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  • Day 12

    Portela - Caldas de Reis (ca. 12 km)

    September 17, 2022 in Spain ⋅ ☁️ 27 °C

    - What would I miss, if there is no one or nothing showing me my way? -

    Heute wurde ich gefragt, ob es etwas gibt, was ich hier auf dem Weg von zu Hause wirklich vermisse. Wenn ich ehrlich bin, vermisse ich gar nichts - ok, mal abgesehen von einer Waschmaschine vielleicht, seit eineinhalb Wochen wasche ich alles per Hand. Warum ich nichts vermisse? Alles was ich zum (Über-)Leben brauche ist in meinem Rucksack, die wichtigsten Erinnerungen sind in meinem Kopf und die bedeutendsten Menschen in meinem Herzen (hört sich vielleicht kitschig an, aber es ist so). Meine Antwort war deswegen die Gegenfrage: Was werde ich vermissen, wenn ich morgens aufwache und weiß, nicht mehr auf dem Camino unterwegs zu sein?! Wenn ich darüber nachdenke, werde ich traurig und schon jetzt wehmütig. Ich werde die Einfachheit des Pilgerlebens, die Friedfertigkeit, die Offenheit, das Einfach-sein-können, die Hilfsbereitschaft, die Internationalität, das alle auf dem selben Weg sein und das Verfolgen eines gemeinsamen Zieles (mit den selben Mitteln und Gedanken) vermissen. Und ganz besonders werde ich vermissen, dass mir mein Weg hier ganz genau vorgegeben ist - eigentlich ein Luxus, mal nicht entscheiden zu müssen, welche Abzweigung ich heute benutzen soll.

    Lektion 11: Übertragen auf meine Gottesbeziehung, weil Gott mein “way maker” ist - “Was würde ich vermissen, wenn ich morgens aufwache und Gott keine Rolle mehr in meinem Leben spielt?!

    - clarity -

    Zur Route:
    Portela - Briallos - Tivo - Caldas de Reis

    Die erste Stunde meiner Etappe lief ich heute morgen wieder mit Lucie, danach alleine. Auf manchen Wegabschnitten kann einen der Gedanke daran, noch eine Pilgerunterkunft finden zu müssen, durchaus stressen. Heute ist das zum Glück nicht der Fall. Dieses Gefühl muss aber gar nicht mal so schlecht sein, um schätzen zu lernen, wie gut man es selbst hat, immer ein Dach über dem Kopf zu haben. So banal dieser Gedanke vielleicht scheinen mag, ist er gar nicht.
    Meine Strecke von 12 km ist heute nicht lang, aber sie reicht aus. Außerdem lässt es sich hier in Caldas de Reis wirklich sehr gut aushalten. In einem Café treffe ich mal wieder auf bekannte Gesichter. Während diese heute noch ein Stück weiter laufen, liege ich erst mal zwei Stunden neben einer Kirche unter einem Dach aus Palmenblättern, bis meine Herberge öffnet. Abends hat die Kirche dann auch offen und ich setze mich für eine Stunde hinein. Danach treffe ich auf zwei Pilger, die ich am Vortag kennengelernt habe, wir unterhalten uns, gehen noch schnell einkaufen und laufen noch ein bisschen durch die Stadt. Weil ich noch etwas mehr Zeit auf dem Jakobsweg verbringen möchte, entscheide ich mich dazu, meinen bisher angedachten Ankunftstag in Santiago von Montag auf Dienstag zu verschieben und die nächsten zwei Etappen auf drei kürzere aufzuteilen. Mal sehen, was die nächsten Tage so bringen und wo es überhaupt Pilgerherbergen gibt. Mein Weg führte mich heute hauptsächlich durch ein paar Dörfer, Weinreben, ab und zu auch an Autostraßen entlang und durch Felder - es war ein ruhiger und angenehmer Weg.
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