Satellite
Show on map
  • Tag 1 - Von Cap de Creus nach Llanca

    March 18, 2018 in Spain ⋅ ⛅ 12 °C

    Also, da war nun der Plan: 10 oder 12 Etappen, a hängig vom Wetter, meinen Knien, ob am Ende eine Unterkunft bereit stehen würde usw. Aber ohne den ersten Schritt wird es nicht klappen. Also gehts los...
    Wir fahren gemeinsam zum Far del Cap de Creus, eine Mondlandschaft um den Leuchtturm herum, tolles Wetter aber auch sehr windig. Die Schaumkronen auf dem Wasser deuten auf mindestens Windstärke 7, zwischen 5 und 6 Windstärken werden mich dabei den ganzen Tag noch begleiten. Ziemlich alleine unterwegs werde ich 15 Minuten nach dem Start von so einer Truppe Mountainhiker überholt, die ich erst zwei Stunden später aus den Augen verlieren soll.

    Ja...die katalanischen Wanderer, das ist schon eine seltsame Mischung. Auf der einene Seite gibt es die einfachen Wanderer, die, sobald es steiler wird, umkehren und zum Auto zurücklaufen. Und dann gibt es da die Extremen, die in Neopren-Fußlingen den Berg raufrennen, wo ich mein Mountainbike nur noch runtertragen kann, weil es mir zum Runterfahren zu steil ist. Und dazwischen: Fehlanzeige. Der Genußwanderer, den wir aus Österreich kennen, der gerne mal einen halben oder ganzen Tag gemütlich unterwegs ist, zwischendurch in Almen auf eine Brotzeit und einen Selbstgebrannten einkehrt: Fehlanzeige. Wo auch immer wir waren in Spanien, den gibt es nicht. Und wahrscheinlich liegt das eben an jender Infrastruktur, die in Spanien so ganz anders funktioniert. Während in den Alpen im Sommer die bewirtschafteten Almen und auch Hütten das Rückgrat einer ganzen Freizeit-Industrie bilden, greift man in Spanien auf Bars zurück. Almen gibt es schlicht nicht, eine Bar dafür in fast jedem Kaff (spanisch auch "pueblo" ;-)) Das kleinste Dorf hat zudem mindestens auch noch drei Wasserbrunnen, zwei oder drei Plätze oder Miniparks zum Ausruhen und nicht selten wenigstens ein Restaurant. Man tut also gut daran, Wandertouren durch Dörfer zu planen und nicht einfach in die Landschaft hinein. Habe ich am Anfang auch gemacht, aber gelernt, dass das hier ein Fehler ist.

    Und so habe ich auch die Tour entlang des GR11 mit den Haltepunkten auf Dörfer gelegt und beziehe dort jeweils Nachquartier.
    Bevor ich heute nach rund 27 KM ankommen werden, werde ich aber noch viel Leiden müssen, dazu später mehr.
    Die Radaranlage auf dem Puig de'l infern bleibt fast den ganzen Tag mein sichtbarer Fixpunkt. Erst vor mir, dann links von mir, dann hinter mir, aber in jeder Kurve des Weges sichtbar begleitet sie mich bis hinter Port de la Selva. Hier meldet sich mein linker Fuß langsam, der Rucksack beginnt zudem zu drücken und der Wind pfeifft dermaßen scharf in die Bucht, dass ich meine Jacke bis zum Anschlag zuknöpfe. Nach grade mal 20 KM überlege ich kurz, ob ich angesichts des Pochens im Linken Fuß (Blasenalarm!) nicht lieber den einfachen GR92 nach Llanca wählen soll, immer am Wasser entlang. Der Schweinehund verliert jedoch und 550m Aufstieg zum Monestir Sant Pere de Rodes beginnen. Anfangs noch Wirtschaftsweg verwandelt sich der Weg dann nach ein paar KM in die Hölle für mich. Irgendein Vollhorst hat rund 300 Höhenmeter des letzten Anstiegs praktisch senkrecht in den Berg gelegt, es geht über eingefallene Trockenmauer, Geröllhalden und ausgesetzte Stellen alle paar Meter auf eine neue Serpentine. Ich fluche laut und mache 50 m vor dem Ende des Aufstiegs eine Pause. Nichts geht mehr, ich bin einfach nur noch außer Atem. Einen Energieriegel und 15 Minuten später geht es weiter, kurz darauf am Kloster, immer wieder beeindruckend. Wenn ich hier mit einer Top-Ausrüstung, alles irgendwie "ultra light", schon so fluche, wie hat man dann wohl diesen Riesentrum von Kloster mitten da oben in die Berge gebaut...? Und das ist das schöne am Wandern: Regelmäßig wird einem brutalstmöglich klar gemacht, dass die eigenen Probleme winzig im Vergleich zu anderen Dingen sind, egal wie groß sie einem erscheinen mögen.
    Der Abstieg nach Llanca hat es nochmal in sich, rund 2 Stunden für grade mal 7 KM bergab über Stock und Stein erfordern vollen Einsatz der Wanderstöcke. Die Zehen im Linken Fuß kreischen langsam, aber dann bin ich auch schon da.
    Der Abend wird nach dem ausführlichen Bad sehr unterhaltsam. Ich lerne Michael aus Oldenburg kennen, der zusammen mit mir die Hälfte der Gäste im kleinen Hostal del Sol ausmacht. Wir treffen uns per Zufall später nochmal vor der Pizzeria ein paar Straßen weiter und beschließen beide, dass das mangels Alternativen im näheren Umfeld sicherlich eine gute Wahl sei. Und nur der Vollständigkeit halber: Es war tatsächlich eine gute Wahl, ein Hoch auf die spanischen Restaurants!
    Read more