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  • Day 7

    Medellín, die Unzähmbare

    January 10 in Colombia ⋅ ⛅ 26 °C

    Die Comuna 13 war einst das gefährlichste Viertel der wohl gefährlichsten Stadt der Welt: Medellín, Zentrum des berüchtigten Drogenkartells von Pablo Escobar. Heute ist die Favela in Teilen ein pulsierendes und proppenvolles Künstler- und Touristenviertel. Wir spazieren mit einem lokalen Guide durch die schmalen und verwinkelten Gassen, die sich Fussgänger und Rollerfahrer teilen. Hier tanzen drei Jugendliche wild zu Rap, da preist eine Verkäuferin lautstark Arepas (Maisfladen) an und dort wackelt ein Huhn über das Wellblechdach von einem der Tausenden kleinen Backsteinhäuser. Sie sind chaotisch an- und übereinander an die steilen Hänge gebaut. Das Viertel hat Guerilla- und Bandenkriege mit mehr als Tausend Toten hinter sich. Am gegenüberliegenden Hügel zeugt eine hässliche Scharte davon. Was aussieht wie Bergbau, ist ein Massengrab. Kontrolliert wird die Comuna offenbar immer noch von Gangs, die Schutzgeld von den Handeltreibenden erpressen und damit das Viertel finanzieren: Sicherheit, Wasser, Entsorgung, die wunderschönen Graffiti. Wer nicht spurt, muss mit Gewalt rechnen, doch macht es den Leuten offenbar nichts aus, zu zahlen, weil das Business so gut läuft. Was der Guide erzählt, macht uns fast den Anschein, als seien die Gangs drauf und dran, zum (besseren) Staat im Staat zu werden. Einige Geschichten tönen indes abenteuerlich, etwa, dass der oberste Gangster ein 16-jähriges Bürschchen sein soll. Medellín ist eine Riesenstadt (4,2 Mio. Einwohner im Metropolitanraum). Man stelle sich vor, der ganze Schwyzer Talkessel sei bis weit die Hänge hinauf mit Häusern und Strassen zugepflastert - so sieht es aus. Eine der steilen Strassen bringt uns auf dem Hinweg im Bus in Not: Wegen einer Baustelle geht es nicht weiter, weshalb der Fahrer das Gefährt rückwärts die Strasse raufzirkeln muss, während ihm ein Taxi an der Kühlerhaube klebt und von hinten Roller vorbeischiessen. Mehrfach scheint ein Crash unausweichlich, der Name des Messias wird zigfach ausgerufen. Letzlich geht alles gut, doch aus dem Motor stinkt es derart, dass an eine Weiterfahrt nicht zu denken ist und wir den letzten Teil zur Comuna 13 zu Fuss gehen müssen. Hier sehen wir von nahem, dass leider immer noch viele Menschen in Armut leben. Schon der Transport vom Flughafen in die Stadt früher am Tag klappt erst im zweiten Anlauf: Der Touranbieter schickt den Bus erst zum falschen Flughafen und gibt dem Fahrer dann den Papierkram nicht, den er braucht, um Touristen an diesem Tag an unserem Flughafen abholen zu dürfen. Unser Guide erzählt uns später, was dann geschieht: Er kommt am Flughafen in eine Polizeikontrolle und weil er die Genehmigung nicht hat, drohen umgerechnet 2500 Dollar Busse, wenn er weiterfährt - wegen stumpfsinniger Bürokratie. Gelöst wird das Problem darum mit 400'000 Pesos (rund 100 Dollar) in die Tasche des Polizisten. Korruption, wie wir sie sonst nicht mitbekommen, die hier aber alltäglich ist. Um mit einer positiven Note zu enden: Unser heutiger Guide Jorge ist eine coole Socke und gibt spontan eine Einlage seines besten Reggaeton-Gesangs zum Besten. Und Medellín ist eine wahnsinnig faszinierende und bunte Stadt, die stark im Aufbruch ist und die laut Einheimischen die bessere Landeshauptstadt als Bogotá wäre, da besser organisiert. Es gibt Tausend Dinge zu sehen und zu machen. Mehr davon im nächsten (kürzeren) Eintrag.Read more