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  • Day 42

    Glühwein bei 33 Grad im Schatten

    December 9, 2023 in Thailand ⋅ ⛅ 31 °C

    Wir waren wahrhaftig guten Willens, ehrlich!

    Man hatte uns seitens der Thai-Deutschen Gesellschaft, TDG - der wir unlängst beigetreten waren - gefragt, ob wir nicht am Stand der TDG im Rahmen des Deutschen Weihnachtsmarktes auf dem Gelände des hiesigen Goethe-Instituts mithelfen könnten. Der Markt sollte heuer zum ersten Male nach der Coronapause wieder stattfinden - und zwar heute am 9. und morgen am 10. Dezember 2023.

    Bereits in ihrer Ausgabe vom 29.11.23 hatte die "Bangkok Post" - eine der beiden englischsprachigen Zeitungen im Lande - folgendermaßen auf die geplante Veranstaltung hingewiesen:

    "Goethe-Institut: Christmas Market is back with a brat

    To welcome the wintry chill to the tropical city, the Goethe-Institut Thailand presents its Christmas Market showcasing the charm of German seasonal traditions in Bangkok, on Dec 9 and 10.

    Previously drawing many hundreds of fairgoers back in 2017 and 2019, the Goethe Christmas Market this year returns with more fun-filled offerings than ever before.

    The 2023 edition sees a partnership between the cultural institute and many well-known German, Austrian and Swiss businesses in Thailand, including much-cherished restaurants, bakeries, chocolatiers, brewers, art vendors and other exhibitors.

    Amid a shade-filled garden adorned with festive decorations and twinkling lights, visitors will find a wide selection of food and drinks as well as handicrafts, gifts and souvenirs that all speak to the spirit of Christmas.
    Just-try culinary highlights include bratwurst sausage, doner kebab, German-style roasts and with sauerkraut, gingerbread, fruity stollen bread and the season's signature drink mulled wine.

    To help add fairy-tale holiday magic to the scene, there will be caroling and music performances together with an extensive range of kids' activities and family-friendly entertainment.

    'In that regard, German Christmas culture is truly unique,' says Johannes Hossfeld, director of the Goethe-Institut Thailand. 'If you look at the German word for Christmas, you'll understand that Germans value a sense of calm and reflection during the holidays. Weihnachten literally means Holy Night or Blessed Night, and this spirit of enchantment and wonder is best observed at a German Christmas market.'

    The German Christmas Market will be held at Goethe Institute Bangkok on Sathon 1 (MRT Lumpini Station Exit 2), on Dec 9 and 10, from noon to 10pm."

    Zur kurzen Erläuterung noch dies: "brat" bedeutet im britischen Englisch etwas wie "unerzogene Göre", was im Kontext mit Weihnachten natürlich absolut nicht paßt! Im Amerikanischen Englisch sagt man jedoch auch "brat" als Kürzel für "Bratwurst", was nach unserem Verständnis immerhin deutschen Stereotypen näher kommt, aber zu Weihnachten immer noch nicht paßt - vielleicht jedoch zum Thema Weihnachtsmarkt.

    Soweit die Theorie im allgemeinen...........

    Bereits der Weg zum Ort des Geschehens im Soi Goethe (Soi = kleine Nebenstraße im Gegensatz zu Thanon = Hauptstraße) erwies sich als durchaus strapaziös. Menschenmassen fluteten am Wochenende die Hoch- und die U-Bahn, und auch nach dem Verlassen der U-Bahn unweit des Lumpiniparks, einer großen innerstädtischen Grünanlage, ebbten diese nicht etwa ab.

    Einer kontinuierlichen Karawane bratwursthungriger Interessenten folgend gelangten wir mühsam zum Festgelände, das eingekesselt von gefühlt jährlich näherrückenden Hochhausgiganten lärmüberflutet dalag. Bei schweißtreibenden 33 Grad und bei höherer Luftfeuchtigkeit drängten sich die Menschenmassen und die gesamte Präsentation mutete mitnichten weihnachtlich an, sondern es waren auch hier die gewohnten Sauf- und Freßangebote vorhanden, dekoriert mit Geschenkbandschleifen und Christbaumkugeln.

    Es sollte sich wohlgemerkt um einen DEUTSCHEN Weihnachtsmarkt handeln. Nun sollte man erwarten, daß auch entsprechende Musik zur Beschallung zum Einsatz käme. "Fleutjepiepen!" secht der Norddeutsche! Die ganze Zeit unserer Anwesenheit über erklangen ausschließlich und hochphonig-rummelig amerikanische Weihnachtstitel aus den Lautsprecherboxen.

    Die Besucherschar rekrutierte sich zu über 90% aus Einheimischen, erkennbare Westler, die Farangs, verschwanden in den Massen. Die Fläche der Festivität war in weiten Teilen von wackelig verlegtem Betonpflaster geprägt, eine landestypische Bauweise, auf die man als in Bangkok Lebender jedoch schon immer vorbereitet zu sein hat - schon allein aus Gründen des Selbstschutzes.

    Eine Eigenart - was die offenbar als typisch deutsch wahrgenommene Gastronomie anbelangt - ist jedoch zu berichten: der Renner waren hier Kartoffelbrei mit - natürlich - Sauerkraut und Bratwurst oder Schweinsbraten. Warum dies so ist, bleibt zunächst einmal rätselhaft. Die Kartoffel ist ja hierzulande etwas Fremdes - also heißt sie auf Thai "mann farang" - im Sinne von dicker oder fetter Fremdling. Aber Fremdimporte waren hier Chilis und z.B. Gummibäume ja auch - und die wurden in die hiesige Kultur längst integriert.

    Endlos lange Schlangen auf Speisen und Getränke Wartender zogen sich über das Gelände - glücklicherweise bot die geöffnete Bibliothek des Goethe-Instituts Gelegenheit klimatisierter Abkühlung zwischendurch. Um 17 Uhr fanden wir uns am Stand der TDG ein, doch das dortige Gesamtbild war von umfänglicher Desorganisation bezüglich des Einsatzes der Einzelnen geprägt. Man hatte uns mitnichten irgendwie eingeplant, und nach Momenten verzweifelten Nachdenkens bot man uns an, wir könnten doch broschürenverteilend durch die Menge patrouillieren.

    Nach kurzer Überlegungsphase entwickelte ich kreativ plötzliche Kreislaufbeschwerden, die mich an einer Fortführung angebotener Hilfsdienste fundamental hinderten, und Ulrike mußte mich begleitend nach Hause bringen. Mehr oder minder fluchtartig verließen wir daraufhin den Ort dieser surrealen Grausamkeiten und gaben - allerdings gesittet - Fersengeld.

    Der Gesamtgraus erfüllt und befriedigt allerdings zweifellos das thailändische Grundbedürfnis auf "Sanuk" - Spaß und Vergnügen, so laut, süß und bunt als irgend möglich!
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