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ThailandKhlong Thanon13°51’23” N 100°35’7” E
Ich löse ein Versprechen ein

Vor fast einem Monat hatte ich versprochen, einen Post zum Sozialversicherungssystem in Thailand zu verfassen. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich dieses Versprechen nun einlösen kann. Das hat einerseits natürlich mit der Wohnung und den damit verbundenen Aktivitäten zu tun, aber auch damit, dass die Recherche nicht einfach war und die Ergebnisse doch überraschend.
Wenn man in Metropolis Bangkok unterwegs ist und wie wir hier mindestens Teile des Jahres lebt, täglich die hypermodernen Einrichtungen sieht, die Geschäftigkeit der Menschen beobachtet, dann sollte man denken, dass im Falle, dass es den Menschen wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Alters nicht so gut geht, eine gute und ausreichende Versorgung existiert. Leider weit gefehlt!
Nur kurz zur Erinnerung: In Deutschland gibt es seit den 1880er Jahren (Bismarck war der "Erfinder ") ein drei- bzw. viergliedriges System der sozialen Sicherung. Es besteht aus Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung, diese drei in den Beiträgen je hälftig von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen. Dazu kommt die allein durch die Arbeitgeber finanzierte gesetzliche Unfallversicherung. Ich will die Probleme der Finanzierung gar nicht verharmlosen, es geht mir nur ums Prinzip. Ein Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Thailand gibt es (aus nachvollziehbaren Gründen) nicht.
Wenn man im Internet unter "Sozialversicherungssystem Thailand " bei Google sucht, findet man leider nur ganz wenige verwertbare Informationen zum Thema. Das meiste dreht sich entweder um Krankenversicherungen für Touristen und Expats oder um Dinge, die die Entsendung von Arbeitnehmern aus Europa nach Thailand betreffen. Selbst Wikipedia hat zum Thema nichts zu sagen.
Traditionell ist es in Thailand so, dass die Angehörigen diejenigen mit versorgen, die beispielsweise wegen Krankheit oder Alters eingeschränkt sind. Mehrgenerationenhaushalte entsprechen dieser Tradition und sind in ländlichen Gebieten deshalb noch weit verbreitet. In staatlichen Krankenhäusern ist es nach wie vor die Regel, dass die pflegerische Versorgung und auch die Versorgung mit Lebensmitteln durch die Angehörigen erfolgt. Und im Alter kümmern sich die Jungen um die Alten.
In der heutigen Zeit und gerade in urbanen Umgebungen und Bedingungen funktioniert dieses Modell nicht mehr. Allein in Bangkok leben rund 10 Millionen Menschen, das ist etwa ein Siebtel der gesamten thailändischen Bevölkerung. Nimmt man die täglichen Pendler dazu, steigt dieser Anteil noch. Also musste irgendwie ein System der sozialen Sicherung her.
Überlegungen hierzu gab es in der Vergangenheit immer wieder einmal, aber erst seit 1990 (!!) gibt es entsprechende gesetzliche Vorschriften. Man hat sich in Europa umgeschaut und sich für ein dreigliedriges System entschieden, das - wie in Deutschland auch - Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung umfasst. In diese Zweige zahlen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer ein, in die Unfallversicherung lediglich die Arbeitgeber. Kommt uns alles doch irgendwie bekannt vor.
Wenn man sich dann allerdings als jemand, der über 30 Jahre für die gesetzliche Rentenversicherung gearbeitet hat, die Finanzierung und die Leistungen aus den einzelnen Versicherungszweigen anschaut, dann packt einen das schiere Entsetzen. Ich will das am Beispiel der Krankenversicherung und der Rentenversicherung deutlich machen.
Vorher noch kurz zur Finanzierung:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen insgesamt 5% des Lohns für die 3 Sozialversicherungszweige ab. So werden monatlich 3% für die Rentenversicherung, 1,5% für die Krankenversicherung und 0,5% für die Arbeitslosenunterstützung abgeführt. Der Arbeitgeber zieht den durch den Arbeitnehmer zu zahlenden Betrag direkt vom Gehalt ab. Der Höchstbetrag, den ein Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer zu zahlen hat, beträgt monatlich 750 Baht. Nur zur Erinnerung: 750 Baht entsprechen 19,50 Euro. Wenn man das mal überschlägt, dann kommt nicht allzuviel an monatlichen Beträgen zusammen. Und von hälftiger Tragung der Beiträge ist natürlich durch die Festlegung eines Höchstbetrages für die Arbeitgeber auch nicht zu sprechen.
In der Krankenversicherung ist Voraussetzung für die Leistung, dass innerhalb der letzten 15 Monate vor dem Ereignis mindestens für drei Monate Beiträge bezahlt wurden. Dann werden alle erforderlichen Maßnahmen - ambulante und stationäre Untersuchungen, Medikamente, Krankentransporte, Verpflegung im Krankenhaus - bis zu einem Höchstbetrag von 15.000 Baht monatlich getragen (entspricht knapp 390 Euro). Auch Krankengeld wird gezahlt, für 90 Tage pro nicht berufsbedingter Krankheit und für maximal 180 Tage im Jahr. Die Höhe beträgt die Hälfte des letzten Durchschnittsverdienstes, gedeckelt auf maximal 15.000 Baht.
Bei Schwangerschaft werden die Geburtskosten im Krankenhaus durch die Versicherung getragen, und seit 2007 werden auch Vorsorgeuntersuchungen für maximal zwei Schwangerschaften bis zu einem Höchstbetrag von 12.000 Baht übernommen - das entspricht etwa 312 Euro.
In der Rentenversicherung besteht der Anspruch auf Altersrente ab 55 Jahren. Doch bevor angesichts des Renteneintrittsalters in Deutschland jetzt Euphorie ausbricht, lese man bitte zunächst, was denn die Leistungen sind ....
"Hat der Versicherte weniger als 12 Monate Rentenversicherungsbeiträge bezahlt, so erhält er als Einmalzahlung diesen Betrag zurück.
Hat der Versicherte mehr als 12 Monate aber weniger als 180 Monate Rentenversicherungsbeiträge einbezahlt, so erhält er ebenfalls als einmaligen Betrag seine und die vom Arbeitgeber einbezahlten Beiträge zurück.
Ab Zahlungen in die Rentenkasse von mehr als 180 Monaten erhält der Versicherte eine monatliche Rente in Höhe von 15% der in den letzten 60 Monaten durchschnittlich erzielten Lohnzahlungen.
Für den Fall, dass der Versicherte mehr als 180 Monate einbezahlt hat, erhöht sich der auszuzahlende monatliche Betrag je weitere 12 Monate um 1%.
Für den Fall, dass der Versicherungsnehmer vor dem 55. Lebensjahr verstirbt bzw. innerhalb er ersten 6 Monate ab Erreichen des Renteneintrittalters, so erhalten seine Erben als Einmalzahlung alle eingezahlten Beiträge.
Anspruchsberechtigte Erben können jedoch lediglich die Ehefrau, die Eltern bzw. die Kinder sein."
(Quelle: thairecht.com/ soziale Sicherungssysteme in Thailand)
Eine monatliche Rente gibt es also erst ab einer Beitragszahlung von mindestens 15 Jahren. Die letzten fünf Jahre vor Renteneintritt bilden die Basis für das die Rentenhöhe bestimmende Durchschnittsgehalt. 15% dieses Durchschnittsgehaltes ergibt dann die Rentenhöhe.
Nehmen wir einmal einen Mindestlohnempfänger mit dem aktuellen Tageswert von 363 Baht. Er verdient bei sechs Arbeitstagen in der Woche pro Monat 8.712 Baht. Wenn das der Durchschnitt der letzten fünf Jahre vor Renteneintritt ist, dann sind hiervon 15% zu errechnen, und unser Neurentner darf monatlich 1.306,80 Baht entsprechend 33,98 Euro sein Eigen nennen. Das ist auch in Thailand zum Leben zu wenig und zum Sterben zuviel!! Unser Beispielsrentner hat übrigens in den letzten fünf Jahren vor Renteneintritt monatlich von seinem Gehalt 261,36 Baht in die Rentenkasse eingezahlt.....
Natürlich gibt es nicht nur Mindestlohnempfänger, und natürlich gibt es für diejenigen, die es sich leisten können, auch hier die Möglichkeit, privat vorzusorgen sowohl für Krankheit als auch fürs Alter. Aber mit dem Beispiel des Mindestlohnempfängers konnte hoffentlich deutlich werden, wie krass die Unterschiede zu unserem sozialen Sicherungsnetz sind. Und auf die im Vergleich zu Deutschland ganz erheblichen Privilegien der Beamten und Ministeriumsbeschäftigten und, und, und.... bin ich noch gar nicht eingegangen.
Das ist kein sehr amüsanter Post geworden. Es hat ehrlich gesagt auch keinen grossen Spaß gemacht, ihn zu schreiben. Aber es gehört eben auch dazu, über solche Dinge zu berichten. Das sind ja auch Fragen, die sich Otto Normaltourist gar nicht stellt. Ich habe jedenfalls eine Menge gelernt und schätze unsere soziale "Hängematte", die ja im Ausland häufig als vorbildlich gerühmt wird, jetzt noch ein bisschen höher!Læs mere
RejsendeDanke für diesen ausführlichen Bericht, der uns mal wieder zeigt, wie gut wir es haben, liebe Ulrike. Liebe Grüße aus dem heute feuchten Zühlsdorf. Wir hatten ein paar Tage lang Frost, jetzt steigt das Thermometer wieder über 0, Zoé und Bernd
Ulrike StrobelLiebe Grüße zurück aus der Wärme 😉
Rejsende... Und vermute ich richtig, dass es keine Erwerbsminderungsrente gibt? Also die theoretisch möglichen 40% Rentenniveau nach 40 Versicherungsjahren nur von den wenigsten erreicht werden?
Ulrike StrobelDörte, ich habe über eine thailändische Erwerbsminderungsrente jedenfalls nichts gefunden im Netz. Und ich teile deine Einschätzung bezüglich der Erreichbarkeit des maximalen Rentenniveaus. Das System ist ja quasi noch im Aufbau, besteht ja erst seit 1990. Uns deutschen Rentenleuten kräuselt sich da schon die Stirn! Aber die Tradition der Versorgung durch die Familie, die bei uns schon durch die Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts endete, hatte hier (und hat im ländlichen Raum teilweise noch) eben viel länger Bestand als bei uns. Wenn du mal überlegst, wieviele Rentenreformen es bei uns gab und weiter geben wird, dann ahnt man schon, dass es auch im Land des Lächelns nicht das letzte Wort ist, was Sozialversicherungsrechtlich gerade gilt ...
Rejsende👍