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  • Day 73

    Bangkok und Berlin-Lichterfelde

    January 9 in Thailand ⋅ ⛅ 34 °C

    Seltsame Volten der eigenen Geschichte oder Was verbindet die Pahonyothin Road in Bangkok mit dem Gardeschützenweg in Berlin-Lichterfelde?

    Unsere gegenwärtige Adresse lautet Pahonyothin Road 2999 in Bangkok. Nachdem ich mich neulich anläßlich unserer Einkaufstour bei IKEA ja bereits mit der Sukhumvit Road und ihrem Namenspatron befaßte (Eintrag vom 16.12.2023), trieb mich heute nun die Neugier, dies auch bei unserem Straßennamen zu versuchen. Und siehe da, die Recherche zeitigte erstaunliche Ergebnisse, deren Verästelungen bis nach Berlin, ja sogar bis in unsere ehemalige nähere Wohnumgegend dort führen.

    Thanon Pahonyothin (Thai: ถนนพหลโยธิน, im englischen Sprachgebrauch: Pahon Yothin highway, Thanon ist das thailändische Wort für Straße) ist eine der bedeutendsten Straßen von Bangkok und neben der Thanon Mittraphap, der Thanon Sukhumvit und der Thanon Phetkasem unter der Nummer 1 eine der vier wichtigsten Schnellstraßen in Thailand. Sie beginnt im Bangkoker Bezirk Ratchathewi am Siegesdenkmal („Victory of Monument“ 😉🤣) und verbindet die Hauptstadt mit Nordthailand. Sie hat eine Gesamtlänge von 1.005 Kilometern.

    Die Pahonyothin-Straße war ursprünglich nur 22 Kilometer lang und führte damals bis zum Bangkoker Bezirk Don Muang. Seinerzeit hieß sie noch Prachathipatai-Straße (ถนนประชาธิปไตย, Thanon Prachathipatai, wörtl. „Demokratie-Straße“). Im Jahr 1938 ließ sie Feldmarschall Plaek Phibunsongkhram verlängern, so dass die Straße nunmehr von Don Muang mit einer Gesamtlänge von 162 Kilometern über Bang Pa-In (königlicher Sommerpalast), Ayutthaya und weiter durch die Provinzen Saraburi und Lop Buri bis zur Provinz Sing Buri führte. Die verlängerte Straße wurde dann Phahonyothin-Straße (Thanon Phahonyothin) genannt zu Ehren von General Phraya Phahon Phonphayuhasena (Phot Phahonyothin), dem zweiten Premierminister von Thailand und einem der Anführer der Revolution von 1932.

    Der Staatsstreich in Siam 1932 (auch als „Siamesische Revolution“ bezeichnet) war ein militärischer Umsturz am 24. Juni des Jahres, der den Übergang des Landes von der absoluten zur konstitutionellen Monarchie brachte.

    Die Revolution war ab 1927 von einer kleinen Gruppe junger Offiziere und Intellektueller, die in Europa studiert hatten, geplant und vorbereitet worden. Sie nannte sich Khana Ratsadon („Volkspartei“). Sie konnten vier höhere Offiziere für ihre Pläne gewinnen, wodurch die militärische Durchführung und damit der Erfolg des Staatsstreichs möglich wurde. Einer dieser Vierergruppe (oft auch als „die vier Musketiere“ bezeichnet) war unser Namenspatron Phot Phahonyothin.

    Der Umsturz traf die feudale Elite unvorbereitet, die diesen zunächst widerstandslos hinnahm. Er blieb daher unblutig. Siam bekam ein Parlament und ein zunächst „Öffentliches Komitee“ genanntes Kabinett. Am 10. Dezember des gleichen Jahres war König Prajadhipok (Rama VII.) genötigt, eine Verfassung zu unterzeichnen. Anschließend regierten Vertreter der Volkspartei. Wir sind darauf am Rande unseres Posts vom 10. Dezember eingegangen, dem Verfassungstag.

    Phot Pahonyothin wurde im Jahre 1887 in Bangkok geboren. Nach einer Ausbildung an der Kadettenakademie der thailändischen Armee gelangte er mit einem Staatsstipendium 1904 nach Berlin, wo er bis 1910 die Preußische Hauptkadettenanstalt im damaligen Vorort Groß-Lichterfelde absolvierte. Nach dem Abschluß der Ausbildung trat er im Range eines Leutnants in das 4. Artillerie-Infanterieregiment der preußischen Armee ein. Zur selben Zeit wie Pahonyothin (der übrigens bereits 1947 verstarb) besuchte nebenbei gesagt auch der Vater des letzten Königs Bhumiphol (Rama IX.), nämlich Prinz Mahidol Adulyadej die Lichterfelder Kadettenanstalt.

    Der Gebäudekomplex der ehemaligen Hauptkadettenanstalt, gelegen am Gardeschützenweg, existiert noch heute, obwohl sich die Bausubstanz bedingt auch durch Kriegsschäden zwischenzeitig natürlich wandelte. Nach ziviler Nutzung zur Zeit der Weimarer Republik bezog die SS 1933 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges das Areal erneut als Kaserne. Im Juni 1945 übernahmen die Amerikaner und verwendeten die Einrichtung unter dem Namen Andrews Barracks weiter als Kaserne. Nach dem Abzug der Alliierten im Gefolge der deutschen Wiedervereinigung befindet sich hier seit 1994 eine Außenstelle des Bundesarchivs, wo die zentralen Archive des Deutschen Reichs (Kaiserreich, Weimarer Republik, NS-Diktatur) und der DDR zusammengefasst sind.

    2010 wurde im Zentrum der Liegenschaft ein neues Magazin-Gebäude in Betrieb genommen, in dem die Bestände der Berliner Dienststellen des Archivs zentralisiert werden sollen. Insgesamt bietet der Bau Platz für 110 laufende Kilometer Archivgut.

    Die südlichen Erweiterungen des Kasernengeländes, die die US-Truppen in der Nachkriegszeit für Werkstätten, Garagen usw. genutzt hatten, sind mittlerweile mit Einfamilienhäusern bebaut.

    Quelle, auch für die Fotos: Wikipedia
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