich heute zunächst über eine wunderschöne mittelalterliche Steinbrücke, die ich zum Glück gestern noch bei Tageslicht fotografierte, durch wunderschöne Wälder, Ortschaften und kleine Städte. Einen lohnenswerten Umweg von einem Kilometer machte ich, um einem Pfad entlang eines schönen Flusses zu folgen. Zwischendurch erholte ich mich in einer kleinen Kirche, in der es noch dazu einen richtig schönen Pilgerstempel gab. Die Stempel sammeln alle Pilger, um am Ende ihre Compostela (Pilgerurkunde) erhalten zu können. Im Wald wurde für mich heute besonders bemerkbar, dass es Spätsommer ist bzw., dass der Herbst bald kommen wird - das liegt vor allem auch daran, dass es hier sehr viele Esskastanien gibt. Total unerwartet treffe ich Lucie in der Herberge wieder, die ich am dritten Tag am Strand kennenlernte. Es tut so gut sie zu sehen! Die Herberge unterscheidet sich etwas von den meisten. Hier wird gelebt wie in einer Kommune. Da wir Irgendwo im Nirgendwo sind, wird abends für alle gekocht und alle sind für das Tischdecken verantwortlich, Frühstück gibt es auch - und das alles auf Spendenbasis. Am Abend kommt der Host sogar nochmal in den Übernachtungsraum und wünscht allen eine gute Nacht und einen guten Weg.
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