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  • Day 6

    Vulkane und Schnee

    March 20, 2022 in the United States ⋅ ⛅ 0 °C

    Die Strasse zur Hölle ist gepflastert mit guten Vorsätzen, aber zumindest für diesen Tag wurde er in die Tat umgesetzt und entgegen allen physikalischen und mentalen Versuchungen habe ich mich schon um 7 Uhr aus dem Bett in Richtung Gym bewegt um zumindest eine Stunde auf dem Stepper und mit Gewichten zu verbringen.
    Anders als in Thailand, wo wir ja zwei Monate statisch an einem Ort waren und das Leben vor Ort (wenn es nicht durch Corona und/oder Muskelfaserrisse durcheinanderegwirbelt wurde) durch zwei bis drei Einheiten Muay Thai oder Fitness strukturiert wurde, schwant mir, dass dieser Teil unserer Reise sich nicht per se günstig auf meine Konstitution auswirken wird. Zum einen wegen des Umstands, dass wir viel Zeit auf der Strasse und mit klassisch touristischen Aktivitäten verbringen werden, zum anderen da die bisherigen Mahlzeiten wie erwartet eher als hoch-kalorisch zu definieren waren. Das wird sicherlich nicht durchgängig für die gesamte Zeit gelten, aber dennoch ist Vorsicht geboten und so war ich doch recht stolz auf mich, dass ich mich heute früh aufraffen konnte.

    Zum Frühstück im Hotel gab es dann Rührei und Porridge. Geht so….. und weiter auf die Strasse. Erstes Ziel die Shasta-Talsperre, ein zwischen 1938 und 1945 angelegter Staudamm, der als Trinkwasserreservoir und zur Energiegewinnung dient. Die Luft war kalt und klar, der Tag sonnig, insofern ein entspannter Spaziergang über den Damm. Wir hätten wohl auch unserem Auto darüber fahren können, wobei der Damm im Wesentlichen von Radfahrern und Pick-Ups genutzt wurde, die mit schweren Geländemaschinen und Buggies mit Überrollbügeln überquert wurden, da sich unweit auf der anderen Seite Off-road Parcours und 200 Kilometer Hiking und Mountainbiking-Wege befanden.

    Danach ging es weiter durch den Shasta Trinity Natinonal Forrest in Richtung Mount Shasta. In diesem Nationalpark tobte im Sommer 2021 ein Feuer dem ein großer Teil des Baumbestandes zum Opfer fiel. Die verkohlten Baumgerippe waren einen langen Teil der Strecke zu sehen und verdeutlichen anders als die Fernsehbilder noch immenser mit welcher Urgewalt diese Feuer, die Kalifornien ja immer wieder heimsuchen, toben und welche gewaltigen Flächen hiervon betroffen sind. Heute bestand keine Waldbrandgefahr, lag doch als wir uns dem Mount Shasta näherten noch Schnee. So war dann auch am Bunny Flat Trailhead Schluß mit unserer motorisierten Besteigung dieses Vulkans, dessen letzter Ausbruch wohl schon fast 250 Jahre zurückliegt. Grund dürfte die Einsicht des Berg und aller ihn bevölkernden Bergheiligen sein, dass Mt. Shasta mit seinem Namen in der Sprache der Karok-Natives nicht wirklich das Zeug dazu hat dem Eyjafjallajökull- Ausbruch in 2010 das Potenzial als Zungenbrecher abzulaufen: Úytaakoo oder „weißer Berg“. Da wir keine Skier und Snowboards bei uns hatten, sind wir mehr oder minder unmotiviert durch die Landschaft aus Schnee und Vulkangestein zu stapfen (kleine familiäre Schneeballschlacht inbegriffen). Danach ging es dann weiter in Richtung Übernachtungsziel für die nächsten beiden Nächte: Prospect, OR.

    Damit hieß es unterwegs dann auch vorläufig Bye Bye California und welcome to Oregon, dem Beaver State. Nach der Volkszählung 2010 hat Prospect 455 Einwohner und so fühlt es sich auch an. Kirche, Hotel, ein Cafe/Diner (wo im Nebenraum die Jagdtrophäen in Baratmosphäre ausgestellt werden. Der Stellenwert dieser Einrichtung sollte sich im Verlauf des Abends noch herausstellen) und ein Mom&Pop Shop mit der weit und breit einzigen Tankstelle. Fertig ist der Ort, in welchem nur wegen seiner Lage 782 n.N. Der Wüstenwind keine Dornenbüsche durch die Gegend weht. Seine Daseinsberechtigung auf der touristischen Landkarte verdankt Prospect der Nähe zum Crater Lake, einem der schönsten Seen der USA, verdankt. Dass allerdings heute nicht der Saisonhöhepunkt war, merkte man auch der Ausführlichkeit (und Begeisterung) mit der unser Gastgeber Fred und die Höhepunkte von Prospect erklärte (so wie im weiteren Verlauf auch ein Barbesucher und der Shopbesitzer). Nachdem das Hotelrestaurant außerhalb der Saison geschlossen war und wir keine Lust auf eine weitere Fahrt hatten, blieb der neben dem Hotel gelegene Diner die erste Wahl für unser Abendessen. Und es war nicht die schlechteste! Miss I entschied sich für das Steak, FF sollte den ersten Corn Dog seines noch jungen aber bis dato auch nicht gänzlich ereignislosen Lebens genießen. Ich entschied mich (hatte schließlich morgens Sport gemacht) für das Fried Chicken. Dazu ein regionales IPA, glücklicherweise sind die Zeiten in welchen man nur Budweiser oder ähnliches bekam vorbei.

    Den Trophy Room neben dem Diner hatte ich bereits erwähnt und Fred meinte, dass sei sicherlich auch für FF interessant. Ausgestopfte Tiere halt. Allerdings stand dem die Hürde des Gesetzgebers entgegen, denn Minors waren dort nicht erlaubt und auch der Versuch an einem Sonntagabend vielleicht doch mal eine Ausnahme zu machen, scheiterte freundlich aber bestimmt. Anscheinend diente die Zurschaustellung bemitleidenswerter Kreaturen hier lediglich der Selbstbestätigung der lokalen Jägerschaft als der Vermittlung von Wissen über den Bestand an Tieren in der Umgebung. Vielleicht ein Vorurteil, welches aber unmittelbar nach unserer Abweisung an der Tür zum Trophy Room bestätigt durch die Kellnerin bestätigt wurde, die uns folgte und mir anbot auf FF aufzupassen, während ich der Feuerkraft der Lokals Tribut zollte. Meinen Hinweis, dass es mir mehr darum ging FF die Tiere zu zeigen folgte das Angebot sie könne uns Fotos zeigen („I recently killed some animals, let me show you). Ohne mir Zeit zum Nachdenken zu geben, inwieweit das Material eventuell zu grafisch für einen 6jährigen sein könnte, wurde das Material auch schon dargeboten und was soll ich sagen, selbst ich war erstaunt, was diese freundliche und in keinster Art und Weise gefährlich aussehende Dame schon alles vor der Flinte hatte und vor allem was die auch ohne auch nur in Erwägung zu ziehen, dass man das vielleicht kritisch sehen könnte zu zeigen bereit war: mit Rücksicht auf unsere ggfs zarter besaitete Leserschaft will ich nicht ins Detail gehen, aber wir sahen einen Bären, einen Hai (aus Versehen geangelt) einen Lachs und einen Puma (ja einen Puma und auf die Nachfrage, dass das doch schon außergewöhnlich sei der Hinweis, yeah, i had two).

    Nach dieser schon recht spannenden Episode noch schnell den lokalen Shop besucht um neben Zahnbürsten unseren Wasser- und Weinvorrat aufzustocken. Dass sich auch in fremden Kulturen gleich und gleich gerne gesellt wurde durch den Hinweis den Inhabers bestätigt: wenn Ihr einen wirklich guten Wein wollte, solltet Ihr mal hier im Hotel nachfragen, Fred hat Ahnung von Wein, der kann euch sicherlich einen „richtig Guten“ verkaufen. Ich hatte in der Tat eine Flasche Wein auf dem Hoteltresen gesehen, war aber nicht sicher, ob Oregon hierfür wirklich die geeignete Anbauregion ist. Aber da nun von fachlich qualifizierter Seite empfohlen, werden wir vielleicht morgen Abend mal testen. Für heute bleiben wir bei kalifornischem Chardonnay (was für uns eigentlich auch nur auf Reisen in Betracht kommt).

    Vor acht ins Bett, dank Zeitverschiebung noch einen Blick auf den heutigen Tatort geworfen aber nach einer halben Stunde eingeschlafen, ohne dies als Kritik am Hamburg-Krimi verstanden sehen möchte.
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